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Sie kamen nach Bagdad

Sie kamen nach Bagdad

Titel: Sie kamen nach Bagdad
Autoren: Agatha Christie
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mitleidigem Ton.
    »Ich dachte, du wärest einer Sache auf die Spur gekommen. Natürlich konntest du ja Catherine nicht viel sagen – «
    »Es ist dir nicht eingefallen, dass Catherine lügen könnte und man mich niedergeschlagen hatte?«
    »Was?« Edward riss die Augen auf.
    »Und betäubt und chloroformiert – «
    Edward sah sich aufmerksam um.
    »Du lieber Himmel, nicht im Traum hab ich an so etwas gedacht. – Hör mich an, ich will hier draußen nicht sprechen. Könnten wir nicht irgendwo anders hingehen?«
    »Gut. Hast du mein Gepäck mitgebracht?«
    »Ja, ich habe alles beim Portier abgegeben. Victoria, was ist geschehen? Ich habe den Wagen hier. Fahren wir nach Devonshire hinaus. Du warst noch nie dort, nicht wahr?«
    »Nach Devonshire?« Victoria machte große Augen.
    »Oh, es ist nur ein Name für einen Ort auf dem Lande unweit von Bagdad. Es ist um diese Jahreszeit wunderschön dort. Komm, ich habe dich seit Ewigkeiten nicht für mich allein gehabt.«
    Es war wirklich wunderschön. Edward parkte den Wagen in einem Wäldchen, das von Bewässerungsgräben durchflossen war. Die Bäume des Hains, zumeist Mandel- und Pfirsichbäume, begannen gerade zu blühen. Es war ein idyllisches Plätzchen. Jenseits des Wäldchens floss der Tigris. Sie stiegen aus dem Wagen und schritten zusammen durch die blühenden Bäume. Dann setzten sie sich auf einen umgestürzten Baumstamm, unter rosa Blüten, die über ihre Köpfe herabhingen.
    »So, Darling, jetzt erzähl mal, was geschehen ist. Ich war so schrecklich unglücklich.«
    »Wirklich?« Sie lächelte verträumt. Dann berichtete sie ihm alles. Von der Friseurin, dem Chloroformgeruch und ihrem Kampf. Wie sie betäubt und elend aufgewacht war, wie sie entkommen war und von ihrer zufälligen Begegnung mit Richard Baker und wie sie auf der Fahrt zu den Ausgrabungen vorgegeben hatte, Victoria Pauncefoot Jones zu sein, und wie geradezu genial sie die Rolle der Anthropologin gespielt hatte.
    An dieser Stelle brüllte Edward vor Lachen.
    »Du bist großartig, Victoria! Die Sachen, die du dir ausdenkst …«
    »Ich weiß«, sagte Victoria, »meine Onkel Pauncefoot Jones und der Bischof.«
    Und da erinnerte sie sich plötzlich, was es war, das sie Edward in Basra fragen wollte, als Mrs Clayton sie unterbrochen hatte, weil sie zu den Drinks ins Haus rief.
    »Ich wollte dich schon früher fragen«, sagte sie, »wieso wusstest du das vom Bischof?«
    Sie fühlte, wie die Hand, die sie hielt, plötzlich steif wurde. Er sagte schnell, allzu schnell: »Aber du hast es mir doch selbst erzählt, nicht wahr?«
    Victoria blickte ihn an und innerhalb von Sekunden wurde ihr alles sonnenklar, was bisher rätselhaft gewesen war. Es ist sonderbar, dachte sie, dass ein einziger, kindischer, dummer Versprecher all das vollbracht haben sollte. Denn es traf ihn völlig überraschend. Er hatte keine Ausrede parat und sein Gesicht war plötzlich nackt und wehrlos.
    Und während sie ihn ansah, verschob sich alles und ordnete sich zu einem Muster, wie in einem Kaleidoskop. Edward hatte die Sache mit dem Bischof von Llangow nicht von ihr erfahren und die einzigen anderen Personen, von denen er sie erfahren haben konnte, waren Mr oder Mrs Clipp. Aber Edward konnte Mrs Clipp seit ihrer Ankunft in Bagdad unmöglich gesehen haben, denn Edward war damals in Basra gewesen. So musste er es von ihnen erfahren haben, ehe er England verließ. Er musste also die ganze Zeit gewusst haben, dass sie mit ihnen herkommen würde. Der ganze wunderbare Zufall war also gar kein Zufall … alles war geplant und beabsichtigt.
    Und als sie Edwards Gesicht ohne Maske anstarrte, wusste sie plötzlich, was Carmichael mit Luzifer gemeint hatte. Gott sei Dank, dass sie Edward weder von dem Schal erzählt hatte, noch von ihrer Entdeckung, dass er eine wichtige Botschaft Carmichaels enthielt. Er war jetzt sicher im Hotel Tio unter einigen von ihren Kleidern in einem Handkoffer verstaut. Die Botschaft, die Carmichael ihr mit seinem letzten Atemzug anvertraut hatte, war nun enträtselt. Sie wusste jetzt, was er an jenem Tag in Basra gesehen hatte, als er in den Konsulatsgarten geblickt hatte. Er hatte das junge, schöne Gesicht gesehen, in welches sie jetzt blickte.
    Luzifer, Sohn des Morgens, wie bist du gefallen!
    Nicht Dr. Rathbone – Edward! Edward, der scheinbar eine Nebenrolle spielte, die Rolle des Sekretärs, während er alles kontrollierte, leitete und plante und Rathbone als Aushängeschild verwendete – und Rathbone, der
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