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Shadow Touch

Titel: Shadow Touch
Autoren: Marjorie M. Liu
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wahrscheinlichsten, einen Geheimbund fetter alter Männer, die sie für das perfekte Experiment nutzten.
    Elena schloss die Augen und verschränkte ihre Hände, Handfläche an warmer Handfläche. Sie hatte immer gewusst, dass sie irgendwann entdeckt werden könnte. Nur dass es so geschähe, damit hatte sie nicht gerechnet. Eher mit dem Titelbild eines Revolverblattes, das als Einpackpapier in einem Lebensmittelladen benutzt wurde. Darauf erschien sie zusammen mit dem Werwolf-Kind, das aus der Liebesbeziehung eines US-Präsidenten mit Marilyn Monroe entstanden war. Wer sonst würde sie schon ernst nehmen? Wer würde selbst in seinen wildesten Träumen glauben, dass Menschen Wunder wirken konnten?
    Jemand hat es geglaubt. Und zwar jemand mit den Möglichkeiten, die Statistiken auszuwerten und den gemeinsamen Nenner bis auf dich selbst einzugrenzen. Eine Frau unter Milliarden, und nur, weil du nachlässig geworden bist.
    Zu viele Kinder, zu viele unerklärliche Heilungen. Milwaukee und Madison waren einfach zu klein für das, was sie tat, aber sie lagen dicht an ihrem Zuhause, und Elena hatte nicht genug Geld, ihren Wirkungskreis auszuweiten, nicht einmal bis nach Chicago. Allein die Autobahnzölle würden sie ruinieren. Sie besaß kaum genug Geld, um sich satt zu essen. Jeden Cent, den sie besaß, steckte sie in die Farm oder verwendete ihn, um mobil genug zu bleiben und ihre Gabe nutzen zu können. Auch wenn sie jetzt alles andere als mobil war.
    Elena warf einen Blick in den Spiegel. Die Schwellung in ihrem Gesicht war so groß wie ein Apfel. Ihr langes braunes Haar ähnelte einem Rattennest. Ihr Körper war teigig und ein bisschen wabbelig, und sie trug nicht einmal ihre beste Unterwäsche. Eine Tragödie!
    Ihr Herz stimmte ihr zu. Sie kämpfte um Ruhe, um Kontrolle, versuchte, an andere, erfreulichere Dinge zu denken. Sie wusste, was es war, sie hatte in den medizinischen Magazinen im Krankenhaus über Panikattacken gelesen. Aber trotz dieses Wissens gab es Momente, in denen es so schlimm wurde, dass sie am liebsten gejammert und mit den Zähnen geknirscht, nach Hilfe gerufen hätte, denn es war nicht nur ihr rasendes Herz; ihr schnürte sich auch die Kehle zusammen, ihr war kalt, und ihr stieg die Galle in den Mund. Sie hatte das Gefühl, einen Herzinfarkt bekommen zu haben, und dieser Gedanke, auch wenn sie es sich nur einbildete, machte ihr noch mehr Angst als ihre Gefangenschaft. Sie wollte lieber leben als sterben, selbst wenn das bedeutete, in einem Gefängnis als menschliches Experiment zu existieren. Sie wollte leben.
    Außerdem hätte sie sich gerne selbst geheilt, aber das war einfach nicht möglich. Ironisch, verheerend typisch. Sie hätte sich am liebsten dafür gehasst, wäre sie nicht zu praktisch veranlagt gewesen. Es gab so viele andere Menschen auf der Welt, die man hassen konnte, den Arzt zum Beispiel, oder diese Schläger, die vorgaben, Pfleger zu sein, oder die Person, die befohlen hatte, sie herzubringen. Es war so einfach.
    Atme, befahl sie sich. Sie wünschte, jemand würde die Temperatur in dem Raum senken. Kalte Luft war besser für die Lungen. Kalte, schneidende Luft, wie in Wisconsin, wo im Winter die Rotze in der Nase gefror und Fleisch sich innerhalb von Minuten in Eis verwandelte. Guter Schnee und ein klarer, frischer und entzückender Himmel.
    Ihr Herz hämmerte und pochte. Keine Panik, keine Panik, konzentrier dich, ganz ruhig. Das ist nicht der richtige Moment, um durchzudrehen oder hysterisch zu werden, nur weil außer dir niemand hier ist. Also musst du stark sein, du musst eine Ein-Mann-Armee sein, du musst durchhalten, damit dein Geist einen Plan schmieden kann, wie du hier herauskommst. Du musst hier herauskommen ...
    Es wurde besser. Schließlich fühlte sie sich so gut, dass sie zu einem Ball zusammengerollt einschlafen konnte. Schlaf half. Sie träumte nicht. Als sie die Augen aufschlug, befand sie sich immer noch in einem Albtraum, aber ihr Herz raste nicht mehr und sie bekam Luft. Ein Anfang. Und mehr konnte sie gar nicht erhoffen. Kleine Wunder, Stück um Stück. Winzige Triumphe. Du kannst nur darum bitten, gesund zu bleiben, hatte ihr Großvater gern gesagt.
    Elena lag auf der Matratze und lauschte ihrem Herzschlag, der markierte, wie ihr Leben verstrich. Sie lauschte ihm sehr lange.
    Der Arzt hatte gelogen. Es verging sehr viel Zeit, ohne dass neue Tests angesetzt wurden. Vielleicht jedoch beobachtete er sie von der anderen Seite der verspiegelten Scheibe, weil ihre
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