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Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)

Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)

Titel: Shadow Guard: Die dunkelste Nacht (German Edition)
Autoren: Kim Lenox
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grauem Haar und verwitterten Zügen hielt den jungen Mann mit einer blitzschnellen Handbewegung und einem leisen Wort auf.
    Rourke nickte, als er vorbeiging. »Mr McGregor.« Ein kurzes Aufblitzen von Respekt erhellte leuchtend blaue Augen, und die gebeugten Schultern strafften sich stolz. »Euer Durchlaucht.«
    Sterbliche Geister hatten Mühe, die Lebensart von Amaranthinern zu begreifen. Ihre zerbrechlichere Psyche war außerstande, Erinnerungen an Unsterbliche über eine längere Zeit aufrechtzuerhalten, eine Trübung von Gedanken, die es Alten leicht machte, sich von Jahr zu Jahr, von Jahrzehnt zu Jahrzehnt in der Gesellschaft zu bewegen, ohne dass Verdacht aufkeimte, was ihre Identität und das ausbleibende Altern betraf. Doch für administrative Zwecke wurde einer auserwählten Schar von Sterblichen in Schlüsselpositionen der Regierung, die ihr Vertrauen genossen, die Fähigkeit der Rückerinnerung gewährt. McGregor war ein solcher Sterblicher. Rourke hatte McGregor seinerzeit als milchgesichtigen jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren kennengelernt, frisch rekrutiert für die Leibwache. Jetzt, mit vierundsechzig, war McGregor ihr ältestes Mitglied.
    Schwere, quastenbesetzte Schnüre hielten die seidenen Zeltlaschen zurück, was Vorbeigehenden lediglich einen verlockenden Blick auf das Innere gewährte. Rourke nahm seinen Hut ab und bückte sich, um das Festzelt zu betreten. Er registrierte sofort eine ganze Reihe von Dingen. Erstens, dass es im Zelt von allen möglichen bedeutenden englischen und europäischen Edelleuten wimmelte – Personen, die er nicht kannte, über die alles zu wissen er sich aber wegen ihrer Nähe zu der Monarchin, die zu beschützen sein Orden der Raben geschworen hatte, zur Aufgabe gemacht hatte. An dem Fest nahmen der König von Dänemark teil, der König und die Königin von Belgien und der Großherzog Serge von Russland, um nur einige zu nennen.
    Zweitens bemerkte er, dass Erik und Flynn, die beiden stahläugigen Raben, die er dem Fest zugeteilt hatte, im Schatten zu beiden Seiten der Königin gleich hinter ihr standen.
    Und drittens, dass die siebzigjährige englische Monarchin, die auf einem Rattansessel saß, seine Ankunft bemerkte und in hohem Bogen scharlachrote Bowle auf den Aubusson-Teppich zu ihren Füßen spuckte.
    Es war nicht die Begrüßung, auf die er gehofft hatte.
    Eine elegante blonde Frau …
    Blond, ja – aber nicht mit diesem speziellen Blondton.
    … in einem grün gestreiften Gewand eilte ihr zu Hilfe, gefolgt von der Tochter der Königin, der Prinzessin Beatrice. Der Prinz von Wales löste sich aus einem Kreis von Herren, um sich nach dem Wohlergehen seiner Mutter zu erkundigen. Alle anderen sahen von der anderen Seite des Zelts her zu; sie standen vor einem überladenen Buffet mit tranchiertem Rindfleisch, Champagnerflaschen und Süßigkeiten, und schon machten verwirrte Fragen zu Rourkes Ankunft und der dramatischen Reaktion der Königin die Runde.
    »Gut gemacht, Avenage«, murmelte eine Männerstimme neben ihm. »Es scheint, von Ihrem Auftritt ist die Königin wie vom Schlag getroffen.«
    Schon wieder Archer.
    Rourke nickte knapp, bevor er stumm fragte:
Warum? Warum bist Du hier?
    Dunkle Brauen ruckten in die Höhe.
Es beglückt meine Frau, dass wir an dem Fest teilnehmen dürfen.
    Lord Blacks silbriger Blick wanderte besitzergreifend zu der Blondine, die der Königin ein frisches Glas Punsch brachte. Jetzt nahm sich Rourke die Zeit, ihr Gesicht richtig zu betrachten, und er erinnerte sich, dass er sie tatsächlich schon einmal gesehen hatte. Sogar nur wenige Wochen zuvor, im Uhrenturm von Westminster, zusammen mit den Lords Black und Alexander und der Gräfin Pawlenko – und einer Heerschar schäumender, argwöhnisch umherwirbelnder transzendierter Seelen. Das war eine ganz andere Art Fest gewesen – es hatte dazu geführt, dass die Gräfin jetzt im Hauptquartier der Raben im Tower von London schlief.
    Lady Black richtete den Blick ihrer zweifarbigen Augen – eins blau und eins braun – auf ihren Ehemann, und sie lächelte strahlend, ein intimer Blick voll geheimen Glücks. Sofort wusste Rourke, was es war, das Black so dringend wollte. So sehr, dass er seine einsiedlerische Natur hintenangestellt hatte und an dem alljährlichen Gartenfest der Königin teilnahm. Bei dieser Beobachtung verhärtete sich Rourkes Herz noch ein klein wenig mehr.
    Die Monarchin, die immer noch saß, nahm das Glas entgegen und schenkte Lady Black ein huldvolles, aber
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