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Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen

Titel: Sie und Er Botschaften aus parallelen Universen
Autoren: Jürgen von der Lippe
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denn Dinge mit Erinnerungsabrufpotenzial machen ja nur einen Teil meines Interieurs aus. Eine Menge Raum nehmen Dinge ein wie Fachbücher, Zeitungsartikel, Ge-brauchsgegenstände, deren Nutz und From-men sich möglicherweise in naher oder ferner Zukunft erst erweisen werden, bei einem Buchprojekt, einem Film, einem Theater-stück, einem Bühnenmonolog oder etwas, von dem noch nicht einmal ich etwas ahne.
    Peter Ustinov zum Beispiel war ähnlich eingerichtet, wie aus einem Foto hervorging, das ihn in seinem Arbeitszimmer zeigte.
    »Unordnung macht noch keinen Ustinov«, höre ich schon einen Kritiker diese Steilvor-lage dankbar annehmen und verwandeln.
    Natürlich nicht, aber jeder künstlerisch täti-ge Mensch schafft sich ein inspirierendes Umfeld. Ein aufgeräumter Schreibtisch ist trostlos, er kündet von einem Menschen, der sich seine Arbeit vom Hals schaffen will.
    Ein Garten, in dem keines Floristen Hand stutzend, rupfend und pfropfend waltet, ist allemal faszinierender als Blümchen in Reih und Beet. Aber kommen wir zum problema-tischsten Teil meiner Einrichtung, ich nenne es mein Museum der Liebe. Kunstgewerbli-148
    che Gegenstände aller Art, teils auch selbst-gemacht, die mir Menschen, deren Lebensweg den meinen kreuzte, aus den verschie-densten Gründen schenkten. Selten habe ich darum gebeten, meist schätze ich den Geber weitaus höher als das Präsent. Nur aus Liebe und Respekt fliegt die Scheiße nicht in den Müll, und diesen Wesenszug mag ich mit am wenigsten an mir missen. Und wenn Sie das jetzt blöd finden, haben Sie nämlich ein moralisches Problem und das ist auch in Ordnung.

SIE Das erste Mal
    Es war ein sehr heißer Sommer und eine noch heißere Nacht, und ich weiß gar nicht, was uns weniger schlafen ließ. Wir gingen an den Strand, legten uns in den noch war-men Sand und schauten in den prachtvollen Sternenhimmel, um den ich alle beneide, die ihn nicht nur im Urlaub sehen können. Der Anblick dieser unzähligen Sterne im tief-blauen Nichts ist wie eine Droge für mich, macht mich high und furchtlos, und so be-schloss ich, es endlich zu tun. Meine Vorstellungen davon, wie es sein würde, reichten von höchstgradiger Verzückung bis hin zum Albtraum, doch nun wollte ich es endlich wissen. Das Meer war sehr ruhig und glänzte schwarz wie Öl im Mondlicht. Der sanfte Rhythmus, mit dem es kam und ging, war das einzige Geräusch in dieser ruhigsten und heiligsten Stunde der Nacht. Die Zart-heit, mit der es zuerst unsere Fußsohlen be-rührte und dann unsere Fesseln liebkoste, 149
    kam unserem Vorhaben mehr als nur entgegen. Wir schlossen unsere Augen und ließen uns langsam hineingleiten. Getragen von kleinen Wellen und Wogen, lösten wir uns wie ein Tropfen Milch im Meer auf, die Verschmelzung war nah. Doch plötzlich durchfuhr mich ›untenrum‹ sowas wie ein elektrischer Schlag und es brannte höllisch.
    Ich hatte zwar schon gehört, dass es ein bisschen wehtut, aber davon, dass es dem Gefühl, abgefackelt zu werden, gleich-kommt, war nie die Rede gewesen. Sollte das etwa Penis Miraculix angerichtet haben?
    Das Brennen ließ nicht nach, und meine vor Schreck meilenweit aufgerissenen Augen nahmen für Sekunden einen hellen, aber komisch runden Körper an der dunklen
    Wasseroberfläche wahr. Was war das? Nein, das konnte unmöglich er, das musste etwas anderes – au weia – es war eine Medusa Feuerix, die mit mir kollidiert war. Wir ge-rieten beide in Panik, ich aus verständlichen Gründen, meinem Freund reichte allein die Vorstellung, dass es ihm genausogut hätte passieren können oder noch passieren könn-te. Ich wollte nur noch weg, so schnell wie möglich weg, nach Hause in mein Bett, und zwar allein.
    Das Vorhaben landete verständlicherweise erst einmal auf Eis, und ich machte mich weiterhin schön verrückt, wie alle anderen Mitschülerinnen meines Alters auch. Täglich servierte die Gerüchteküche neue unbekannte Zutaten, von denen man nicht wusste, ob man sie überhaupt verdauen kann.
    Die, die das erste Mal hinter sich hatten, 150
    machten zwar einen Mordsbohei darum,
    wirkten aber nicht wirklich hellauf begeistert, eher verhalten reserviert, und sie spra-chen dazu noch in Rätseln.
    Jetzt kann ich sie gut verstehen, denn ich erinnere mich auch kaum noch an die Details meines zweiten Anlauts, Jahre später.
    Auch die Erinnerung an meinen damaligen Freund ist seltsam verblasst. Ich weiß nur noch, dass wir vorher Pommes frites zusammen gegessen haben. Diese Pommes
    waren lecker,
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