Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)

Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)

Titel: Sherlock Holmes und die Zeitmaschine (German Edition)
Autoren: Ralph E. Vaughan
Vom Netzwerk:
seinem Bruder gepasst. Allerdings hätte Sir Reginald auch dieses Etablissement mit Argwohn betrachtet, genau wie die Tatsache, dass sein Bruder einfaches Bier trank und Dinge tat, die weder seinem Stand noch seinem Reichtum und seiner Familie entsprachen. Sir Reginald besuchte niemals selbst seine Schiffe; er war zu stark damit beschäftigt, die Klubs an der Pall Mall zu besuchen und dort Bekanntschaft mit den richtigen Männern zu schließen oder die zweifelhaften Aktivitäten seines jüngeren Bruders zu überwachen. Also dachte sich William Dunning, während er sein dunkles Bier leerte, dass es ihn keinen müden Heller interessierte, was Sir Reginald von irgendetwas auf der Welt hielt.
    Die Männer erzählten von den Wundern und Rätseln der Meere, und ein paar dieser Geschichten mochten sogar der Wahrheit entsprechen. Vielleicht jene von Marlowe, der sein Garn besonders undurchsichtig und kompliziert spann. Sie sprachen gerade über London, die Stadt von Licht und Schatten, von Aufklärung und Geheimnissen.
    »Ein schlitzäugiger Kamerad von mir hörte einen Dämon im Fluss heulen.«
    »... hat einen Ertrunkenen im Kopenhagen-Becken aus dem Wasser kriechen sehen.«
    »In den Abwasserkanälen treiben sich eigenartige Dinger herum«, erklärte ein alter Seebär.
    »Du musst aufpassen, was du dort hineinwirfst!«, bestätigte ein anderer und lachte abrupt und laut, erfreut über die eigene Schlagfertigkeit.
    »Man hat weiße Gestalten in der Dunkelheit gesichtet«, beharrte der erste Mann. »Mein Bruder hat eine im Dunkeln ausgemacht, die nicht wie ein Mensch ausgesehen hat.«
    »Vielleicht Geister«, meinte ein anderer. »London ist eine alte Stadt. Stellt euch mal vor, wie viele Leute hier gestorben und begraben worden sind. Wenn man in dieser Erde buddelt, sollte man schon aufpassen, was man damit aufstört!«
    »Wie die Geister vom East End«, sagte Dunning, der nicht nur an jene wilden Geschichten aus den weniger seriösen Tageszeitungen dachte, sondern auch an sein heftig klopfendes Herz während seines Weges durch den Nebel. »Man behauptet, Leute hätten berichtet, solche blassen Geistergestalten durch den Nebel schweben gesehen zu haben, und dann seien sie im Boden versunken.«
    »Die Verschwundenen«, flüsterte ein Mann erschrocken. »Männer und Frauen, die in der Nacht entführt werden ... nicht von der Hand anderer Menschen ... und die man niemals wieder sieht.«
    »Ja, ich bin sicher, dass dies alles miteinander zu tun hat!«, rief Dunning mit einer Stimme, die laut war vor Erregung und vom Bier. »Die East-End-Geister und entführte Leute ... da muss es irgendeinen Zusammenhang geben.«
    »Klar gibt es im East End 'nen Geist«, warf der Spaßvogel ein. »Weingeist! Gin!«
    Dunning fiel in das allgemeine Gelächter und Schnauben ein, aber es war ihm nicht wohl dabei. In den Zeitungen, auch den respektablen, wie sie sein Bruder im Klub las, während er Havannas qualmte und alten französischen Cognac schlürfte, standen Berichte über die sogenannten Verschwundenen . Obgleich die geheimnisvollen Ereignisse sich zumeist in den ärmeren Teilen Londons abgespielt hatten, hörte man auch vom East End, aus Whitechapel und Spitalfields beispielsweise, von Gespenstern oder Dämonen, und Gerüchten zufolge waren diese auch in wohlhabenderen Vororten wie Kensington und Holborn aufgetaucht. Dunning vermutete sogar, es habe viele weitere solcher Fälle gegeben, die man jedoch verschwieg, um keine offene Panik heraufzubeschwören.
    Er beharrte nicht auf diesem Gesprächsthema, da die anderen offensichtlich nicht darüber reden wollten und lieber die Geheimnisse des Meeres erörterten als diejenigen hier an Land. In ihren Blicken lag jedoch eine gewisse Verzweiflung, die er früher noch nie bemerkt hatte; sie lachten zu laut und zu grell und harrten aus, auch wenn ihr Geld bereits am Ende war. Dann nahmen sie gern die Großzügigkeit anderer an, ja, sie bettelten fast darum, nicht wegen ein paar Drinks mehr, sondern weil sie damit hinauszögerten, in die Umarmung der Nacht und des Nebels zurückkehren zu müssen, der die Stadt wie ein Leichentuch verhüllte. Dunning erschauerte bei dem Gedanken, welcher Wahnsinn hinter dem grauen Wallen verborgen liegen mochte, doch das verheimlichte er vor diesen rauen Männern, damit sie ja nicht auf den Gedanken kämen, dass in seiner Brust das Herz einer feigen Landratte schlagen könnte.
    Der Abend zog sich hin, Dunning trank weiter, sang Shantys und lauschte dem Seemannsgarn,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher