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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe
Autoren: Bernard Cornwell
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des inneren Walls ist völlig verschwunden, vermutlich von Wellesley kurz nach der Belagerung gesprengt worden.
    Später, während der Glanzzeit der indischen Herrschaft, wurden verschiedene Stätten in Srirangapatna als historisch bedeutsam eingestuft, doch ich glaube, dass die Abwesenheit des inneren Walls ziemliche Verwirrung stiftete. Moderne Besucher von Srirangapatna werden Plaketten oder Denkmäler in den Kerkern Tippus, am Wassertor, wo er vermutlich getötet wurde, und viel weiter östlich an dem Ort, wo seine Leiche gefunden wurde, entdecken. Ich nehme an, dass vermutlich nur die letzte der drei Stätten der historischen Wahrheit entspricht.
    Die so genannten Kerker sind unter der Sultan-Batterie, und obwohl es möglich ist, dass sie in den 1780er Jahren als Zellen benutzt wurden (und somit als der Ort, an dem Baird sein Martyrium von vierundvierzig Monaten überlebte), wurden sie 1799 nicht so verwendet. Inzwischen war der innere Wall errichtet worden (er wurde hastig nach Cornwallis’ Belagerung von 1792 erbaut), und es ist viel wahrscheinlicher, dass die »Kerker« danach als ein Magazin benutzt wurden (wofür sie anscheinend geplant gewesen waren). Die überlebenden Gefangenen Tippus haben allesamt bezeugt, dass sie während der Belagerung hinter dem inneren Wall gefangen gehalten worden waren, also habe ich dort Sharpe, Lawford, McCandless und Hakeswill gefangen gehalten.
    Eine Gedenktafel kennzeichnet das Wassertor durch den äußeren Wall als den Todesort Tippus, doch abermals scheint mir dies ein Irrtum zu sein. Der Beweis sind maisurische Überlebende, von denen einige bis zuletzt mit Tippu vertraut waren, und nach ihren Aussagen hat Tippu eindeutig versucht, in die Stadt zu gelangen, bevor er getötet wurde. Wir wissen, dass es einen Kampf am äußeren Wall gegeben hat und dass Tippu, als er den Kampf abbrach, zu dem Zwischenraum zwischen den Wällen kam, und dort wird die Geschichte verworren.
    Britische Quellen behaupten, er habe versucht, durch das Wassertor des äußeren Walls in die Stadt zu flüchten, doch die indischen Aussagen stimmen allesamt darin überein, dass er durch das Wassertor des inneren Walls versuchte, in die Stadt zu gelangen. Das zweite Wassertor ist seither verschwunden, doch ich nehme an, dass er dort starb und nicht an dem noch existierenden Tor. Es scheint logisch zu sein, dass er versucht hatte, in die Stadt zu fliehen, doch das verbliebene Wassertor führte und führt immer noch zu dem gefluteten Graben innerhalb des Glacis, und selbst wenn er diese Hindernisse überwunden hat (unter Beschuss von den Angreifern auf dem Wall über ihm), hätte er nur das südliche Ufer des Kaveri erreichen können, das unter Beschuss der britischen Kräfte nördlich des Flusses lag. Indem er durch die Stadt flüchtete, hätte er das Bangalore-Tor erreichen können, das eine viel größere Chance zu einer erfolgreichen Flucht bot. Stattdessen, nach dem Tod Tippus oder weil er noch im Sterben lag, fanden ihn einige seiner getreuen Gefolgsleute, legten ihn auf den Palankin und trugen ihn ostwärts, vermutlich in dem Versuch, zum Bangalore-Tor zu gelangen. Sie wurden abgefangen, die Sänfte umgekippt, und der Leichnam blieb mehrere Stunden unentdeckt liegen. Es ist ein Jammer, dass das gegenwärtige Wassertor als die Stätte, wo Tippu erschossen wurde, aufgegeben wurde, denn sein düsterer, feuchter Tunnel hat eine gewisse schaurige Dramatik, doch das andere Tor im inneren Wall hat zweifellos ebenfalls Atmosphäre.
    Der Leichnam Tippus wurde mit Ehre behandelt, und am nächsten Tag wurde er neben seinen Eltern im Gumbaz-Mausoleum beigesetzt, wie es in diesem Roman beschrieben ist. Wellesley gebot unterdessen der Plünderung in der Stadt Einhalt (er ließ vier Plünderer aufhängen, ein Gegenmittel, das er auch bei zukünftigen Siegen anwenden würde), doch was der gemeine Soldat nicht rauben konnte, das plünderten die Offiziere schließlich selbst. Die Agenten der East India Company schätzten den Wert der Schätze Tippus auf fast zwei Millionen Pfund, und die Hälfte des sagenhaften Vermögens wurde als Beutegeld erklärt. Also wurden viele ranghohe Offiziere reich durch die Arbeit eines einzigen Tages. Ein Großteil der Schätze ging nach Britannien, wo sie blieben, einige in öffentlicher Hand, aber viele noch in Privatbesitz.
    Heute ist Tippu für viele Inder ein Held, und sie betrachten ihn als Prototypen des Unabhängigkeitskämpfers. Dies scheint eine perverse Einschätzung zu
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