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Sie liebt mich, sie liebt mich nicht...

Sie liebt mich, sie liebt mich nicht...

Titel: Sie liebt mich, sie liebt mich nicht...
Autoren: Allan Frewin Jones
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wundert nur, daß du weißt, was es bedeutet.« Es sind die Stoffe, die bewirken, daß zwei völlig unterschiedliche Menschen sich gegenseitig verfallen.
    »Ich weiß es aber«, sagte Danny. »Es ist die letzte Rettung für Menschen wie mich, Menschen, die weder interessant noch intelligent sind. Nur darüber kann unsereiner eine Freundin kriegen.« Er legte auch den anderen Arm um ihre Taille.
    »Ich muß gehen.«
    »Bleib noch ein bißchen. Noch einmal knuddeln. Du bist so knuddelig.«
    »Ist das die höfliche Art, mir zu sagen, daß ich dick sei?«
    »Ganz bestimmt nicht. Wie kommst du überhaupt auf so eine Idee?«
    »Ich weiß auch nicht. Vielleicht wegen des neuen Badeanzugs. Danny, du wirst doch nicht den Trauerkloß spielen, während ich weg bin?«
    »Nein, wahrscheinlich lach’ ich mich die ganze Zeit über kringelig.«
    »Laß mich los«, sagte sie. »Ich muß gehen.« Hand in Hand gingen sie zum Ausgang des Parks.
    »Das werden die langweiligsten drei Wochen in meinem ganzen Leben«, sagte Danny.
    »Streich unser Zimmer.«
    »Ja, okay. Schwarz?«
    »Genau.«
    »Ich werde dich chronisch vermissen.«
    »Irgendwas wird schon passieren.«
    Sie hatte recht, und als Danny sie nach einem langen Abschiedskuß am Bahnhof verließ, marschierte er praktisch direkt darauf zu.

2

    Danny saß zu Hause in der Küche. Er fühlte sich allein, aber nicht übermäßig elend. Während der letzten sechs Wochen, während derer er und Nicky sich jeweils nur kurz und im geheimen hatten sehen und sich deshalb lange Briefe schreiben können, hatte er sich elend gefühlt; doch jetzt, wo er wußte, daß sie bald überhaupt nicht mehr erreichbar war — Hunderte von Meilen würden sie trennen —, wünschte er zwar sehnlichst, daß sie bald wieder zurückkam. Er war jedoch nicht am Boden zerstört, weil sie weit weg in den Ferien weilte. Außerdem hatte er sie dazu gebracht, daß sie im Bahnhof, in dieser winzigen Kabine mit dem Vorhang davor, vier Fotos von sich machen ließ. Sie hatte sie unmöglich gefunden, und er hatte die Bilder schnell wegstecken müssen, sonst hätte sie sie zerrissen. Sie hatte behauptet, sie sähe darauf aus wie ein geisteskranker Hamster; nichts als Backen und Schneidezähne. Sie hatte außerdem behauptet, auf den Fotos einen Teint wie Haferschleim zu haben und Haare wie ölverseuchte Algen. Er hatte ihr gesagt, daß ihn das nicht störe, und es störte ihn auch nicht. Eines davon wollte er unter sein Kopfkissen legen, eines in die Geldbörse stecken und je eines neben den Lichtschalter in seinem und in »ihrem« Zimmer kleben. Ihr Zimmer; ihre Knuddelhöhle. Ihre schwarze Knuddelhöhle.
    Schwarz? Er fragte sich, wie seine Eltern das wohl aufnehmen würden. Wahrscheinlich würden sie ihn für verrückt erklären. Aber wenn er Glück hatte, würden sie es ihm nicht verbieten. Es hätte eine schlimmere Farbe sein können,- es hätte dunkelrot sein können. Und falls sich die Eltern auch nur ein kleines bißchen mit Farben ausgekannt hätten, wäre das ein sicherer Beweis für sie gewesen, daß sich ihr Sohn und Nicky im Zimmer oben sexuell ambivalent verhalten würden. Daheim hatte er immer noch das Gefühl, als würde etwas fehlen. Nicht so sehr Alice selbst, denn vielmehr das, was sie alles mitgenommen hatte: Mäntel und Kleider und Make-up und Bücher und Zeitschriften. Danny räumte in seinem Zimmer alle seine Sachen immer ordentlich auf. Alice hatte das ganze Haus als Bereich ihres privaten Lebensraumes gesehen. »Alice! Bring die Kleider hier weg, oder du ka nn st sie im Garten suchen!« So hatte jeweils ihre gestreßte Mutter gerufen, wenn sie beim Heimkommen die Küche in eine Boutique verwandelt vorgefunden hatte. »Brauchst du all das Zeug wirklich?« Das war der Vater, nachdem sich der Kaminsims im Wohnzimmer langsam aber sicher mit Make-up-Töpfchen und Tiegeln und Tuben gefüllt hatte.
    Und jetzt war sie weg und der Kaminsims leer und die Küche aufgeräumt, und Danny wunderte sich, daß er sie kaum vermißte.
    Er hatte sich lange gefragt, welchen Effekt ihr Auszug auf die Eltern haben würde. Er sah, daß sie sich merkwürdig benahmen, und das schon seit ein paar Monaten. Danny kam nicht dahinter, worin das Merkwürdige eigentlich bestand. Er hätte nicht sagen können: Sie machen dies oder machen das, doch langsam war ihm bewußt geworden, daß mehr hinter ihrem veränderten Verhalten steckte als die bevorstehende Hochzeit von Alice. Es hatte etwas mit dem plötzlichen Schweigen zu tun, wenn
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