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Serial

Serial

Titel: Serial
Autoren: J Kilborn , Blake Crouch
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Fahrer reihten sich hinter ihm ein wie kleine Entchen, die hinter der Mutter herwatschelten. Viele von ihnen hupten, und jeder brauchte eine Weile, um die Spur zu wechseln und endlich zu überholen.
    Manche Leute dürfte man nicht auf die Öffentlichkeit loslassen.
    Donaldson überlegte, ob er nicht alle auf dem Standstreifen überholen konnte. Er warf einen Blick in den Spiegel und wollte schon ausscheren, als er ein hübsches kleines Ding an der Ausfahrt erspähte. Sie trug rosafarbene Schuhe, schleppte einen Gitarrenkoffer und streckte jedes Mal, wenn ein Auto an ihr vorbeifuhr, den Daumen aus.
    Zwei an einem Tag? Habe ich noch genügend Energie?
    Er öffnete die Fenster, um den Geruch von Bleichmittel loszuwerden, hielt neben ihr unter einer Straßenüberführung an und spürte, wie ihn die Erregung erneut packte.

2
    Sie stellte den Gitarrenkoffer auf die Straße und streckte den Daumen aus. Der Minivan schnellte an ihr vorbei. Sie verfolgte ihn mit den Augen. Keine Bremslichter. Die Enttäuschung lag ihr brennend und scharf im Magen wie ein Schuss eisgekühlter Wodka. Trotz der strahlenden Morgensonne verspürte sie die Kälte, die in ihre Handschuhe drang und ihre Ohren, die unter einer Wollmütze steckten, attackierte.
    Laut ihrer Recherchen im Internet war der Highway 491 der am drittwenigsten befahrene Highway der achtundvierzig Zentralstaaten. Die Statistik behauptete, dass an einem beliebigen Punkt lediglich vier Autos pro Stunde vorbeifuhren. Nachts waren es noch weniger. Der Nachteil, wenn man entlang dieser entlegenen Routen trampen wollte, waren die langen Wartezeiten. Zu den Vorteilen zählte viel Ungestörtheit.
    Sie atmete durch. Ihr Atem war in der kalten Luft sichtbar. Sie blickte sich um– überall geradezu schmerzhaft blauer Himmel. Wohin man auch sah, war nichts als baumloses Wüstenhochland. Fünfzig Kilometer östlich befand sich eine Bergkette, eine weitere in nordwestlicher Richtung. Die Gipfel waren mit Schnee bedeckt. Irgendwie konnte Lucy verstehen, dass manche Menschen so etwas schön und dramatisch fanden, und sie fragte sich, wie es sich wohl anfühlte, wenn einen die Natur bewegte.
    Zwei Stunden später nahm sie den Gitarrenkoffer wieder in die Hand und ging den Seitenstreifen entlang auf den wartenden Subaru Outback zu. Sie konnte hören, wie sich das Beifahrerfenster senkte, und setzte ein müdes Lächeln auf, als sie zur Tür kam. Zwei junge Männer starrten sie von den Vordersitzen aus an. Sie waren ungefähr in ihrem Alter und schienen nett genug, wenn auch ein wenig verkatert. In den Haltern in der Mittelkonsole standen offene Bierdosen, und das Autoinnere stank nach dem sauren Geruch von Bier. Ein gutes Omen, dachte sie. Das könnte die ganze Sache um ein Vielfaches vereinfachen.
    » Wo soll es hingehen?«, wollte der Fahrer wissen. Er hatte aschblonde Haare und einen kunstvoll arrangierten Ziegenbart. Beeindruckende Bizeps zierten seine Oberarme und dehnten die Baumwolle seines T-Shirts. Der Beifahrer war ein amerikanischer Ureinwohner. Er hatte dunkle Haare, braune Haut und einen schmalen, kaum merkbaren Oberlippenbart.
    » Salt Lake City«, sagte sie.
    » Wir sind auf dem Weg nach Tahoe, können dich aber bis zur Interstate 15 mitnehmen.«
    Sie musterte den Kofferraum des Kombis. Er war angefüllt mit zwei Snowboards, den dazugehörigen Boots, Parkas, Hosen, Skibrillen und– sie musste einen Schock der Erregung unterdrücken– zwei Helmen. Auf diese Idee war sie noch gar nicht gekommen.
    Eine Tasche lag auf der Rückbank. Allzu viel Platz war nicht, aber selbst in ihren rosafarbenen Crocs maß sie nicht mehr als einen Meter fünfzig. Sie würde sich schon hineinzwängen.
    » Bequem dahinten?«, erkundigte sich der Fahrer.
    » Ja.«
    Ihre Blicke trafen sich im Rückspiegel.
    » Wie heißt du?«
    » Lucy.«
    » Hi, Lucy, ich heiße Matt. Das ist Kenny. Wir wollten uns gerade unseren morgendlichen Joint reinziehen, ehe wir dich entdeckten. Stört es dich?«
    » Nein, überhaupt nicht.«
    » Dann stopf die Pfeife, Bruder.«
    Sie waren high, als sie die Staatsgrenze nach Utah überquerten, wurden redselig und gewannen an Selbstbewusstsein. Sie boten Lucy ein wenig Hasch an, aber sie lehnte dankend ab. Es wurde wärmer, sodass Lucy die Mütze abnahm und ihren schwarzen Trenchcoat aufknöpfte. Gierig atmete sie die frische Luft ein, die durch den offenen Spalt ihres Fensters wehte.
    » Wo geht es hin?«, wollte der Indianer wissen.
    » Salt Lake.«
    » Das habe ich sie doch
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