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Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)

Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)

Titel: Sheila Levine ist tot und lebt in New York (German Edition)
Autoren: Gail Parent
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machen könnte.
    »Kann ich bitte Ihre Unterlagen sehen, Miss?«
    »Natürlich, bitte sehr. Hier sehen Sie, das ist die Annonce. Patente, junge Frau. Ha-ha-ha.«
    Sie nahm die Zeitung und ging in ihren Echsenlederpumps – die sie bestimmt nicht getragen hätte, wenn sie gewusst hätte, dass Echsen eine aussterbende Spezies sind – aus dem Zimmer. Graziöses Gehen hat sie bestimmt auch gelernt. Glauben Sie mir, Miss Burke, legen Sie sich eine andere Stimme zu, und Sie können sich einen Onassis an Land ziehen.
    Sie war augenblicklich wieder zurück. So schnell, dass ich nicht einmal eines der Papiere auf ihrem Schreibtisch verkehrt herum lesen konnte.
    »Tut mir leid, der Job ist vergeben.«
    »War es ein guter Job?« Großmaul musste Bescheid wissen.
    »Macht das einen Unterschied? Weg ist weg.«
    »Ich bin nur neugierig. Ist doch gut zu wissen, dass jemand einen guten Job ergattert hat. Ich meine, ist doch gut zu wissen, dass es überhaupt so etwas wie gute Jobs gibt. Ich meine …«
    »Können Sie tippen?«
    »Ja, ein bisschen, aber ich suche keinen Job, bei dem ich tippen muss. Ich möchte eine kreative Arbeit. Für einen Job, bei dem Tippkenntnisse erforderlich sind, bin ich nicht die richtige Person.«
    »Wie viele Worte in der Minute?«
    »Neunundzwanzig, aber ich möchte nicht …«
    »Nicht besonders gut. Steno?«
    Ich hätte sagen sollen: »Nein, Miss Burke, ich habe das Gefühl, wir sollten dieses Gespräch abbrechen. Sie und Ihre Leute verstehen offensichtlich nicht, was ich suche. Einen schönen Tag noch, Miss Burke. Vergessen Sie nicht – bis zum nächsten Mal sollten Sie sich Ihre Stimme korrigieren lassen.«
    Ich sagte: »Nein«, die Augen auf meinen abplatzenden Nagellack gerichtet.
    »Na schön, mal sehen, ob wir sonst noch was haben.«
    Sie ging die Karten auf ihrem Tisch durch und schubste dabei den Briefbeschwerer ihrer Kollegin weg, die auf der Toilette war. Charmant. Einfach charmant. Das Telefon klingelte. Sie nahm sofort ab.
    »Hallo, Burke am Apparat.«
    Sie schnappte sich eine neue 7 x 12-Karteikarte und notierte sich etwas mit ihrem Eightball-Kugelschreiber .
    »Ja, Ihr Name … der Name der Firma … Voraussetzungen … Tippen? … Steno? … Bestimmte Vorstellungen, was Alter, Hautfarbe, Religion betrifft?«
    Miss Burke, ich hoffe, dass Sie sich diese Fragen inzwischen abgewöhnt haben. Lesen Sie keine Zeitungen? Sie sind nicht mehr zulässig. Sie wollen doch nicht ins Gefängnis wandern, sich von Brot und Wasser ernähren und Ihre Kundenkonten aufgeben, richtig?
    »Wie hoch ist der Verdienst? … Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Ich bezweifle, ob sich jemand findet, der für einen solchen Hungerlohn arbeitet.«
    Sie legte auf, wandte sich mit ihrer neuen 7 x 12-Karteikarte in der Hand mir zu und meinte völlig schamlos: »Gerade kam was rein, vielleicht ist das ja was für Sie.«
    »Muss man tippen können?«
    »Ja, Sie sind zwar zu langsam, aber wir schummeln einfach ein bisschen. Gehen Sie in die 418 West Thirty-ninth, Zimmer 1411, und fragen Sie nach Mr. Mann [Mankowitz?]. Nach dem Vorstellungsgespräch rufen Sie mich an. Die Vermittlungsgebühr beläuft sich auf einen Wochenlohn, fällig nach Aufnahme der Arbeit.«
    Sie kritzelte die Adresse auf einen Zettel, und ich ging wie benommen aus dem Büro, wo sich eine neue Truppe junger Optimisten mit dem Jobbörsenteil unterm Arm eingefunden hatte. Verdammt nochmal, Doris Day musste nie tippen.
    Ich habe mich nie bei Mr. Mann vorgestellt. In dennächsten vier Wochen klapperte ich dreiundzwanzig Agenturen ab, wo ich dreiundzwanzig Miss Burkes vorfand. Ihnen allen möchte ich ein paar abschließende Worte sagen: Ich bin eine Frau, die mit einem Bein im Grab steht und einen Fluch auf den Lippen hat, der euch gilt. Ihr habt mir damals nicht zugehört. Würde es euch umbringen, wenn ihr das jetzt tätet?
    Ich hoffe, dass jede von euch in der Hölle schmoren wird. Ihr habt dort ein kleines Kabuff wie die Boutiquen auf der dritten Etage von Sak’s, nur, es gibt eure Größe nicht mehr, egal, in was. Eure Titten sollen erschlaffen, eure Frisuren sich auflösen. Jede von euch soll eine Schreibmaschine vor sich haben, und alle sollt ihr an einer Dauerlaryngitis leiden, so dass ihr immer nur tippen könnt, statt zu reden. Ihr sollt keinen Cent kriegen, bevor ihr nicht sechzig Worte in der Minute tippt, ein Diktaphon benutzt und mitstenografiert – Speedwriting gilt nicht. Das Essen kriegt ihr von College-Studenten in schwarzen
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