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Sex and the Office

Sex and the Office

Titel: Sex and the Office
Autoren: Eva Sternberg
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flüchtigen Blick über die Schulter, dass mich niemand beobachtete, und beschloss, mich in seinem Büro einmal umzusehen. Vorsichtig schloss ich die Tür hinter mir und machte mich daran, Sieberts Schreibtisch zu inspizieren. Mal sehen, da waren Urlaubspläne, Zigarren und etliche Ausgaben der AutoMotorSport . In der untersten Schublade stieß ich auf ein Verzeichnis, in dem sämtliche Mitarbeiter aufgelistet waren, die in den vergangenen drei Jahren bei NEWS direct tätig gewesen waren. Ich steckte die Liste ein und wollte gerade wieder verschwinden, da hörte ich just in dem Moment, wie Benno Siebert sich lautstark mit Claudia Krüger auf dem Flur unterhielt. Die Stimmen kamen deutlich näher. Au, shit! Blitzschnell trat ich zurück und verschanzte mich hinter der Tür, die sich Augenblicke später öffnete. Der Personalleiter und Leon Wenzels Assistentin betraten das Büro. Ich hielt den Atem an und betete, dass sie mich hinter der Tür nicht entdeckten. Da hörte ich, wie Claudia Krüger von exorbitanten Spesenabrechnungen des Redaktionsleiters berichtete, woraufhin Siebert vorschlug, weitere Einsparungen bei den Praktikanten vorzunehmen. War das zu fassen? Ich kochte innerlich und musste mich regelrecht dazu zwingen, den Mund zu halten. Kaum hatten der Personalleiter und Leon Wenzels Assistentin den Raum wieder verlassen, riskierte ich erneut einen Blick in die Liste. Zu meiner Verwunderung waren neben den Kameraleuten und Redakteuren auch Reinigungskräfte, Postboten und Praktikanten verzeichnet, doch ein Volontär oder eine Volontärin war mit keinem Wort erwähnt. Allmählich ergab alles einen Sinn, und rund zwei Monate nach Beginn meines Praktikums bei NEWS direct wusste ich, was alle anderen schon vorher gewusst hatten: Es gab überhaupt keine Volontärstelle. Hatte es nie gegeben, und war offenbar auch nicht vorgesehen. Nach und nach wurde mir die ganze Tragweite dieser miesen Ausbeute bewusst, auf die auch ich hereingefallen war.
    Wutschnaubend steuerte ich abermals auf das Büro von Leon Wenzel zu, da sah ich diesen mit einer Entourage von Kollegen im Konferenzraum verschwinden. Ich blieb stehen und dachte über meine nächsten Schritte nach, als mir unverhofft etwas ins Auge fiel. Leon Wenzels Blackberry, den er stets hütete wie seinen Augapfel, lag herrenlos auf dessen Schreibtisch. Ich kniff die Augen zusammen und dachte scharf nach. Jeder Mensch hatte etwas zu verbergen und so eine Situation käme garantiert nie wieder. Ich wartete noch, bis die Tür zum Konferenzraum geschlossen wurde, dann blickte ich mich erneut um, huschte in das Büro des Chefredakteurs und durchforstete neugierig den Blackberry von Leon Wenzel. Anruflisten, Adressverzeichnisse, Notizen diverser Meetings. Langweilig, langweilig, langweilig. Ich wollte den Blackberry gerade zurücklegen, da machte ich plötzlich eine hochinteressante Entdeckung: Im Ordner »Privates« hatte Leon Wenzel die Namen sämtlicher Praktikantinnen der letzten Jahre abgespeichert, inklusive Bewerbungsfoto und Handynummer. Doch was dann kam, setzte dem Ganzen die Krone auf und war alles andere als jugendfrei: Leon Wenzel hatte die Namen jener Damen fein säuberlich in einer Tabelle aufgeführt und deren »außerbetriebliche Leistungen« mit Schulnoten eins bis sechs bewertet. Mein Name war ebenfalls aufgelistet, allerdings noch ohne Bewertung. Geschockt sah ich auf und brauchte eine Weile, um mich wieder zu fassen. Na warte! Nicht ohne mir das brisante Beweismaterial vorher per E-Mail weitergeleitet zu haben, lief ich im Stechschritt zum Konferenzraum, riss die Tür auf und gab Leon Wenzel, der am Kopfende des Konferenztisches Platz genommen hatte, mit einem Fingerzeig zum Korridor zu verstehen, das Meeting zu unterbrechen. Doch der Chefredakteur schenkte mir keinerlei Beachtung. Erst als ich mit spitzen Fingern seinen Blackberry in die Höhe hielt, wurde sein Gesicht plötzlich aschfahl.
    »Dass Sie Praktikanten als billige Arbeitskräfte ausbeuten ist ja nichts Neues«, blaffte ich, als ich ihn wenig später in seinem Büro zur Rede stellte.
    »Aber dass Sie nicht einmal davor zurückschrecken, sich die Damen auch ›anderweitig‹ gefügig zu machen, indem Sie mit einem Volontariat winken, ist wirklich das Letzte!«
    Er machte ein zerknirschtes Gesicht. »Charlotte, Sie müssen mir glauben – mit Ihnen war das etwas anderes.«
    »Vergessen Sie’s – ich falle auf Ihre billigen Tricks nicht länger rein!«
    Leon Wenzel starrte mich an, als hätte
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