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Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Titel: Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen
Autoren: Jürgen von der Lippe
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ausgesprochen superlecker, ich glaube, es waren die besten Pommes, die ich je in meinem Leben gegessen habe – und es waren die letzten Pommes vor der Autobahn.
    Wenn ich behaupten würde, dieses erste Mal hätte mich nicht direkt an den Versuch davor erinnert, wäre das gelogen. Im Nach-hinein war es jedenfalls weniger der Rede wert als der Quallenkuss. Ich war eigentlich nur froh, es endlich hinter mich gebracht zu haben. Am nächsten Morgen fühlte ich mich anders als sonst, seltsam komplettiert, obwohl ich doch etwas verloren hatte. Ich sah meine Lehrer, den Busfahrer, die Nachbarin, Onkel und Tante, ja im Grunde alle Menschen mit anderen Augen. Zum ersten Mal stellte ich mir vor, wie mein Französischleh-rer wohl nackt aussieht. Angeblich stellen sich alle Männer beim Liebemachen andere Frauen vor. Nun tat ich das umgekehrt auch, aber erst am nächsten Morgen.
    In der Klasse herrschte zu der Zeit jedenfalls immer eine gute Stimmung, wenn wir uns solche Fragen direkt vor der Stunde stellten, 151
    kurz bevor der entsprechende Lehrkörper den Raum betrat. Welchen Pinsel schwang wohl der selbstverliebte Kunstlehrer in seiner Freizeit? Wusste die unverheiratete, kurz vor der Pensionierung stehende Biologieleh-rerin, die uns die menschliche Fortpflanzung in der Rekordzeit von 3 Minuten erklärt hatte, tatsächlich, wovon sie sprach? An den Spekulationen über die Größe des Johannes beteiligten sich alle gern, und mit zunehmender Erfahrung, also dem 8. 9. und so weiter Mal, wurden unsere Einschätzungen und Kommentare natürlich immer professioneller. Und das ist das Tolle am Sex. Das erste Mal ist zum Abwinken, im Gegensatz zu der Zufriedenheit, die sich beim ersten und sogleich erfolgreichen Kleben gemu-sterter Tapete einstellt, aber dafür werden die folgenden Male immer geiler, was man vom Renovieren nun wirklich nicht behaupten kann.

ER Das erste Mal
    Das erste Mal, oft erlebt und oft besungen, ihm wohnt ein ganz besonderer Zauber inne.
    Deshalb wohl, weil man einfach keinen Schimmer davon hat, was kommt. Wir fan-tasieren vorher, was das Zeug hält, manchmal stinkt die Realität auch ab beim anschließenden Vergleich, aber aufregend ist es allemal.
    Die Art und Weise, wie man das erste Mal erlebt, hat sehr viel mit der eigenen Persön-lichkeitsstruktur zu tun. Ich z. B. der ich nichts weniger als ein Draufgänger bin, son-152
    dern eher schüchtern, ängstlich, zurückhal-tend, möchte behaupten, dass die Menschen meines Strickmusters das erste Mal viel intensiver erleben, denn neben der Freude über die neuartige Erfahrung sind wir ja auch – und mit Recht – sehr stolz auf uns, weil wir die Traute hatten, das Ding durch-zuziehen. Gut, manchmal ist es ganz leicht, weil man an jemanden gerät, der in diesen Dingen viel Erfahrung hat, einen an die Hand nimmt, behutsam anleitet, sicher durch die Klippen und Untiefen des Vorganges navigiert und einem anschließend noch das Gefühl gibt, jederzeit Herr der Situation gewesen zu sein und einen tollen Job gemacht zu haben. Das ist das Beste, was einem passieren kann. Nach so einem ge-lungenen Start wird man sagen: »Hey, das war super, das könnte mein Hobby werden, das machen wir gleich nochmal.« Mein erster Schultag ist ein gutes Beispiel. Ich freu-te mich sowieso auf die Schule, weil ich endlich lesen lernen wollte, und dann war auch noch alles, was wir tun mussten, ein Bild auf unser Schiefertäfelchen malen, ein Haus mit einem Storch auf dem Dach. Das war ein Klacks für mich, ich konnte prima zeichnen. Dank dieses Erfolgserlebnisses war ich sogar fast bereit, über meine ver-gleichsweise schüttere Schultüte hinwegzu-sehen. Das erste Mal richtig besoffen war wiederum eine ganz andere Erfahrung. Es trug sich auf einer Schullandheimsfahrt zu, wir waren 12 oder 13, es ging sinnigerweise in ein rheinisches Weinanbaugebiet, wo die Pulle um 2 DM kostete. Ich glaube, eine 153
    halbe hat mir schon gereicht.
    Klinisch tot für eine D-Mark! Klingt doch fast wie eine Schlagzeile. Als ich dann viele Jahre und Promille später zum ersten Mal mit edlem Rotwein in Kontakt geriet, war das gar nicht besonders eindrucksvoll. Ich war auf Promotionreise für mein erstes Album und geriet an einen Weinhändler, der irgendwie einen Narren an mir gefressen hatte. Er schleppte mich in seinen Keller und öffnete Pulle um Pulle. Es schmeckte mir nicht besonders, denn zum Weingenie-
    ßer – und das bedeutet das Wort Gourmet im Übrigen ursprünglich, wie wir von Bril-lat-Savarin
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