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Shanghai Love Story

Shanghai Love Story

Titel: Shanghai Love Story
Autoren: Sally Rippin
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vorstellen, dass ich in irgendeinem Geschäft in Shanghai etwas finden werde, was mir passt. Die Mädchen hier sind so winzig. Ich fühle mich wie ein riesiger, schwitzender Hefekloß. Und alle tragen sie diese verspielten Kleidchen und hohe Absätze – ganz anders als ich in meinen Shorts oder Jeans. Ich frage mich, ob Chenxi Mädchen in Jeans mag.
    Der Wecker von Annas Vater schrillte durch die dünne Wand, und sie kroch aus dem Bett, um zu duschen, bevor er das Badezimmer mit Beschlag belegte. Als sie fertig war, zog sie ein Paar Shorts und ein T-Shirt an, die leichteste Kleidung, die sich in ihrem Koffer fand, und gesellte sich zu ihrem Vater in die Küche.
    Sie frühstückten zusammen. Müsli und Milch, Toast und Marmelade. Wenn man Devisen hatte, konnte man in den ausländischen Supermärkten einkaufen und die gleichen Lebensmittel essen wie zu Hause.
    Mr White drückte Anna ein paar weitere Geldscheine in die Hand, ehe er zur Arbeit ging. Anscheinend züchtete er sie in seiner Brieftasche. Dann gab er ihr noch ein paar Ratschläge. »Denk dran: Xiè xiè heißt Danke, und iss nichts von den Buden an der Straße. Im Hilton gibt es ein gutes Hamburger-Restaurant, wenn du Hunger bekommst.«
    Â»Schon gut, Dad. Ich bin doch mit Chenxi zusammen. Er holt mich heute ab und wir fahren zusammen zur Akademie.« Sie hatte beschlossen, dass es ratsam war, den gestrigen Zwischenfall nicht zu erwähnen, wenn sie wollte, dass ihr Vater Chenxi weiterhin als Übersetzer und Führer für sie beschäftigte.
    Â»Ja, ich weiß, Liebling. Es ist sicher ganz wundervoll, wenn du ein bisschen chinesische Malerei studierst, aber denke bitte nicht, dass du es tun musst. Ich habe etliche gute Videos hier und du kannst dir jederzeit ein Taxi nehmen und mit mir zu Mittag essen, wenn du möchtest. Du bist im Urlaub, vergiss das nicht. Am Freitagabend gehen wir zusammen ins Konsulat. Da kannst du ein paar ausländische Studenten in deinem Alter kennenlernen, mit denen du dich bestimmt anfreundest.«
    Â»Chenxi ist in meinem Alter, Dad. Er ist neunzehn«, sagte Anna zu ihrem Vater.
    Mr White stand vor dem Spiegel im Flur und rückte seine Krawatte zurecht. Er ignorierte ihren Einwand. »He, im Konsulat gibt es einen tollen Swimmingpool! Du solltest heute schwimmen gehen. Das wäre doch schön, oder? Es ist doch viel zu heiß, um den ganzen Weg zur Akademie mit dem Fahrrad zu fahren.«
    Anna ärgerte sich über diese Bevormundung. Warum dachte er bloß, dass sie genauso behütet und abgeschottet leben wollte wie er? Sie war doch nicht in China, um Australier kennenzulernen! »Ich kriege das schon hin, Dad. So weit ist es gar nicht. Chenxi hat mir gestern die Akademie gezeigt. Wir sind auf dem Weg zum Einkaufen daran vorbeigefahren.«
    Ihr Vater hörte immer noch nicht zu. Ihm war ein weiterer Gedanke gekommen. »Ich weiß, Liebes! Wir könnten doch einen der Lehrer aus der Akademie hierher einladen, in unser Apartment. Dann müsstest du nicht dorthin fahren. Und dieser Junge, dieser Chenksi, kann für dich übersetzen.«
    Â»Dad! Ich sagte, ich kriege das schon hin! Okay?«
    Â»Ja, sicher, natürlich kriegst du das hin. Aber denk dran, dass du dir die Nummer meines Büros aufschreibst, und nimm genug Geld mit, für den Fall, dass es Probleme gibt.« Er wischte sich mit dem Taschentuch den Mund ab. »Und kümmere dich nicht um den Abwasch. Das macht die Aiyi .«

    Nachdem er gegangen war, schlenderte Anna zum Wohnzimmerfenster, das zur Vorderseite des Gebäudes hinausging. Von hier aus konnte man jeden sehen, der das Haus betrat oder verließ. Sie sah, wie ihr Vater in den Fond des dunkelblauen Wagens mit den getönten Scheiben stieg, und dachte, wie lächerlich es doch war, dass er sich über sein Übergewicht beklagte. Wenn er mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren würde, wie die anderen sechzehn Millionen Einwohner Shanghais, wäre er genauso schlank wie sie. Stattdessen bezahlte er ein kleines Vermögen, um sich in einem exklusiven Sportstudio, das nur Ausländer als Mitglieder aufnahm, auf einem Trimm-Dich-Rad abzustrampeln.
    Es wurde halb acht, dann acht Uhr, dann neun. Anna war noch nie ein besonders geduldiger Mensch gewesen. Sie mochte es, sich auf etwas zu freuen, aber sie hasste es, warten zu müssen. Um halb zehn war ihr klar, dass Chenxi nicht kommen würde. Der Kurs hatte vor
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