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Halbmondnacht

Halbmondnacht

Titel: Halbmondnacht
Autoren: Amanda Carlson
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KAPITEL EINS
    I ch war sauer. Das Messer an meiner Kehle war Grund genug, fand ich. »Was soll das werden? Willst du mich auf den Arm nehmen?« Ich konnte nicht sehen, wer hinter mir stand, aber es roch ganz schwach nach faulen Eiern. Einen Herzschlag später witterte ich die Andersartigkeit meines Angreifers. Ich spürte sie auf der Haut, als würde mich jemand streicheln, bei dem ich gern darauf verzichtet hätte. Meine Finger schlossen sich um den Griff der Autotür.
    Für derartigen Schwachsinn hatte ich jetzt wirklich keine Zeit.
    »Schnauze, Miststück!«, zischte es wenige Zentimeter von meinem Ohr entfernt. »Du zahlst jetzt für das, was du   …«
    Schneller, als ein Mensch der Bewegung hätte folgen können, riss ich den Ellenbogen hoch und platzierte ihn, während ich herumwirbelte, sauber im Gesicht meines Angreifers. Mit der anderen Hand packte ich ihn am Hals und knallte ihn mit Wucht auf die Motorhaube des Autos neben mir. Mist, das würde eine Delle hinterlassen. Rasch sah ich mich um. Zum Glück kam gerade niemand vorbei. »Was hast du für ein Problem?«, schnarrte ich. »Sieht nicht so aus, als könntest du noch was von mir wollen!«
    Aus wässrigen Augen starrte mich der Kobold an. Er blinzelte nur ein einziges Mal. Definitionsgemäß war ein Kobold halb Mensch, halb Dämon. Dieses Exemplar hier war jedoch ein gutes Stück mehr Mensch, weshalb keiner meiner neu erwachten Sinne auf ihn reagiert hatte. Übernatürliches von derart schwacher Ausprägung musste in unmittelbarer Nähe sein, damit ich seine Andersheit wahrnahm. Der Kobold war keine Gefahr für mich. Er nervte nur wie ein lästiges Insekt. Zu meiner Ehrenrettung sei gesagt, dass der Kerl auch noch viel mehr nach schmutzigem Penner stank, als nach einem Dämon jedweder Art.
    Ich musterte ihn. Es überraschte mich nicht, dass er dem Kobold ähnlich sah, den ich letzte Woche erledigt hatte. Aber dieser hier konnte Drake Jensen nicht das Wasser reichen. Er war viel schwächer. Vielleicht ein entfernter Verwandter, der auf Rache aus war?
    Rachsüchtige kleine Bastarde, diese Dämonen.
    »Dann   …«, gurgelte er mühsam hervor, da ich ihm gerade die Kehle zudrückte, »stimmt   … es   …«
    »Stimmt was ?« Ich lockerte meinen Griff um seinen Hals ein wenig, damit er Luft zum Reden bekam. Als er mir trotzdem die Antwort schuldig blieb, packte ich ihn vorn am Hemd, riss ihn hoch und schleuderte ihn gegen mein Auto. »Mir läuft gerade die Zeit weg. Also, lässt du jetzt noch eine Antwort rüberwachsen?« Ich schüttelte ihn ordentlich durch, um meinen Worten mehr Gewicht zu verleihen. Er sollte wissen, dass er gar keine andere Wahl hatte, als mit der Sprache herauszurücken.
    In seinen Augen blitzte Überraschung auf, begleitet von einem Lächeln, das Zähne entblößte, die für Menschenzähne ein wenig zu spitz waren. Ich knallte ihn noch einmal gegen die Seitentür und nagelte ihn, den Unterarm quer über seiner Kehle, an der Dachkante fest. Dabei hoffte ich, er würde eine Antwort ausspucken, ehe es richtig unerfreulich für ihn würde und er noch ganz andere Dinge würde von sich geben müssen. »Hör zu«, sagte ich, während er weiterhin beharrlich schwieg, »die letzten Tage waren ein bisschen stressig für mich. Ich bin einfach nicht in der Stimmung, mich vom erstbesten Übernatürlichen anmachen zu lassen, klar? Wenn du mir meine Frage nicht beantwortest, wird unsere kleine Auseinandersetzung für dich nicht gut ausgehen. Also, ich frage dich jetzt noch mal: Was stimmt?« Sein fettigesbraunes Haar wischte ihm über die Schultern wie die spärlichen Borsten eines schmuddeligen alten Besens, als ich ihn in eine für mich etwas angenehmere Position brachte. Was war nur los mit diesen Kobolden? Nicht zu duschen schien unter ihresgleichen so etwas wie eine Gewerkschaftsvorschrift zu sein.
    »Ich wusste nicht, dass du sie bist«, krächzte er schließlich. Sein Mundgeruch, metallisch wie ein schmutziger Penny, stach mir in die Nase. Ich nahm meinen Arm von seiner Halsschlagader. »Ich wollte bloß meinen Cousin rächen. Aber jetzt rieche ich dich und weiß, wer du bist. Es gehen Gerüchte um. Du kannst dich nicht mehr vor uns verstecken. Wir finden dich. Überall.«
    Mich finden? Meine Wölfin erwachte, drang in mein Bewusstsein, kaum dass sie die Drohung, die in diesen Worten lag, gespürt hatte. Ich versteckte mich vor niemandem und schon gar nicht vor Kobolden. Aber anscheinend war mein Geheimnis keines mehr. Womöglich wusste
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