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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen
Autoren: Emily Giffin
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da!», schrie ich. «Ich weiß, dass er da drin ist.»
    Sie trat zur Seite, und ich öffnete den Schrank. Und richtig, da kauerte er in der Ecke, in seinen marineblau gestreiften Boxershorts. Auch ein Geschenk von mir.
    «Du Lügner!», schrie ich ihn an. Ich begann zu hyperventilieren. An Dramatik war ich gewöhnt. Ich
lebte
vonDramatik. Aber nicht von dieser Sorte. Nicht von einer Dramatik, die ich nicht von Anfang an steuerte.
    Dex stand auf und zog sich langsam an, schob erst das eine, dann das andere Bein in die Jeans und zog trotzig den Reißverschluss hoch. Sein Gesicht zeigte keine Spur von Schuldbewusstsein. Es war, als hätte ich ihn beschuldigt, mir die Bettdecke geklaut oder mir mein Eis weggegessen zu haben.
    «Du hast mich angelogen!», schrie ich, jetzt noch lauter. «Das muss ein Witz sein», sagte er leise. «
Fuck you
, Darcy.»
    In all den Jahren hatte Dex das nie zu mir gesagt. Diese Worte waren
meine
letzte Zuflucht. Nicht seine.
    Ich versuchte es noch einmal. «Du hast gesagt, es gibt keine andere! Und du
fickst
meine beste Freundin!» Ich wusste nicht mehr, wen von beiden ich mir zuerst vornehmen sollte. Ich war überwältigt von diesem doppelten Verrat.
    Ich wollte, dass er sagte, ja, es sieht übel aus, aber ich habe dich nicht betrogen. Aber keine Dementi kam. Stattdessen sagte er: «Wer im Glashaus sitzt, soll doch nicht mit Steinen werfen, oder, Darce? Du und Marcus, hm? Kriegt ein Baby? Gratuliere, würde ich sagen.»
    Darauf wusste ich keine Antwort. Also drehte ich den Spieß einfach um und sagte: «Ich hab’s die ganze Zeit gewusst.»
    Das war eine glatte Lüge. Nicht in einer Million Jahren hätte ich diesen Augenblick vorhergesehen. Der Schock war einfach nicht zu ertragen. Aber das ist der springende Punkt beim krassen K.-o.-Sieg: Besiegt zu werden tut schlimmer weh als das K.-o. Sie hatten mich k.   o. geschlagen,aber ich würde mich nicht auch noch lächerlich machen.
    «Ich hasse euch beide. Und das werde ich immer tun», sagte ich, und mir war klar, dass es hilflos und kindisch klang, genau wie damals, als ich fünf war und meinem Vater sagte, ich liebte den Teufel mehr als ihn. Ich hatte ihn schockieren wollen, aber meine kreative Schmähung hatte ihn amüsiert. Auch Dex schien ich mit meiner Ansage nur zu erheitern, und vor Wut war ich den Tränen nahe. Ich musste raus aus Rachels Apartment, bevor ich anfing zu heulen. Als ich zur Tür ging, sagte Dex plötzlich: «Ach, Darcy?»
    Ich drehte mich noch einmal um.
«Was!»
, fauchte ich und betete dabei zum Himmel, dass er sagte, es sei alles nur ein Scherz gewesen, ein Riesenirrtum. Vielleicht würden sie loslachen und mich fragen, wie ich so etwas nur glauben konnte. Vielleicht würden wir uns gleich alle drei um den Hals fallen.
    Aber er sagte nur: «Kann ich meine Uhr zurückhaben, bitte?»
    Ich schluckte mühsam, und dann schleuderte ich ihm die Uhr entgegen und zielte dabei auf sein Gesicht. Aber ich traf nicht; sie flog gegen die Wand, rutschte über Rachels Dielen und blieb vor Dexters bloßen Füßen liegen. Ich hob den Blick von der Uhr und sah Rachel an. «Und du», sagte ich zu ihr, «dich will ich nie wiedersehen. Für mich bist du gestorben.»

ZWEI
    Irgendwie schaffte ich es die Treppe hinunter ins Foyer (wo ich dem Portier die grausigen Highlights schilderte) und weiter ins Taxi (wo ich meine Geschichte noch einmal vortrug), das mich zu Marcus brachte. Als ich in sein schäbiges Apartment gestürmt kam, saß er im Schneidersitz auf dem Boden und spielte auf der Gitarre etwas, das ein bisschen wie der Refrain von «Fire and Rain» klang.
    Er sah zu mir auf, und in seinem Blick lag eine Mischung aus Ärger und Verwunderung. «Was ist
jetzt wieder
passiert?», fragte er.
    Ich ärgerte mich über den Ausdruck «jetzt wieder», weil er implizierte, dass ich andauernd irgendeine Krise habe. Was ich gerade erlebt hatte, war doch nicht meine Schuld. Ich erzählte ihm die ganze Geschichte und ließ kein einziges Detail aus. Ich wollte meinen neuen Liebhaber empört sehen. Oder wenigstens geschockt. Aber so sehr ich auch versuchte, ihn in den Zustand der Raserei zu bringen, in dem ich schon war, er gab doch immer nur dieselben Argumente zurück:
Wie kannst du wütend sein, wenn du das Gleiche mit ihnen gemacht hast?
Und:
Wollen wir denn nicht, dass unsere Freunde genauso glücklich sind wie wir?
    Ich erwiderte, um unsere eigene Schuld gehe es hier überhaupt nicht, und
VERFLUCHT, NEIN, WIR WOLLEN NICHT, DASS SIE
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