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Shampoo Planet

Shampoo Planet

Titel: Shampoo Planet
Autoren: Douglas Coupland
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hochgejagtes Büro herangezoomt, das einst von Rebellen benutzt wurde - Lammknochen und zersplitterte Tischreste stecken in ausgebrannten VDT-Compu-terbildschirmen; eine Supercomputerbank war als Übungs-Zielscheibe benutzt worden.
    »Dan war heute am Abend hier«, erzählt mir Ronnie. »Tatsächlich?« entgegne ich und kann mein Glück nicht fassen, daß ich ihn verpaßt habe. »Sieht so aus, als hätte er 'nen Job.« »Ach ja?«
    »Irgend so was wie 'n freiberuflich tätiger Vielfliegermeilen-Punktesammler-Makler. Wenn du zum Beispiel 210000 Meilen bei Delta Airlines hast, kannst du sie für 'ne Reise nach Thailand eintauschen. Oder sonstwohin.«
    »Ist das legal?«
    »Spielt das 'ne Rolle?«
    Ronnie ißt noch ein Ei. »Dan war aber nicht so ganz bei sich. Stockbesoffen. Hat auch nicht gerade viel Nettes über deine Mutter gesagt.« Ronnies Gesicht wird leicht herausfordernd. Wie viele Betrunkene weiß er, daß er ein kleines Geheimnis verraten hat, was nur dazu führen wird, ein anderes, größeres Geheimnis zu erzählen; und die Erleichterung darüber, es nicht verbergen zu müssen, ist so groß, daß sie sich auf seinem Gesicht widerspiegelt. Ich bleibe ganz cool. »Ja. Er sagte, der Sheriff sei heute bei ihm gewesen. Mit 'ner gerichtlichen Verfügung, ihn vom Haus fern zu halten.«
    »Oh?«
    »Hat ihm nicht sonderlich gefallen. Hat ihm überhaupt nicht gefallen.« Ronnie beobachtet genießerisch meine Reaktion. Ich selbst beschränke mich aufs Eindimensionale. »Sagte, deine Mutter sei seit einiger Zeit etwas schnippisch. Versuche ihn auszumerzen. Sagte, sie habe ihr Haar kurzgeschnitten - als hätte sie jetzt ihren Spaß mit anderen Dingen.«
    »Oh?«
    »Sagte, sie verdiene vielleicht 'ne Lektion.« »Lektion?«
    »Brauchte wohl 'n Souvenir. Sagte ja schon, er war betrunken.«
    »Souvenir?«
    »Da mußt du ihn fragen. Wie ich dir sage, du hast ihn knapp verpaßt. Ist vor 'ner Stunde weggefahren. Könnte auch bei deiner Mama vorbeigefahren sein. Vielleicht auch nicht. Daran gedacht hat er. Aber« (abfälliger Ton), »er hat ja immerhin diese gerichtliche Verfügung am Hals, nicht wahr? Er wird doch nicht gegen eine solche Verfügung verstoßen wollen? Sonst bekäme er doch was auf die Finger.«
    Ich laufe zum Parkplatz.
     

65
     
    Im Rachen verspüre ich den Geschmack von Eisen und kann auf der Rückfahrt keinen klaren Gedanken fassen. Mein Atem ist laut und regelmäßig, so deutlich und leicht zu hören, als schnorchelte ich unter Wasser.
    Lancaster ist kalt und leer. Als ich in unsere Einfahrt donnere, sehe ich, daß im Haus viel Licht brennt, diese Lichter jedoch unfähig zu sein scheinen, Wärme zu verbreiten. Dans Wagen steht in der Einfahrt.
    Mit einem Satz bin ich aus dem Wagen und schließe die Tür hinter mir überraschend ruhig. Mit Rauhreif überzogene Blätter bedecken den Rasen und knirschen wie zerbrochenes Glas unter meinen Schuhen, als ich auf die Haustür zugehe. Ich öffne die Tür.
    Innen läuft kein Fernseher. Die Katzen haben sich verdrückt, und alle Lampen in der Küche brennen. Ich höre das Summen des Kühlschranks, während ich den Flur hinuntergehe. Plötzlich höre ich ein dumpfes Krachen und rase die Treppe hinauf. Die Perlen vor Jasmines Zimmertür klappern; ich gehe durch sie hindurch und sehe Dan. Er hält Jasmines Arm hinter ihrem Rücken verdreht und versucht, mit einer schwarzen Schere ihr Haar abzuschneiden.
    »Nur eine Locke«, sagt er, ohne mich zu sehen. »Für meine Aussteuertruhe, okay, Baby?« Jasmine schweigt und wehrt sich, das verfilzte Haar klebt ihr im Gesicht. Ich zögere nicht eine Sekunde. Die Muskeln, die ich jahrelang sinnlos im Fitness-Studio trainiert habe, sind mir endlich von Nutzen. Dieser Nutzen besteht darin, Dan umzubringen.
    »Du...« platze ich heraus, während ich zum Bett renne, »laß ... meine ... Mutter... los.« Mit einem Ruck ergreife ich sein Haar, ziehe mit aller Kraft seinen Kopf zurück und ramme ihm gleichzeitig mein Knie in die Wirbelsäule, um ihn kaltzustellen.
    »Tyle!« schreit Jasmine auf und windet sich aus Dans Umklammerung, der, immer noch die Schere in der Hand, versucht, sich herumzudrehen. Ich ergreife seine rechte Hand und schlage sie auf ein Wasserglas neben dem Bett, Blut spritzt hoch wie aus einem Rasensprenger, aber er hält immer noch die Schere fest. Der Schwung begünstigt Dans Position, und er dreht mich herum, hinunter auf den Boden und auf den Rücken, wobei er eine Schachtel mit Schmuck und Kosmetik umstößt. Er
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