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Wie du befiehlst

Wie du befiehlst

Titel: Wie du befiehlst
Autoren: Kerstin Dirks
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Sie würde sterben.
    Panisch schlug sie um sich, kämpfte mit Armen und Beinen gegen die Wassermassen an, die von allen Seiten auf sie einströmten.
    Doch sie konnte sich nicht aus dem festen Griff ihres Angreifers befreien. Erbarmungslos drückte er sie unter Wasser. Melissas Drang zu atmen wurde immer stärker. Ihre Lungen brannten. Verzweifelt öffnete sie den Mund, doch statt retten­der Luft schmeckte sie nur das ekelhafte Chlorwasser, das ihr in die Kehle drang.
    Irgendjemand musste ihr helfen!
    Aber die anderen waren alle im Haus, die kleine Insel zu weit weg vom Festland.
    Melissa wollte schreien, weinen. Mit letzter Kraft bäumte sie sich auf, und es gelang ihr tatsächlich, ein Stück weit nach oben zu kommen. Kühle Luft strich über ihren Haaransatz, der nun aus dem Wasser ragte. Nur noch ein winziges Stück, und ihre Nase und ihr Mund wären frei. Frei zum Atmen. Aber der Druck auf ihre Schultern nahm erneut zu, und ehe sie den erlösenden Atemzug überhaupt tun konnte, fand sie sich am gekachelten Grund wieder. Blaue Fliesen, graue Fugen. Sie sah über sich die von den Wellen verzerrte Maske, die nur den oberen Teil des Gesichts verbarg. Ein hämisches Grinsen spiegelte sich darunter. Sollte es das Letzte sein, was sie sah?
    Ihre Beine zuckten unkontrolliert, strampelten hilflos gegen die Wassermassen an, die über ihr zusammenschlugen.
    Sie würde sterben.
    Es geschah.
    Ihre Sinne schwanden. Bilder zogen an ihr vorbei. Der Film ihres Lebens.

    Alles hatte ganz harmlos begonnen. Traumhaftes Mittelmeerwetter. Ein schönes Hotel mitten in Nizza. Gutes Essen. Und Andrew an ihrer Seite.
    Mehr hätte sie nicht gebraucht, von dem einen oder anderen romantischen Abendspaziergang am Neptune Strand einmal abgesehen. Aber Andrew war nicht mit ihr hierher­gekommen, um romantisch zu sein. Er hatte, wie er es nannte, ihre Beziehung, die schon seit der Schulzeit bestand, auf die nächste Stufe heben wollen.
    Melissa hatte das zunächst falsch verstanden und schon von Verlobung und späterer Hochzeit geträumt. Schnell war aber klar geworden, dass Andrew etwas ganz anderes im Sinn hatte. Und noch bevor er den Flug überhaupt buchte, hatte er ihr die Annonce gezeigt, die er im Internet auf einer Partnerseite entdeckt hatte.
    Ein Pärchen, beide Amerikaner, suchte nach einem an­deren Pärchen zwecks Partnertausch. Melissa war aus allen Wolken gefallen, nie hätte sie vermutet, dass Andrew auf so etwas abfuhr, dass er gern einmal Sex mit einer anderen Frau ausprobieren wollte. Wahrscheinlich war sie naiv gewesen, dies zu glauben. Genauso naiv wie in dem Moment, in dem sie diesem verruchten Plan, wenn auch widerwillig, zugestimmt hatte.
    Â»Denk doch mal drüber nach, wie aufregend das wäre. ­Einen anderen Körper zu erkunden. All die neuen Eindrücke, neuen Gerüche. Ich stelle mir das geil vor«, hatte An drew gesagt. Und Melissa hatte ihn nicht enttäuschen wollen, obwohl ihr Andrews Körper und sein Geruch völlig genügten.
    Und erst jetzt, da sie auf der weitläufigen Terrasse von Op é ra Plage nahe der Innenstadt saßen und auf die Ankunft der beiden Amerikaner warteten, wurde ihr klar, wie ernst die Sache wirklich war.
    Andrew legte seine kräftige Hand auf ihre und lächelte ihr aufmunternd zu. »Du wirst sie mögen«, versprach er. Er wusste wohl, was er sagte, denn er hatte mit den beiden bereits telefoniert und täglichen Mailkontakt gehalten. Wenn er von den beiden gesprochen hatte, war er immer so begeistert gewesen, dass er sie kurzzeitig mit seiner Euphorie angesteckt hatte. Nun war sie jedoch alles andere als euphorisch. Sie war nervös. Kaute ständig an ihren Nägeln und zwirbelte die Spitzen ihres Haars, das im warmen Licht der Mittelmeersonne so rot wie überreife Erdbeeren leuchtete.
    Â»Willst du das wirklich durchziehen?«, fragte sie und nahm einen großen Schluck von ihrer eisgekühlten Cola.
    Â»Aber ja. Natürlich.«
    Andrew war ihr in diesem Augenblick merkwürdig fremd. Mehr als einmal hatte sie sich gefragt, ob sie ihm nicht mehr genug war, weil es ihn plötzlich nach einem anderen Frauenkörper verlangte, doch sie hatte sich nicht getraut, ihn danach zu fragen. Vielleicht weil sie die Antwort fürchtete.
    Jetzt ist es ohnehin zu spät, sagte sie zu sich, sie konnten nicht mehr zurück, denn genau in diesem Moment kam ein Paar auf die
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