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Serum

Serum

Titel: Serum
Autoren: R. Scott Reiss
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ist ein Mensch offen für Möglichkeiten, und andere, da ist eine Gelegenheit nur eine zusätzliche Belastung. Ich wusste inzwischen, dass es Grenzen im Leben gab, nach deren Überschreiten eine Umkehr unmöglich ist, ganz gleich, wie sehr man es sich wünscht. Es ist wie in meinem Garten. Im Winter sterben die Pflanzen. Sie sind nie dieselben, wenn sie zurückkehren. Sie sehen nur so aus.
    Ich seufzte. Mir war heiß. Lange Zeit hatte ich nur so dagesessen. Ich ging nach oben, um mir das Gesicht zu waschen, blickte aus dem Badezimmerfenster und sah zu meiner Überraschung Gabrielle immer noch im Wagen sitzen.
    Genau wie ich starrte sie einfach nur ins Leere.
    Meine Hände schienen ein Eigenleben zu entwickeln, als sie die Schublade aufzogen, in der die kleine blaue Kapsel lag, der letzte Rest, das winzige Überbleibsel einer Chemikalie, die das menschliche Gehirn in etwas Besonderes verwandelte. Ich betrachtete die letzten paar Milligramm Enhance, die ich in einem unbeobachteten Moment in einem Astloch hinter dem Stacheldrahtzaun von Naturetech versteckt hatte, bevor Danny und Gabrielle mir zum Wagen halfen. Nach meinem Krankenhausaufenthalt und Verhören durch ein halbes Dutzend Sicherheitsbehörden war ich eines Nachts allein zurückgefahren und hatte es geholt.
    Es reichte gerade für eine Dosis.
    Einen Schuss.
    Gabrielle saß immer noch draußen …
    Was sie wohl dachte?
    Ich klappte den Toilettendeckel hoch, knackte die Kapsel auf und schüttete das Pulver in die Schüssel. Es trieb auf der Oberfläche wie Blätterreste in einem Teich. Ich zog die Spülung, doch das Pulver kreiselte an der Wasseroberfläche, als besäße es ein Eigenleben, versuchte, sich zu retten, weigerte sich unterzugehen. Als flehte es mich um Hilfe an. Der Wasserspiegel sank. Der Strudel wurde stärker. Noch konnte ich etwas von der Droge retten.
    Dann verschwand das letzte HF-109, das es auf der Welt gab.
    Ich ging barfuß nach unten vors Haus. Gabrielle sah zu mir, und unsere Blicke trafen sich, während ich an den BMW trat. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht genau, was ich fühlte, was geschehen würde, vermutlich nicht einmal, was ich wollte. Aber ich fühlte mich von einer schweren Last befreit. Vom 109 befreit. Manchmal beginnen die wichtigsten Ereignisse mit einer ganz banalen Frage.
    »Möchtest du zum Abendessen bleiben?«, fragte ich. »Du kannst mir beim Kochen helfen.«
    »Na, das nenne ich Vertrauen«, lächelte sie.
    Wir berührten uns nicht, nicht damals, noch nicht, als wir ins Haus gingen. Aber ich fühlte etwas, das ich seit langer Zeit nicht mehr erlebt hatte, und das ganz ohne Droge. Ich fühlte mich stärker. Lebendiger.
    Das Blut sang in meinen Adern.
    Ich fühlte mich außergewöhnlich. Enhanced. Ohne jede Hilfe.
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