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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen
Autoren: Emily Giffin
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entstanden ist. Und diese Gefühle kann ich inzwischen nachvollziehen.
    Ethan und ich gehen den Gartenweg hinunter und lächeln unseren anderen Gästen zu. Ich sehe meinen Bruder mit Lauren, die jetzt schwanger ist   … Ethans Eltern, die allem Anschein nach gestern Abend bei der Dinnerprobe neue romantische Gefühle entfacht haben   … Annalise, Greg und die süße kleine Hannah, die bald drei wird   … Martin und seine neue Freundin Lucy   … Phoebe, die ich inzwischen besser zu schätzen weiß und nach ein paar Cocktails beinahe mag   … Charlotte und John mit Natalie   … Meg, Yossi und ihr Sohn Lucas   … Geoffrey und Sondrine, die zu Ethans und meiner großen Erheiterung seit kurzem verlobt sind.
    Und dann entdecke ich sie in der letzten Reihe. Rachel und Dex mit ihrer kleinen Tochter Julia, die ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten ist, aber Dexters dunkles, welliges Haar hat. Sie trägt das pinkfarbene gesmokte Kleid, das ich ihr zum ersten Geburtstag geschickt habe. Als wir an ihnen vorbeigehen, zeige ich auf die blaue Seidenborte von Thomas’ und Johns verschlissenen Babydecken, die jetzt als Schleife um mein weißes Lilienbouquet gebunden ist. Rachel und ich sprechen nicht oft miteinander, aber ich habe ihr erzählt, dass ich das Seidenband als «etwas Blaues» auf der Hochzeit bei mir haben würde. Ich sehe ihr an, dass sie gerührt ist; es freut sie, indirekt auch eine Rolle an unserem wichtigen Tag zu spielen.
    «Hinreißend!», formt sie lautlos mit den Lippen.
    Dex lächelt beinahe liebevoll, und ich grüße ihn mit einem freundlichen Nicken. Ich kann mir kaum noch vorstellen, dass wir sieben Jahre zusammen waren. Er ist jetztnichts weiter als ein guter Bekannter mit außergewöhnlich schönem Haar.
    Am Ende des Weges wende ich mich Ethan zu, und wir nehmen Thomas und John in die Arme, die sich von meinem Dad losgerissen haben und uns nachgelaufen sind.
    «Sind wir schon verheiratet, Mummy?», fragen sie mit einem britischen Akzent, den sie nicht zu Hause gelernt haben.
    «Ja!» Ich muss lachen.
    «Ja! Wir sind verheiratet!», sagt Ethan.
    Endlich.
    Ich denke zurück an den Herbsttag, an dem Ethan mir den Heiratsantrag gemacht hat. Wir waren übers Wochenende in Edinburgh, um meinen neuen Job als Fundraiser für eine Anti-Landminen-Organisation zu feiern. Nachdem wir im Hotel eingecheckt hatten, beschlossen wir, auf Arthur’s Seat zu steigen, einen kleinen Berg oberhalb der alten Stadt. Als wir auf dem Berghang Rast machten und den weiten Ausblick bewunderten, gab Ethan mir ein winziges Stück Papier, so abgegriffen, dass es sich wie Samt anfühlte. Als ich es genauer betrachtete, sah ich, dass es der Zettel war, den ich ihm in der fünften Klasse geschrieben hatte. «Willst du mit mir gehen?», stand darauf, und in das «Ja»-Kästchen hatte er mit Rotstift ein Häkchen gesetzt.
    «Wo in aller Welt hast du denn das gefunden?» Mir wurde schwindlig, als ich begriff, dass er das älteste Relikt aus unserer gemeinsamen Geschichte bis heute aufbewahrt hatte.
    «Ich hab’s in einer Schachtel mit alten Unterlagen entdeckt.» Er lächelte. «Ich dachte, ich hätte ihn dir zurückgegeben, aber das hab ich wohl nicht getan.»
    «Nein. Du hast in der Pause einfach ja gesagt. Weißt du nicht mehr?»
    «Wahrscheinlich.» Ethan nickte und sagte dann: «Dreh ihn mal um.»
    Ich tat es, und auf die andere Seite hatte er selbst eine Frage geschrieben.
    Willst du mich heiraten?
    Ich blickte verblüfft auf. Dann fing ich an zu weinen und sagte: Ja,
ja
! Ethans Hände zitterten ein bisschen, als er eine kleine Schachtel aus der Jackentasche zog. Er klappte sie auf und schob mir einen funkelnden Diamanten auf den Finger.
    «Um eine Familie zu sein, braucht man kein Gelübde noch gemeinsame Gene. Wir sind schon eine», sagte er. «Aber ich möchte, dass es offiziell ist. Ich möchte, dass es
für immer
ist.»
    Und weil er jeden wichtigen Augenblick auf Film festhielt, streckte er den Arm aus und machte ein Verlobungsfoto von uns. Ich wusste, dass mein Haar vom Wind zerzaust war, und unsere roten Nasen liefen von der Kälte, aber das war mir egal. Ich hatte gelernt, solche oberflächlichen Dinge zu übergehen. Der Inhalt war mir wichtiger als die Form. Und ich wusste, wenn ich dieses Foto von uns auf dem Berg in Schottland später ansähe, würde ich nichts Unvollkommenes darauf sehen, sondern nur an Ethans Worte denken:
Ich möchte, dass es offiziell ist. Ich möchte, dass es für immer ist.
    Und
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