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Im Sturm der Sinne

Im Sturm der Sinne

Titel: Im Sturm der Sinne
Autoren: Cynthia Breeding
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Prolog
    Gaul, im Jahre 532
    D eidre von Languedoc lehnte sich an die sonnenwarmen Steine am Ufer der Garonne und schloss vorsichtig das uralte Buch mit den brüchigen Pergamentseiten. Ihre Finger glitten über die lateinischen Lettern, die auf das weiche, alte Leder eingeprägt waren.
Locus Vocare Camulodunum.
»Ein Ort namens Camelot.« Deidres kornblumenblaue Augen leuchteten auf. Im Gegensatz zu Gaul, mit den endlosen Streitereien unter den vier Söhnen des verstorbenen Königs Clovis, war Camelot auf der anderen Seite des Kanals offenbar ein Ort der Ruhe, wo vornehme Edelmänner die Frauen respektierten und verehrten wie zu den Tagen, als die Göttin noch ihre volle Macht hatte. Ach, könnte Deidre doch nur dort sein.
    Beim Gedanken daran, wie sehr ihre Mutter, die Hohepriesterin der Isis, gezürnt hatte, als sie das Buch – oder vielmehr DAS BUCH wie es Deidre gerne nannte – anstelle des Steins der Weisen in der Grotte tief im Inneren einer versteckten Höhle, gefunden hatte, runzelte sie unwillkürlich die Stirn. Ihre Mutter hatte den alten Zauberer, der sich nahe dem Schrein eingerichtet hatte, beschuldigt, es gestohlen zu haben. Sie durchsuchte seine Habseligkeiten, jedoch ohne etwas zu finden. Am nächsten Morgen allerdings war er verschwunden. Auch Deidres aufkeimende Gabe als Seherin gab ihnen keinen Hinweis darauf, wo er sein könnte. In den letzten beiden Jahren war es dem Zauberer gelungen, sich selbst und den Stein erfolgreich verborgen zu halten.
    Der Stein gehörte zu den verlorenen Schätzen Salomons: Die Symbole der Heiligen Geometrie, die alles Leben bestimmen und in denen die Summe aller Weisheit eingebettet war. Deidre hatte ihn noch nie gesehen, denn mit ihren zwölf Jahren war sie noch zu jung gewesen, um in die Rituale eingeführt zu werden. Aber es war Aufgabe und Ehre ihrer Mutter, den Stein zu schützen, denn er war bei ihrem Volk gewesen, seit Magdalena und ihre Tochter Sarah ihn bei ihrer Flucht aus Judäa mit sich gebracht hatten. Auch die Blutlinie der Heiligen Familie führte direkt über den Stein, denn im Kreise der Göttin galt Magdalena als Nachfahrin von Isis selbst.
    Jetzt war der Stein verschwunden, und ihre Mutter war tot. Nach zwei Jahren, in denen der Stein unauffindbar geblieben war, wuchs ihre Verzweiflung darüber, dass der Stein womöglich für immer versteckt bliebe, so sehr, dass sie sich von einer Klippe hoch über den warmen Wassern des Mittelmeers gestürzt hatte, aus deren dunklen Tiefen sie nie wieder aufgetaucht war. Und Deidre wurde zu ihrem Cousin Childebert geschickt, an den Hof des christlichen Königs in Paris.
    Sie rümpfte die Nase und warf trotzig ihr langes blondes Haar zurück. Allen Gerüchten am strengen christlichen Hof zufolge würde es zu Beltane weder eine rituelle Paarung geben – und jetzt, in ihrem vierzehnten Jahr, wäre das ihr erstes Fest gewesen – noch irgendeine andere Feier zu Ehren der Göttin. Typisch, dachte sie. Gerade, als sie alt genug geworden war, um herauszufinden, worüber all die jungen Priesterinnen ihrer Mutter am Morgen nach solchen Feierlichkeiten gekichert hatten.
    Deidre hatte immer davon geträumt, dass es ihr, wenn sie mündig würde, erlaubt wäre, ihren Gemahl nach den Alten Riten zu wählen, wie es ihre Mutter mit dem Kelten Caw von Piktland getan hatte. Das Buch hatte ihren jugendlichen Geist mit noch prächtigeren Gedanken erfüllt. Der junge Mann, den sie wählen würde, wäre anmutig und stark und ganz seinem Gelübde ergeben, genau wie die Ritter der Tafelrunde.
    Deidre hielt das Buch fest in den Armen, als sie aufstand. Sie würde es in ihrer Truhe verstecken, und die Geschichten des ehrwürdigen Artus, des edlen Gawain, des unerschütterlichen Bedwyr und des unwiderstehlichen Lancelot wieder und wieder lesen. Das Buch war Symbol für ihre Hoffnung, dass auch sie eines Tages ihren wahren und edlen Ritter finden würde.

[home]
    Kapitel 1
    Beltane
Schottland, zehn Jahre später
    D er Geruch von Sex und Moschus erfüllte die kühle Nachtluft, hinterlegt von kehligem Grunzen, leisen Seufzern, schwerem Keuchen und schnellem Atmen. Vorsichtig schob Deidre den Farn zu Seite und spähte auf die geschützte Lichtung, über die sich ein schwarzer, samtiger mit diamantenen Sternen übersäter Himmel wölbte. Alles hatte ganz harmlos begonnen. Doch in der vorigen Nacht hatte sie ihre Eskorte und ihre Münzen verloren und hatte sich selbst gerade noch vor einer Entführung retten können. Sie würde kein Risiko
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