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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad
Autoren: Agatha Christie
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irgendetwas sagen, um dich von der Spur abzubringen. Du hattest schon zu viel ausgekundschaftet.«
    »Wer ist sie eigentlich?«
    »Sie ist die Vertrauensperson des Amerikaners Morganthal, des internationalen Bankiers. Aber das ist nicht alles. Sie ist eine Art Finanzgenie. Wir haben gute Gründe anzunehmen, dass sie einer Menge unserer Finanzoperationen auf die Spur gekommen ist. Sie soll in drei Tagen in Bagdad ankommen. Einstweilen ist sie verschwunden.«
    »Verschwunden? Wo?«
    »In London, scheinbar wie vom Erdboden verschluckt.«
    »Und niemand weiß, wo sie ist?«
    »Vielleicht Dakin.«
    Aber Dakin wusste es nicht. Das wusste zwar Victoria, aber Edward nicht. Also wo war Anna Scheele? Sie fragte: »Du hast nicht die leiseste Ahnung?«
    »Doch, wir haben eine Vermutung«, sagte Edward langsam.
    »Nun?«
    »Es ist unerlässlich, dass Anna Scheele zur Konferenz hier in Bagdad ist, und die findet, wie du weißt, in fünf Tagen statt.«
    »So bald! Das wusste ich nicht.«
    »Wir lassen alle Einreisenden in dieses Land kontrollieren. Sie kommt sicher nicht unter ihrem eigenen Namen. Und sie kommt nicht mit einem offiziellen Dienstflugzeug. Wir haben unsere eigenen Mittel, das festzustellen. Also haben wir alle privaten Vormerkungen kontrolliert. Es wurde ein Flugticket auf den Namen Grete Harden bei der B.O.A.C. bestellt. Wir haben über Grete Harden Erkundigungen eingezogen. Es gibt keine Person dieses Namens. Es ist ein fingierter Name und die Adresse, die sie angegeben hat, ist auch falsch. Wir glauben, dass Grete Harden Anna Scheele ist. Ihr Flugzeug landet übermorgen in Damaskus.«
    »Und dann?«
    Edward blickte ihr plötzlich in die Augen.
    »Das liegt an dir, Victoria. Du sollst ihren Platz einnehmen.«
    »Ich – ich – oh, aber Edward! Das könnte ich nicht. Ich würde sofort entlarvt werden. Ich gehe nie als Amerikanerin durch.«
    »Anna Scheele hat so gut wie keinen Akzent, auf jeden Fall wirst du an Kehlkopfentzündung erkranken. Einer der besten Ärzte in diesem Teil der Welt wird die Diagnose stellen.«
    »Was muss ich tun?«, fragte sie.
    »Als Grete Harden von Damaskus nach Bagdad fliegen, dich sofort zu Bett legen und von unserem renommierten Arzt die Erlaubnis erhalten, zur Konferenz aufzustehen. Dort wirst du ihnen die Dokumente vorlegen, die du mitgebracht hast.«
    »Die wirklichen Dokumente?«
    Edward lächelte.
    »Natürlich nicht, wir werden ihnen unsere Version unterschieben. Überzeugende Einzelheiten über die ungeheuerlichste kommunistische Verschwörung in Amerika.«
    Victoria sagte bedächtig: »Glaubst du wirklich, dass ich es schaffe?« Nun, da sie eine Rolle spielte, fiel es ihr ganz leicht, mit allem Anschein besorgter Aufrichtigkeit zu fragen.
    »Ich bin fest davon überzeugt. Ich habe bemerkt, dass du dich in eine Rolle mit solcher Begeisterung einlebst, dass du absolut glaubwürdig wirkst.«
    Edward stand auf.
    »Wir müssen gehen, es ist Zeit«, sagte er. »Wir müssen dich nach Damaskus bringen. Unsere Pläne müssen bis übermorgen ausgearbeitet sein.«
    Victoria stand rasch auf. Zurück in Bagdad mit seinem Gewühl, im Hotel Tio mit dem strahlenden, brüllenden Markus, der ihr Drinks anbot, war sie der unmittelbaren Bedrohung durch Edward entronnen. Ihre Rolle bestand in einem Doppelspiel – Edward durch eine hündische Anbetung weiter zum Narren zu halten und seine Pläne heimlich zu hintertreiben.
    Sie sagte: »Glaubst du, dass Mr Dakin weiß, wo Anna Scheele ist? Vielleicht könnte ich das herausbringen. Vielleicht lässt er irgendeine Andeutung fallen.«
    »Unwahrscheinlich – und jedenfalls wirst du Dakin nicht mehr sehen. Unsere Pläne sind fertig, du darfst in Bagdad nicht mehr gesehen werden.«
    »Aber Edward, alle meine Sachen sind im Tio. Ich habe ein Zimmer bestellt.«
    Der Schal. Der kostbare Schal!
    »Du wirst deine Sachen in der nächsten Zeit nicht brauchen. Ich habe eine Ausstattung für dich vorbereitet. Komm.«
    Sie bestiegen wieder den Wagen. Victoria dachte: Ich hätte wissen müssen, dass Edward nicht so dumm ist, mich wieder mit Dakin zusammenkommen zu lassen, nachdem ich ihn erkannt habe. Sie saß schweigend da, während sie über die holprige Straße und dann in die Vorstädte Bagdads fuhren.
    Edward bog in eine Seitenstraße ein, mit modernen, von Gärten umgebenen, mit Veranden versehenen Villen in pseudoeuropäischem Stil. Vor einem Haus stand ein Tourenwagen. Edward blieb mit seinem Auto hinter ihm stehen, er und Victoria stiegen aus und gingen
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