Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Titel: Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen
Autoren: Jürgen von der Lippe
Vom Netzwerk:
Zeiten: Sokrates.

SIE Boxen
    Boxen ist für mich die aufregendste aller Sportarten. Es weckt in mir dieselbe elektri-sierende Spannung wie Rivalitätskämpfe im Tierreich. Es ist ungeheuer imponierend, mit anzusehen, wie zwei ausgewachsene 16-Ender aus vollem Lauf heraus die Schädel aufeinander krachen lassen und von der Wucht des Aufpralls benommen umhertor-keln. Meine Gänsehaut entflammt beim
    22
    brüllenden Inferno, dass zwei Löwen im Kampf um die Oberherrschaft im Rudel
    veranstalten. Wale schlagen den Widersacher sogar mit dem Schwanz k.o. Das Tolle ist, dass es dabei immer um die Weibchen geht. Wer sie dominieren will, muss unter Einsatz seines Lebens Kraft, Klugheit, Schnelligkeit und Erfahrung unter Beweis stellen, und das sogar regelmäßig. Im Unterschied zum Sport haben diese Kämpfe echten Sinn, weil sie der bestmöglichen Erhaltung der Art dienen.
    Der Homo sapiens unserer Tage hat die Demonstration seines mächtigen physischen Leistungsvermögens zur Partnerinnenbe-schaffung eigentlich nicht mehr nötig, aber das auf dem langen Weg der Evolution entwickelte ursprüngliche Brunftverhalten ist rudimentär weiterhin vorhanden und muss beizeiten ausgelebt werden. Dazu benutzt er in unserer zivilisierten Gegenwart den Sport mit einer abwechslungsreichen Palette von Möglichkeiten. Vom Eistanz bis zum Ge-wichtheben ist für jeden Geschmack etwas dabei, um die Kräfte untereinander zu messen und zu vergleichen. Allerdings ist die Schnelligkeit eines 100-Meter-Läufers für mich eben nur ein lascher Ersatz für das, was ein ausgewachsener Gorilla bei der Verfol-gung seines Gegners zu bieten hat. In fast allen Sportarten imponieren Männer eben nur noch mit Teilbereichen der Fähigkeiten, die dazumal für eine erfolgreiche Brunft nötig waren. Selbst der Zehnkampf lässt bei mir den Prickel vermissen, den ein echtes Duell Mann gegen Mann bei Frauen sofort auslöst.
    23
    Das Boxen erscheint mir noch am ehesten mit dem ursprünglichen Brunftverhalten identisch. Boxen hat für mich etwas Anima-lisches, Wildes, Unberechenbares behalten, weil bei jedem Boxer der Killer-Instinkt mit in den Ring steigt. Erbarmungslos verfolgt der Boxer sein Ziel, den Rivalen mit Schlä-
    gen so fertigzumachen, dass der nicht mehr auf den Beinen stehen kann und aufgeben muss. Dabei geht ein Raunen durch meine weiblichen Gene, die Lippen werden feucht und der Mythos von unbesiegbarer Stärke erwacht aus seinem Dornröschenschlaf.
    Schließlich gab es Millionen Jahre lang nichts Anziehenderes und Schicksalhafteres als die körperliche Demonstration von Stär-ke und Macht der männlichen Artgenossen.
    Zu Keulen-Zeiten konnten sich Herausforderer, die beim sogenannten Imponieren schon erkannten, dass sie gegenüber dem Gegner keine Chance haben würden, noch rechtzeitig aus dem Staub machen. Damit das heute nicht passiert und womöglich einer vorzeitig aus dem Ring flüchtet, sind beim Boxen 18 verschiedene Gewichtsklas-sen eingerichtet worden – vom Minifliegen-gewicht über Bantam-, Feder-, Leicht-, Welter-, Mittel-, Halbschwer-, Superleicht-schwer bis zum Schwergewicht. Die Rivalen sind vorab gewogen und für gleichgewichtig erklärt worden. Frau braucht also nicht mit einem sichtbar Schwächeren zu leiden, sondern kann dem Kampf unbeschwert zusehen und seinen Ausgang gebannt miterleben unter dem Aspekt, na, wer wird in Zukunft die Herde vögeln? Diese uralte Frage stellt 24
    sich mit archaischem Vergnügen bei jedem Boxkampf neu und macht ihn auch heute noch zu einem unwillkürlich erregenden Akt, zu einem Event, den Frauen unabhängig von der eigenen Gewichtsklasse genie-
    ßen können.
    Sicher kann man mit einem eingesprungenen vierfachen Axel Rivalen beeindrucken, aber leider Frauen nicht wirklich erotisch in den Bann ziehen. Das können nur Boxer, die sich halbnackt, mit freiem, wohlgeformtem Oberkörper und erhobenen Fäusten gegenü-
    berstehen. Zu allem bereit, riskieren sie in letzter Konsequenz ihr Leben. Und verstehen sie es auch noch, das Imponieren vor dem Kampf, das Aufstellen, Blähen und Brüllen zu inszenieren wie ein ausgewachsener Grizzlybär in den besten Jahren oder wie Muhammed Ali, dann kennt die weibliche Bewunderung keine Grenzen mehr. Los!
    Befruchte mich!

ER Boxen
    Alle Sportarten, die sich aus der Fortbewe-gung entwickelt haben, sind mir als ausgesprochen sesshaftem Typen eher fremd. Als soziales Wesen, das ich bin, ziehe ich Leibesübungen vor, bei denen soziale Kontakte stattfinden, und zwar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher