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Seuchenschiff

Seuchenschiff

Titel: Seuchenschiff
Autoren: Clive Cussler
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davonzukommen.
    Er drückte den Steuerknüppel mit Gewalt zur Seite und kämpfte gegen die Trägheit der
Condor.
Eine Kurve zu fliegen, hatte zur Folge, dass die Tragflächen an Auftrieb verloren. Der Zeiger des Höhenmessers begann doppelt so schnell rückwärts zu rotieren, wie in der Zeit, als er die
Condor
auf geradem Kurs gehalten hatte. Es gab nichts, was Lichtermann dagegen hätte tun können. Es war reine Physik.
    Das große Flugzeug pflügte durch die Luft und kehrte auf nördlichen Kurs zurück. Der Berg, der den Gletscher vor Lichtermanns Sicht verborgen hatte, ragte nun vor ihm auf. Er dankte stumm dem Himmel für das helle Mondlicht, denn bei seinem Schein konnte er am Fuß des Berges ein jungfräulich weißes Feld ausmachen. Es war eine Fläche Gletschereis von mindestens anderthalb Kilometern Länge. Von dem Gebäude, das Kessler entdeckt hatte, war keine Spur zu sehen, aber das machte jetzt nichts. Er konzentrierte sich ausschließlich auf die Eisfläche.
    Sie stieg fast auf ihrer gesamten Länge vom Meer leicht an und schien von einer Spalte an der Bergseite herabzufließen. Dort bildete das Eis eine fast senkrechte Wand, die so dick war, dass sie im ungewissen Licht blau erschien. Ein paar Eisberge trieben in dem langgestreckten Fjord.
    Die
Condor
sank schnell. Lichtermann war kaum hoch genug, um eine letzte Kurve zu fliegen und den Gletscher anzusteuern. Sie sackten tiefer als die Bergspitze. Der vom Gletscher glatt geschliffene Fels schien weniger als eine Armlänge vom Tragflächenende entfernt zu sein. Das Eis, das aus tausend Fuß Flughöhe glatt ausgesehen hatte, erschien nun zunehmend rauer, je tiefer sie sanken, wie kleine Wellen, die blitzartig gefroren waren. Lichtermann verzichtete darauf, das Fahrwerk auszufahren. Wenn eine Verstrebung abriss, während sie aufsetzten, würde sich die Maschine nur überschlagen und auseinanderbrechen.
    »Festhalten«, sagte er. Seine Kehle war so trocken, dass diese Warnung nicht mehr als ein halblautes Krächzen war.
    Ernst Kessler war aus seiner Kanzel nach oben geklettert und hatte sich auf dem Sitz des Funkers angeschnallt. Josef Vogel besetzte mit Lichtermann die Pilotensessel. Die Skalen des Funkgeräts leuchteten weiß. In diesem Bereich gab es keine Fenster, daher war das Innere des Flugzeugs dort pechschwarz. Nachdem er die Warnung des Piloten gehört hatte, krümmte sich Kessler zusammen, legte die Hände um seinen Hals und verschränkte sie im Nacken. Gleichzeitig hielt er mit den Ellenbogen seine Knie zusammen, wie man es ihm beigebracht hatte.
    Ein Gebet kam über seine Lippen.
    Die
Condor
berührte den Gletscher kurz, wurde vier, fünf Meter hoch geworfen und setzte dann um einiges heftiger auf. Der Klang von Metall, das über Eis rutschte, glich dem eines Eisenbahnzugs, der durch einen Tunnel rast. Kessler wurde wuchtig gegen die Sicherheitsgurte geworfen, wagte es aber nicht, sich aus seiner fetalen Haltung aufzurichten. Das Flugzeug prallte mit derartiger Wucht auf ein Hindernis, dass Funkbücher aus den Ablagefächern rutschten und durch die Kabine flogen. Die Tragfläche schlug aufs Eis, und das Flugzeug begann sich zu drehen und sich dann – Trümmer für Trümmer – in seine Einzelteile aufzulösen.
    Er wusste nicht, was besser war: allein im Rumpf der Maschine zu hocken und nicht zu wissen, was draußen passierte, oder im Cockpit zu sitzen und zusehen zu müssen, wie die
Condor
auseinanderfiel.
    Unter der Stelle, wo Kessler saß, ertönte ein Krachen, und ein Schwall eisiger Luft drang in den Flugzeugrumpf. Die Plexiglasscheibe der vorderen Schützenkanzel war nach innen gedrückt worden. Eisbrocken, die vom Gletscher abgeschält wurden, wirbelten durch das Flugzeuginnere, und dennoch fühlte es sich nicht so an, als würden sie langsamer.
    Dann ertönte der bislang lauteste Knall, eine von den Felswänden widerhallende Explosion. Nun breitete sich sofort der beißende Geruch von Flugbenzin aus. Kessler wusste, was geschehen war. Eine der Tragflächen hatte sich ins Eis gegraben und war abgerissen worden. Obgleich Lichtermann den größten Teil ihres Treibstoffs abgelassen hatte, war in den Leitungen noch genug zurückgeblieben, um für akute Brandgefahr zu sorgen.
    Das Flugzeug setzte seine Schlittenfahrt über den Gletscher fort, angetrieben von seinem eigenen Schwung und die leicht abfallende Eisfläche. Aber es wurde endlich langsamer. Nachdem die Backbordtragfläche abgebrochen war, änderte sich auch die Richtung, in die das
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