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Sharpes Feuerprobe

Titel: Sharpes Feuerprobe
Autoren: Bernard Cornwell
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dann humpelte er vor und hob die gekrümmte Klinge, um den Rotrock zu erschlagen. »Ich habe von Affen geträumt, und Affen bedeuten den Tod. Ich hätte dich töten lassen sollen.«
    Sharpe feuerte. Die Kugel traf höher, als er beabsichtigt hatte. Er hatte Tippu ins Herz schießen wollen, doch stattdessen traf er ihn in die Schläfe. Einen Augenblick wankte der Sultan. Sein Kopf war vom Einschlag der Kugel zurückgepeitscht worden, und Blut sickerte in den ausgepolsterten Helm, doch er zwang seinen Kopf vorwärts und starrte in Sharpes Augen. Der Säbel fiel aus seiner kraftlosen Hand, er schien ein letztes Mal zu lächeln und stürzte dann einfach vornüber.
    Das Echo des Musketenschusses hallte noch in Sharpes Ohren, sodass er nicht hörte, dass er mit Tippu sprach, während er sich neben ihm niederkniete.
    »Ich wollte deinen Rubin«, sagte Sharpe, »diesen verdammt großen Rubin. Ich wollte ihn vom ersten Moment an, in dem ich ihn sah. Colonel McCandless sagte, dass Reichtum die Welt in Bewegung hält, und ich will meinen Anteil daran.«
    Tippu lebte noch, konnte sich jedoch nicht bewegen. Seine ausdruckslosen Augen starrten zu Sharpe auf, der ihn für tot hielt, dann jedoch bemerkte, dass der sterbende Mann blinzelte.
    »Du bist noch da, nicht wahr?«, sagte Sharpe. Er tätschelte die blutige Wange des Sultans. »Du bist ein tapferer fetter Bastard, das muss ich sagen.« Er riss den großen Rubin mit einem Ruck aus dem blutbespritzten Helmbusch und nahm dann dem sterbenden Mann jedes Juwel ab, das er finden konnte. Er nahm die Perlen vom Halsband Tippus, streifte eine mit Edelsteinen besetzte Armspange ab, nahm die Diamantringe und band die silberne Halskette mit Smaragden ab. Er zog Tippus Schärpe zur Seite, um zu sehen, ob der Dolch mit den großen Diamanten namens Mondstein in seinem Griff dort war, doch an der Schärpe fand er nur die Schwertscheide. Sharpe nahm sie anstatt des silbernen Schwertes. Er hob den Säbel aus einer Abwasserpfütze und drückte ihn Tippu in die Hand.
    »Du kannst deinen Säbel behalten«, sagte er zu dem sterbenden Mann, »denn du hast gut gekämpft. Wie ein richtiger Soldat.«
    Er stand auf und dann, plötzlich unbeholfen wegen der Last der Edelsteine und weil er sich dem Blick des sterbenden Königs bewusst wurde, salutierte er vor Tippu.
    »Nimm deine Klinge mit ins Paradies«, sagte er, »und berichte dort, dass du von einem anderen richtigen Soldaten getötet worden bist.«
    Tippu schloss die Augen und dachte an das Gebet, das er an diesem Morgen in sein Notizbuch geschrieben hatte.
    »Ich bin voller Sünden«, hatte Tippu in seiner schönen arabischen Schrift geschrieben. »Und Du, Allah, bist ein Meer der Gnade. Wo ist Deine Gnade, wo ist meine Sünde?«
    Das war ein Trost. Er spürte jetzt keine Schmerzen, nicht einmal in seinem Bein, und das war ebenfalls ein Trost, aber er konnte sich immer noch nicht bewegen. Es war wie in einem der Träume, die er jeden Morgen in sein Traumbuch schrieb, und er staunte, wie friedlich plötzlich alles war, so friedlich, als gleite er mit einer goldenen Barke unter einer gesegneten Sonne über einen Fluss.
    Dies muss der Weg ins Paradies sein, dachte er, und er hieß ihn willkommen. Paradies.
    Sharpe empfand Bedauern, ja sogar Trauer um den sterbenden Mann. Er mochte ein mörderischer Feind gewesen sein, aber er war ein tapferer Mann gewesen. Tippu war mit dem rechten Arm unter dem Körper gefallen, und obwohl Sharpe vermutete, dass noch eine juwelenbesetzte Spange an diesem Arm war, versuchte er nicht, sie an sich zu nehmen. Tippu verdiente es, in Frieden zu sterben, und außerdem war Sharpe bereits reich genug, denn seine Taschen enthielten jetzt eine Riesensumme, und ein Lederbeutel mit Edelsteinen war unter seinem schäbigen Uniformrock verborgen, und so hob er seine leer geschossenen Musketen auf und platschte durch die blutigen Pfützen des Tunnels zu den vielen Toten, die im rauchgeschwängerten Sonnenschein lagen.
    Ein Sergeant des 12. Regiments, überrascht von Sharpes plötzlichem Auftauchen aus dem Tunnel, riss seine Muskete mit dem Bajonett hoch. Dann sah er Sharpes schmutzigen roten Rock und ließ die Waffe sinken.
    »Ist noch ein Lebender da drin?«, fragte der Sergeant und nickte in den Tunnel.
    »Nur ein fetter kleiner Kerl, der stirbt«, sagte Sharpe und stieg über die Barriere aus Toten.
    »Haben Sie irgendwelche Kriegsbeute gemacht?«
    »Nichts gefunden«, sagte Sharpe. »Nichts, was die Mühe wert wäre. Da ist es
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