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Shardik

Titel: Shardik
Autoren: Richard Adams
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aufschreiben.«
    Sie lächelte und sah ihm kopfschüttelnd zu, wie er schrieb.
    »Wenn du also in fünf Tagen noch hier bist«, sagte sie, »kannst du mit deinen Leuten unserer Frühlingsfeier beiwohnen. Es ist ein sehr großer Anlaß, es wird eine Menge – Zerstreuung geben und eine wunderschöne Feier am Flußufer; für uns zumindest, besonders für die Kinder, bedeutet sie sehr viel. Sharas Tag – da sieht man Gottes Flammen strahlen wie Sterne.«
    »Gottes Flammen?«
    »Das ist ein Scherz meines Mannes. Er nennt die Kinder ›Gottes Flammen‹. Aber ich sprach von der Feier. Ein großes Holzfloß wird mit Blumen und grünen Zweigen geschmückt, und dann schwimmt es brennend den Fluß hinunter. Manchmal sind drei oder vier Flöße beisammen. Und die Kinder formen Bären aus Ton und bestecken sie mit Blumen – Trepsis und Melikon, weißt du –, und dann, am Ende des Tages, legen sie sie auf flache Holzstücke und lassen sie stromabwärts treiben.«
    »Ist das eine Art Gedenkfeier?«
    »Nun ja – es erinnert an unseren Herrn Shardik und an Shara. Dieses Jahr kommt eine unserer alten Freundinnen zu Besuch hierher – wenn alles gutgeht, wird sie in zwei oder drei Tagen hier sein. Sie unterrichtete mich vor langer Zeit, als ich noch ein Kind war – «
    »Das ist nicht lange her.«
    »Danke. Ich mag Komplimente, besonders jetzt, da ich selbst zwei Kinder habe. Wenn du nicht gesund bist, würde ich dir raten hierzubleiben, dann kannst du sie um Hilfe bitten. Sie ist die größte Heilkundige in unserem ganzen Land. Tatsächlich kommt sie zum Teil aus diesem Grund – nicht nur zu der Feier, sondern um nach unseren kranken Kindern zu sehen. Gegen Ende des Winters gibt es immer eine ganze Anzahl.«
    Siristru wollte sie noch mehr fragen, da betrat der Statthalter wieder den Raum. Er hatte sich umgekleidet und trug nun ein einfaches schwarzes Gewand, auf dem nur auf der Brust der Bär mit den Kornähren in Silber gestickt war und das im Gegensatz zu dem prächtigen Kleid seiner Frau durch seine Schlichtheit seine ernsten, gefurchten Züge und seine beinahe mystisch wirkende Gelassenheit betonte. Siristru betrachtete sein Gesicht, als er den Blick senkte, um sich Wein einzugießen. Plötzlich wurde ihm klar, daß auch der Statthalter, wenn er auch nicht fließend sprach und keine Gedanken artikulierte, von metaphysischer Gemütsart war. Seltsamerweise fielen ihm die Zeilen des zakalonischen Dichters Mitran ein, die der Held Serat zu seiner Gemahlin nach der Liebesnacht spricht – »Ich wünsche nichts, ich brauche nichts, ich stehe im Mittelpunkt der Welt, wo Kummer Freude ist.« Doch bald blickte der Statthalter auf, die Becher klirrten und dröhnten auf dem Tablett, und der Zauber war gebrochen.
    Siristru machte eine schmeichelhafte Bemerkung über den Wein. Melathys entschuldigte sich und verließ sie, und der Statthalter lud ihn ein, Platz zu nehmen; gleich darauf begann er, von den Handelsaussichten zu sprechen, wie ein Bräutigam von seiner bevorstehenden Hochzeit reden mag. Siristru hatte sich von dem robusten Befehlshaber einer Grenzstadt wenig oder gar nichts erwartet, sah sich aber nun zu neuer Überlegung veranlaßt. Die Fragen des Statthalters folgten pfeilschnell aufeinander. Wie weit war es nach Zakalon? Wie viele ständige Lager oder Zwischenstationen würden für den Unterhalt einer dauernden Handelsroute erforderlich sein? Wie konnte Siristru sicher sein, daß es in der Wildnis keine feindseligen Einwohner gab? Angenommen, man konnte den Telthearna für den Transport stromabwärts benutzen, wie stand es damit stromaufwärts? Das Sprachenproblem – er könnte nötigenfalls vierzig ältere Kinder nach Zakalon schicken, um als Führer und Dolmetscher geschult zu werden. Kinder lernen rascher als Erwachsene; manche von seinen Schützlingen würden sich eine solche Chance nicht entgehen lassen. Welche Güter hatte Zakalon anzubieten? Pferde – was war das eigentlich genau? Er blickte Siristru erstaunt an, der es zu erklären versuchte, dann verwickelten sich beide in Sprachprobleme und lachten schließlich, als Siristru versuchte, mit dem Finger im vergossenen Wein ein Pferd zu zeichnen. Dann versprach er dem Statthalter, er werde gleich am nächsten Tag auf der einen oder anderen Flußseite einen Mann auf einem Pferd doppelt so schnell reiten sehen, wie er laufen könnte. Wenn das wahr sei, erwiderte der Statthalter, brauche Zakalon in den nächsten Jahren nicht weiter nach Waren zu suchen, die es für
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