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Seuchenschiff

Seuchenschiff

Titel: Seuchenschiff
Autoren: Clive Cussler
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weit entfernt von den Reflexionen des Mondlichts auf dem Wasser.
    »Herr Hauptmann!«, rief Kessler über den Bordfunk. »An Steuerbord, etwa bei drei Uhr.«
    »Was haben Sie gesehen?« Das aufflackernde Jagdfieber ließ Lichtermanns Stimme vibrieren.
    »Ich bin mir nicht ganz sicher, Herr Hauptmann. Irgendetwas. Es war so etwas wie ein heller Schimmer.«
    Lichtermann und Ebelhardt starrten dorthin in die Dunkelheit, wohin der junge Kessler gedeutet hatte. Aber da war nichts zu sehen.
    »Sind Sie sicher?«, fragte der Pilot.
    »Das bin ich«, erwiderte Kessler und verlieh seiner Stimme einen forschen, selbstsicheren Klang. »Ich sah es, als wir wendeten. Der Winkel veränderte sich, und ich bin sicher, dass ich etwas gesehen habe.«
    »Etwa den Konvoi?«, fragte Ebelhardt unfreundlich.
    »Das kann ich nicht genau sagen«, gab Ernst Kessler zu.
    »Vogel, werfen Sie das Funkgerät an«, sagte Lichtermann und schickte den Bugschützen Josef Vogel auf seinen Zusatzposten, während er die Maschine abermals in die Kurve legte. Der Pilot schob die Gashebel nach vorn, und das Dröhnen der BMW-Sternmotoren wurde deutlich lauter, als die Drehzahl der Propeller zunahm.
    Max Ebelhardt presste ein Fernglas gegen die Augen und suchte die schwarze See ab. Mit gut dreihundert Stundenkilometern einem möglichen Kontakt entgegenrasend, sollte der Konvoi eigentlich jeden Moment in sein Blickfeld geraten. Doch als sich die Sekunden zu Minuten addierten und nichts zu sehen war, ließ er das Fernglas wieder sinken. »Es muss wohl eine Welle gewesen sein«, sagte er, ohne das Mikrofon des Bordfunks einzuschalten, so dass nur Lichtermann ihn hören konnte.
    »Schauen Sie noch mal nach«, erwiderte Lichtermann. »Kessler kann auch im Dunkeln sehen, wie eine verdammte Katze.«
    Die Alliierten hatten bemerkenswerte Arbeit geleistet, indem sie ihre Frachtschiffe und Tanker mit einem vollendeten Tarnanstrich versehen hatten, um die Schiffe bei Tag aus der Luft so gut wie unsichtbar zu machen. Aber nichts konnte einen Konvoi bei Nacht verbergen, da das Kielwasser hinter den Schiffen stets als weiße Linie auf dem Ozean zu erkennen war.
    »Ich fasse es nicht«, murmelte Ebelhardt und deutete dann durch die Windschutzscheibe.
    Zuerst war es nur ein grauer Fleck auf dem ansonsten dunklen Wasser, doch als sie näher kamen, löste sich das Grau zu Dutzenden weißer Streifen auf, die so scharf und deutlich wurden wie Kreidestriche auf einer schwarzen Wandtafel. Es waren die Kiellinien einer Armada von Schiffen, die mit Volldampf nach Osten unterwegs waren. Aus der Flughöhe der
Condor
betrachtet, erschienen die Schiffe wie eine dahinziehende Herde Elefanten.
    Die
Condor
flog noch näher heran, bis es der helle Mondschein der Mannschaft gestattete, zwischen den langsamen Frachtern und Tankern und den schmalen Kiellinien der Zerstörer zu unterscheiden, die wie Zaunpfähle jede Flanke des Konvois abdeckten. Die Männer konnten verfolgen, wie einer der Zerstörer an der Steuerbordseite des Konvois mit hoher Geschwindigkeit entlangdampfte, wobei dicke Qualmwolken aus beiden Schornsteinen in den Nachthimmel stiegen. Als der Zerstörer die Spitze des Konvois erreicht hatte, verlangsamte er seine Fahrt und ließ die Frachter in einem Manöver, das die Alliierten einen »Indian Run« nannten, an sich vorbeiziehen. Am Ende des etwa anderthalb Kilometer langen Konvois beschleunigte der Zerstörer wieder und wiederholte das Manöver in einem endlosen Kreislauf. Auf diese Art und Weise wurden weniger Kriegsschiffe benötigt, um die Konvois zu sichern.
    »Das müssen da unten an die zweihundert Schiffe sein«, schätzte Ebelhardt.
    »Genug, um die Rote Armee über Monate mit Material zu versorgen«, meinte der Pilot. »Vogel, was bekommen Sie über Funk rein?«
    »Im Augenblick nichts als Rauschen.«
    Atmosphärische Störungen waren so weit oberhalb des Polarkreises ein allgemein bekanntes Problem. Elektrisch aufgeladene Partikel, die auf das Magnetfeld der Erde trafen, wurden an den Polen angezogen und ließen die Vakuumröhren der Funkgeräte verrückt spielen.
    »Wir bestimmen unsere Position«, sagte Lichtermann, »und geben unsere Meldung durch, wenn wir näher an der Basis sind. Hey, Kessler, gut gemacht. Wir wären schon beinahe umgekehrt und hätten den Konvoi übersehen, wenn Sie nicht gewesen wären.«
    »Danke, Herr Hauptmann.« Der Stolz, der in der Antwort des jungen Mannes mitschwang, war unüberhörbar.
    »Ich brauche genauere Angaben über die
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