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Sie haben sich aber gut gehalten!

Sie haben sich aber gut gehalten!

Titel: Sie haben sich aber gut gehalten!
Autoren: Lilli Beck
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ich nämlich selbst sehr gespannt.
    John nippt erst an seinem Glas, bevor er meinen Vater direkt ansieht. «Geerbt», gibt er dann Auskunft. «Mein Großvater hat die Firma gegründet und sie später an meinen Vater übergeben. Und als der vor fünf Jahren starb –»
    «Aha, ein Familienunternehmen», fällt mein Vater ihm unhöflich ins Wort.
    Vernehme ich da etwa ein wenig Bewunderung? Das wäre ja zu schön. Hoffentlich revidiert er dann auch seine negative Meinung über John. Die feindselige Stimmung zwischen den beiden schlägt mir auf den Magen.
    «Davon hast du mir nie etwas erzählt, Rosemarie», sagt er und sieht mich vorwurfsvoll an.
    «Ich wusste doch selbst nichts davon», verteidige ich mich.
    «Na ja, ich glaube, wir hatten damals andere Themen als die Arbeit unserer Väter oder deren Firmen.» John zwinkert mir unauffällig zu.
    In dem Moment schrillt aus dem Wohnzimmer das Telefon. Heilfroh, der unangenehmen Situation entkommen zu können, stehe ich auf und eile an den Apparat.
    Es ist Volker.
    Das hätte ich mir eigentlich denken können. Vermutlich möchte er sich über den Stand der Dinge informieren. Ich kenne ihn doch: Volker behält gerne den Überblick, wie er immer behauptet. Ich nenne das Kontrollwahn.
    In meinem neuen Appartement schaffe ich mir einen dieser Apparate mit Rufnummernanzeige an, dann kann er mich mal gernhaben.
    «Hallo, Rosy», flötet er.
    Wenn Volker mich so scheinheilig ansäuselt, handelt es sich meist um etwas Unangenehmes. Er glaubt nämlich immer noch, dass er mit allen Sorgen zu mir kommen kann.
    «Was ist los?», raunze ich ihn an.
    «Ich wollte mich nur erkundigen, wie es mit dem Makler läuft.»
    Also doch! Aber ein Plausch mit meinem geschiedenen Mann ist genau der fehlende Stein zu einem Magengeschwür. «Bestens», antworte ich knapp, um ihn abzuwimmeln.
    «Sehr schön … sehr schön …»
    «Komm auf den Punkt, Volker», drängle ich. «Ich bin im Stress. Der Makler ist noch da, und mein Vater kam überraschend zu Besuch. Und ich möchte die beiden nicht zu lange alleine lassen.»
    «Ja, natürlich … Also, du weißt ja, dass ich heute wegen dieses Notfalls leider nicht bei der Besichtigung dabei sein konnte. Es war eine äußerst komplizierte Wurzelbehandlung, sonst wäre ich –»
    «Volker! Worum geht es?»
    «Verzeihung … Um ehrlich zu sein, es handelt sich um meine Mutter.»
    «Aha», murmle ich desinteressiert.
    Was hat Lotte wohl jetzt wieder für eine verrückte Idee? Meine Exschwiegermutter ist nämlich vor zwei Jahren nach Ibiza ausgewandert, um dort ihren Lebensabend mit einem neuen Lover zu verbringen. Vielleicht war es auch eine alte, wiederentdeckte Liebe. So genau kann man das bei ihr nie sagen.
    «Braucht sie eine Packung ihrer unsäglichen Haarfarben, die es auf der Insel angeblich nicht gibt und die ich ihr mal wieder schicken muss?», frage ich gereizt. Ich bin es nämlich leid, von ihr als Versandhandel missbraucht zu werden.
    Volker seufzt laut, ehe er weiterspricht. «Anscheinend gab es Streit mit Gerhard. Mir war der Typ ja von Anfang an suspekt, aber sie wollte am Telefon keine Einzelheiten verraten. Sie nuschelte nur was von irgendwelchen Vorfällen …»
    «Interessant», sage ich ohne echte Anteilnahme. Mit meiner ausgeflippten Schwiegermutter habe ich mich noch nie besonders gut verstanden, und es ist mir heute mehr denn je schnuppe, was diese Frau so treibt.
    «Wie dem auch sei.» Volker räuspert sich vernehmlich. «Sie weiß jetzt nicht, wohin und … Na ja, es handelt sich nur um ein paar Tage, bis sie eine passende Bleibe gefunden hat. Und du weißt ja, dass meine Wohnung nur ein Schlafzimmer und ein Badezimmer hat. Und deshalb dachte ich, dass …»
    Ich schlucke schwer, denn mir schwant Übles.
    «Also, ich wollte dich fragen», stottert Volker weiter, «also … respektive bitten, ob du Lotte vielleicht … Bitte, Rosy, würdest du kooperieren?»
    Kooperieren!? Nur ein Idiot würde nicht kapieren, worum es hier geht. Mein Ex will mir seine Mutter aufs Auge drücken!
    Wieso meint in diesen Tagen eigentlich jeder, meine berühmte und von allen gern in Anspruch genommene Hilfsbereitschaft dermaßen überstrapazieren zu müssen? Meine Familie weiß doch, dass ich jetzt endlich mal Urlaub mit meiner Freundin Suse machen will.
    «Wie stellst du dir das vor?» So einfach werde ich es meinem Ex diesmal nicht machen. «Und wie genau sähe die
Kooperation
denn aus?»
    «Wenn du Lotte für zwei, drei Tage aufnehmen
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