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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet
Autoren: Douglas Coupland
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schon ein Hotelzimmer reserviert?« fragt Anna-Louise. Wir beide haben vor, übernächstes Wochenende hoch nach British Columbia zu fahren.
    »Ja, meine kleine Sprinterin.«
    »Ist das Hotel marginal? Es muß unbedingt marginal sein. Ich will Atmosphäre.« Marginal ist Anna-Louises Bezeichnung für traurige Schnellrestaurants im Stil der 50er Jahre, in denen die Kellnerinnen Marge heißen.
    »Ja, es ist marginal.«
    »Wie heißt es? Lucky Puppy? Plucky Ducky?«
    »Aloha.«
    »Es ist marginal.«
    »Tyler?«
    »Ja?«
    »Du bist meine Wohnwagensiedlung.« »Und du, Anna-Louise, bist mein Tornado.«
    Die Natur endet bald, als wir am eingegangenen Ridgecrest-Einkaufszentrum vorüberfahren, das halb mit Sperrholz verrammelt ist, der Parkplatz ist weitgehend verödet, während die Innenbeleuchtung der Passage unter dem pyramidenförmigen Dach tapfer brennt. Das Festzelt des Eightplex-Theaters, in dem Anna-Louise arbeitet, zeigt Temperatur und Zeit an: 52 Grad Fahrenheit, 4:04 p.m. Pacific War Time. (Also gut, Pacific Daylight Time.)
    »Ich frage mich«, sagt Anna-Louise, »ob die Zukunft wohl so aussehen wird wie das Ridgecrest-Einkaufszentrum.«
    »Wie meinst du das?«
    »Ach, du weißt schon, irgendwie improvisiert. Solide Zement- und Stahlstrukturen aus unserer Ära, aber mit Karton und Stroh für die Fenster. Exxon-Tankstellen mit strohgedeckten Dächern.«
    »Ziegenfütterung in den versiegten Brunnen des Modezentrums.«
    »Genau. Jahr 3001. Überall Scheiße. Mutanten kriechen durch die Trümmer auf der Suche nach Antibiotika. Neue Produkte werden nicht mehr hergestellt. Ich schätze, in unserer DNS steckt ein Fehler, der im Menschen den unüberwindlichen Drang bewirkt, ins finstere Mittelalter zurückzufallen.«
    Ich denke über ihre Worte nach. »Weißt du, Anna-Louise, ich hätte nichts dagegen, wenn die ganze Konsumwelt sich über Nacht puff, auflösen würde, denn dann säßen wir alle im selben Boot und das Leben wäre gar nicht so schlecht; man könnte mit Hühnern und Feudalismus und solchen Sachen rumpusseln. Aber weißt du, was das absolut Schrecklichste wäre? Das Schlimmste?«
    »Was?«
    »Wenn ich, während wir alle hier unten auf der Erde in Lumpen gehüllt in verlassenenen Baskin-Robbins-Filialen Schweine hielten, in den Himmel aufschauen und ein Flugzeug sehen sollte - auch wenn nur eine einzige Person an Bord wäre -, ich würde ausrasten. Ich würde völlig durchdrehen. Entweder alle fallen zurück ins Mittelalter, oder überhaupt niemand.«
    »Also, Tyler, wenn du nicht bald bessere Studiengewohnheiten an den Tag legst, werde ich diejenige in dem Flugzeug sein und du derjenige da unten auf der Erde, der die Schweine mit Abfall füttert.«
    »Dräng mich nicht, Anna-Louise. Mir geht viel durch den Kopf.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, daß ich heute abend Dan besuchen muß.«
    »Kann nicht wahr sein.«
    »Kann. Jasmine hat mich darum gebeten.«
    »Wann hat sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
    »Seit dieser Filzstift-Geschichte nicht mehr. Es liegt alles in den Händen der Rechtsanwälte. Nicht etwa, daß einer der beiden Geld hätte, um das man sich streiten könnte.«
    »Wie fühlt sie sich?«
    »Zwanzig Prozent Regenwahrscheinlichkeit. Sie hat mit den Fernsehmahlzeiten aufgehört und ist wieder bei Linsen. Wir dürfen seinen Namen sagen. Sie ist depressiv. Sie ist einsam. Sie behauptet, sie sei vergnügt, weil sie während der ganzen Geschichte nicht ein Pfund zugenommen hat. Sie trägt keinen Ring.«
    »Wie lange ist es jetzt her, daß er gegangen ist?«
    »Fünf Wochen. Was für ein Glück, daß wir den los sind.«
    »Du hast ihn seitdem nicht wiedergesehen?«
    »Nicht, seit ich nach Europa abfuhr, und das war im Juni.«
    »Hast du Angst?«
    »Ja.«
     
    Die Straße, auf der wir jetzt fahren, verläuft zwischen dem Ridgecrest-Einkaufszentrum und den Anlagen. Die einzige natürliche Landschaft auf dem ganzen Weg ist ein Mikrotal zwischen zwei lahmen Hügeln gleich hinter dem Ridgecrest; ein Mikrotal, das man hier am Ort Zwiebel-Canyon nennt, nach dem Gemüse, das dort wuchs, bevor man die Landschaft zur Auto-Einkaufszone erklärte und sie ebnete und formatierte. Die Straße ist breit und sanft geschwungen; wir nennen sie hier Route 666. Nach dem Zwiebel-Canyon gibt's nichts zu sehen, bis auf die Anlagen, so gute fünf oder sechs Musikstücke auf dem Tapedeck weiter entfernt.
    Heute nachmittag fahren Anna-Louise und ich zu unserem Stammlokal, Top's Restaurant, begründetermaßen besser
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