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Shoppen und fischen

Shoppen und fischen

Titel: Shoppen und fischen
Autoren: Emily Giffin
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meinem Biskuitporzellanteller katapultieren. Ich brauchte nur einen reichen Mann zu heiraten, so wie meine Mutter. Sie war kein Genie und hatte nur drei Semester an einem Community College geschafft, aber mit ihrem hübschen Gesicht, ihrer zierlichen Figur und ihrem makellosen Geschmack hatte sie meinen gescheiten Vater erobert, einen Zahnarzt, und jetzt hatte sie alles, was sie wollte. Ich fand, ihr Leben wäre eine ausgezeichnete Vorlage für mein eigenes.
    So ließ ich mich durch meine Teenagerzeit treiben und ging dann auf die Indiana University mit der Absicht, irgendwie durchzukommen. Ich gehörte der besten Studentinnenverbindung an, ging mit den heißesten Typen und kam vier Jahre hintereinander in den «Hoosier Dream Girl»-Kalender. Ich bestand mein Examen mit 2,9 und folgte Rachel, die immer noch meine beste Freundin war, nach New York, wo sie Jura studierte. Während sie in der Bibliothek schuftete und dann eine Stelle in einer großen Anwaltsfirma bekam, lebte ich weiter in Glanz und Gloria und fand schnell heraus, dass die Annehmlichkeiten des Lebens in Manhattan noch annehmlicher waren. Ich entdeckte die hipsten Clubs, die besten Restaurants und die begehrenswertesten Männer. Und ich hatte immer noch das schönste Haar der ganzen Stadt.
    In unseren Zwanzigern stellte Rachel mir oft die kritische Frage: «Machst du dir keine Sorgen um dein Karma?» . (Als sie das erste Mal von Karma sprach, waren wir übrigens noch auf der Junior High, und ich hatte bei einer Mathearbeit gemogelt. Ich erinnere mich, dass ich damals versuchte, die Bedeutung des Wortes mit Hilfe des Songs ‹Karma Chameleon› zu entschlüsseln, was natürlich nicht gelang.) Später verstand ich, was sie meinte: Dass harte Arbeit, Ehrlichkeit und Rechtschaffenheit sich am Ende immer bezahlt machen, während es irgendwie unrecht ist, sich allein auf sein gutes Aussehen zu verlassen und damit durchzukommen.
    Aber ich sagte mir, ich muss kein fleißiges Bienchen sein, keine freiwillige Helferin in der Suppenküche, um ein gutes Karma zu haben. Ich war vielleicht nicht auf traditionellen Wegen zum Erfolg gelangt, aber was ich hatte, dashatte ich
verdient
: meinen glamourösen P R-Job , meine fabelhaften Freunde und meinen umwerfenden Verlobten, Dex Thaler. Mein Apartment mit Terrasse am Central Park West
stand mir zu
, genauso wie der große, reinweiße Diamant an meiner linken Hand.
    Das war damals, als ich dachte, ich hätte den Durchblick. Ich kapierte nur nicht, warum die Leute, besonders Rachel, immer alles schwieriger machen mussten als notwendig. Vielleicht hatte sie sich an sämtliche Regeln gehalten, aber jetzt stand sie da, dreißig Jahre alt, solo, und schlug sich in einer ihr verhassten Anwaltsfirma die Nächte um die Ohren. Währenddessen war ich vergnügt, wie ich es unsere ganze Kindheit hindurch gewesen war. Ich erinnere mich, wie ich versucht habe, sie zu coachen, wie ich ihr geraten habe, ein bisschen Spaß in ihr düsteres, diszipliniertes Leben zu bringen. Ich habe ihr zum Beispiel gesagt: «Zuallererst solltest du deine öden Schuhe in die Kleidersammlung geben und dir zwei, drei Paar Blahniks kaufen. Du wirst dich bestimmt besser fühlen.»
    Heute weiß ich, wie oberflächlich das klingt. Ich habe begriffen, dass es mir immer nur um Äußerlichkeiten ging. Aber damals ging ich ehrlich davon aus, dass ich niemandem damit schadete – nicht einmal mir selbst. Genau genommen habe ich überhaupt nicht viel gedacht. Ja, ich sah umwerfend aus und ich hatte Glück in der Liebe, aber ich glaubte aufrichtig, ich sei auch ein anständiger Mensch und hätte mein Glück verdient. Und in meinen Augen gab es überhaupt keinen Grund, weshalb der Rest meines Lebens nicht genauso zauberhaft verlaufen sollte wie die ersten dreißig Jahre.
    Dann passierte etwas, das mich alles in Frage stellen ließ,was ich über die Welt zu wissen glaubte: Rachel, meine reizlose, kreuzbrave Brautjungfer mit den krausen, weizengrützeblonden Haaren schnappte mir meinen Verlobten weg.

EINS
    Krasser K.-o.-Sieg.
    Das war ein Lieblingsausdruck meines kleinen Bruders Jeremy, als wir Kinder waren. Er benutzte ihn, wenn er uns mit Berichten über die Prügeleien an der Bushaltestelle oder in den Fluren unserer Junior High beglückte. Seine Stimme wurde schrill vor Aufregung, und seine Lippen glänzten von Speichel:
WAMM! PENG! Krasser K.-o.-Sieg, Mann!
Dabei schlug er dann eifrig mit der Faust in die flache Hand und war über alle Maßen zufrieden mit sich.
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