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Sich vom Schmerz befreien

Titel: Sich vom Schmerz befreien
Autoren: Klaus Weitzer
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sind hier nicht nur die Köpfe der Ärzte und Therapeuten, sondern auch die von uns Patienten gemeint. Wir werden dadurch in eine passive Rolle gedrängt: Krankheiten und Schmerzen sind objektive Tatsachen, die uns »erwischt haben« bzw. »passiert sind«. Wir sind »Opfer« und müssen von »Experten« davon befreit werden. Das Weltbild der Medizin ändert sich nicht allein dadurch, dass neue Methoden verwendet werden. Und doch ist die Systemtheorie ein Schlüssel dazu.
    Um den Wandel endgültig vollziehen zu können, ist es hilfreich, sich einige Erkenntnisse der modernen Hirnforschung über die Arbeitsweise unseres Nervensystems näher anzusehen. Mit diesen Informationen im Hinterkopf können wir uns dann konkret Gedanken über ein anderes Verständnis von Krankheit und Therapie, speziell über eine »neue Schmerztherapie« machen.

Ein neurowissenschaftlicher Blick auf das Leben
    Â»Der lebendige Leib in Bewegung ist die Grundlage aller Wahrnehmung, jeder Kommunikation und selbst des feinsinnigsten Gedankens.«
    Hilarion G. Petzold, »Integrative Bewegungs- und Leibtherapie«
    Â 
    Schauen wir uns dafür zunächst eine Abbildung an, die ich das »Drei-Ebenen-Modell des Gehirns« nenne. Inspiriert hat mich dazu ein Vortrag des bekannten Hirnforschers Gerald Hüther, der in einer Grafik die Funktionsweise unseres Gehirns im
Verlauf der Evolution veranschaulicht hat. Seine Darstellung, die Sie auch in dem Buch Embodiment: Die Wechselwirkung von Körper und Psyche verstehen und nutzen finden, zeigte mehrere »Teilgehirne«, die wie die Schalen einer Zwiebel als »Schichten« übereinanderliegen. Unser heutiges Gehirn entstand im Laufe der Jahrtausende, indem es sich mehr und mehr spezialisierte und differenzierte und so immer neue Funktionen und Schichten entstanden sind. Im derzeitigen Stadium enthält das menschliche Gehirn also auch die Gehirne all unserer Vorfahren.

    Das Drei-Ebenen-Modell des Gehirns
    Hierbei handelt es sich natürlich um eine sehr vereinfachte Darstellung, in der weitere wichtige Unterteilungen und Komponenten nicht enthalten sind. Diejenigen unter Ihnen, die sich ausführlicher über das Gehirn und seine Funktionen informieren
möchten, finden dazu in der Literatur einige Bücher zu Neurowissenschaften, Neuropsychologie und Biopsychologie. Für uns reicht dieses einfache Modell. Es zeigt drei Entwicklungsschritte des Gehirns, die man auch »Reptiliengehirn« (bestehend aus Stammhirn, Rückenmark und vegetatives Nervensystem), »Vogel- und Säugetiergehirn« (limbisches System) und »Primatengehirn« (Großhirnrinde) nennt. Die drei Gehirne unterscheiden sich in ihrem Aussehen, ihrer chemischen Zusammensetzung und ihrer Arbeitsweise deutlich voneinander.
    Die erste Ebene (Reptiliengehirn) war bei frühen Tieren in der Evolution hauptsächlich damit beschäftigt, grundlegende Aktivitäten zu steuern: Herzschlag, Verdauung und Atmung, fressen, sich paaren, kämpfen und flüchten. Dieses Verhalten wird vor allem genetisch bestimmt, individuelle Lernprozesse spielen nur eine untergeordnete Rolle. Großhirnrinde und limbisches System sind zwar vorhanden, aber kaum entwickelt. Letztgenanntes ist zuständig für Gefühle, Triebe und Stimmungen und bewertet die Wahrnehmungen aus dem Körper und der Umwelt und stellt somit eine Weiterentwicklung bei Vögeln und Säugetieren dar. Die Großhirnrinde (auch »Kortex« genannt) ist die dritte Ebene und beim Menschen am differenziertesten entwickelt. Sie steuert bewusst und willkürlich gesteuerte körperliche und psychische Vorgänge wie bewusstes Denken und Erleben, Bewegen, Planen und Handeln sowie die Sprache.
    Â 
    Entscheidend an dieser Darstellung ist die Orientierung an der Entwicklung im Verlauf der Evolution und die Erkenntnis, dass jede Funktion des Gehirns immer auf Basis der älteren Funktionen stattfindet und von neueren überwacht wird. Eine weiterentwickelte Funktion und übergeordnete Gehirnstruktur konnte entstehen, weil sie von Vorteil für das Überleben war. Ihre Aufgabe ist, die Funktionen der darunter liegenden
Regionen zu stabilisieren, zu differenzieren und zu organisieren. Sie verleiht ihnen, wenn man so will, einen speziellen Sinn. Lassen Sie mich drei Punkte herausstellen, die für uns von besonderer Bedeutung sind.
Unbewusste Vorgänge als Grundlage
    Der erste ist die
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