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Sepp und seine Bande

Sepp und seine Bande

Titel: Sepp und seine Bande
Autoren: Helmut Höfling
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Brillenschlange hörte, packte ihn der heilige Zorn. Er rappelte sich hoch und stürzte auf den haushoch überlegenen Gegner los. Während jedoch bei Willem jeder Schlag ein Treffer war, boxte Sepp Löcher in die Luft. Gegen die Reichweite des Größeren war kein Kraut gewachsen.

    Mit schmerzenden Körperteilen rundum und einem rechten blauen Auge blieb Sepp auf der Strecke.
    Das war schneller gegangen, als die meisten Zuschauer erwartet hatten, die inzwischen auf gut zwei Dutzend Jungen angewachsen waren. Enttäuscht zogen sie sich zurück wie Leute, die viel Eintrittsgeld für einen bedeutenden Boxkampf bezahlt hatten und statt eines Zwölf-Runden-Kampfes eine K.-o.-Niederlage bereits in der ersten Runde erleben mußten.
    Tapfer geschlagen hat sich der Neue ja, dachten sie. Aber was kann schon so ’ne halbe Portion gegen Willem ausrichten...! Genauso wenig wie ein Flie-gengewichtler gegen den Meister im Schwergewicht...
    Ja, so dachten seine Altersgenossen, die dem ungleichen Boxkampf der beiden Streithähne zugeschaut hatten.
    Und was dachte der dicke Willem, als er stolz davonschritt wie mit einem Lorbeerkranz um die Stirn?
    So — dem habe ich’s aber gegeben! Jetzt weiß er, wer hier zu sagen hat — der kuscht für immer!

    Als Sepp zehn Minuten später zu Hause schellte, öffnete ihm seine Mutter die Tür. Verstohlen wollte er sich an ihr vorbei in die Wohnung hineindrücken, aber es war schon zu spät. Das blaue Auge ließ sich nicht verheimlichen.
    „Was ist denn mit dir los, Sepp?“ erkundigte sich die Mutter besorgt.
    „Ich bin hingefallen“, brummelte Sepp so leise, daß es fast unverständlich blieb.
    Doch die Mutter war hellhörig genug und wiederholte zweifelnd:
    „So, hingefallen bist du — und wo?“
    „Beim — beim Turnen“, stammelte Sepp an einer Ausrede herum.
    „Das ist aber eine seltsame Turnerei!“ polterte sein Vater, der in die Diele getreten war, sobald er im Eßzimmer gehört hatte, daß etwas nicht stimmte. Er musterte seinen Sohn von Kopf bis Fuß und fragte ihn dann: „Turnt ihr immer im Straßenanzug?“
    „Wie-wieso?“
    „Sieh dir nur mal die Flecken darauf an.“
    O Schreck! durchfuhr es den Jungen. Ein paar Schmutzflecken hatte er ja abgeklopft, die auffälligsten — aber dort, wo er in seiner Erregung nicht richtig nachgeschaut hatte, dort prangten sie noch in ihrer ganzen Herrlichkeit.
    „Du solltest dich besser mit den anderen Buben vertragen.“
    Das riet der Vater seinem Sohn, obwohl er sehr genau wußte, wie schnell es zu Reibereien und Keilereien zwischen Jungen kommt. Erst gestern beim Auspacken der Möbel hatte er es wieder erlebt — und in seiner eigenen Jugend war es auch nicht anders gewesen.
    Auf diesen gutgemeinten Rat brauchte Sepp nichts mehr zu erwidern, denn in diesem Augenblick schellte es erneut. Frau Fischer, die gestern mit dem ältlichen Fräulein Schulte den Einzug des neuen Hausmeisters beobachtet und betratscht hatte, stand auf der Türschwelle.
    „Ach, verzeihen Sie, Herr Dallmayer, kennen Sie einen guten Installateur hier in der Nähe?“
    „Um was geht es denn?“
    „Der Wasserhahn im Spülbecken tropft bei mir dauernd. Das macht einen ganz wahnsinnig! Und dann — wieviel Wasser geht dabei unnütz verloren!“ Der Hausmeister lächelte.
    „Dazu brauchen Sie keinen Installateur, das mache ich Ihnen selbst.“
    „Nein, was Sie nicht alles können!“ wunderte sich Frau Fischer.
    „Das ist doch selbstverständlich.“
    Frau Fischer plimperte mit den Wimpern und beeilte sich zu verkünden:
    „Aber heute nachmittag bin ich nicht zu Hause und...“
    „Ich komme gleich mit Ihnen, Frau — eh...“
    „Fischer. Fünfter Stock rechts.“
    „Nur einen Augenblick bitte, Frau Fischer. Ich muß nur rasch meine Zange aus dem Werkzeugkasten holen und einen Dichtungsring.“
    Und schon war der Hausmeister in der kleinen, fensterlosen Kammer verschwunden, die er als Arbeitsraum eingerichtet hatte mit zwei großen Werkzeugkästen an der Wand.
    „Aber mach nicht zu lange, Toni!“ rief ihm seine Frau nach, kurz bevor die Wohnungstür ins Schloß fiel. „In einer Viertelstunde essen wir. Spätestens!“
    Ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mann — dieser neue Hausmeister! dachte Frau Fischer, während sie ihn die Treppe hinaufbegleitete zum tropfenden Wasserhahn in ihrer Wohnung. Gar nicht saugrob, wie Fräulein Schulte gestern gemeint hatte. Ich habe ja auch gleich gesagt, daß er einen guten Eindruck auf mich macht...
    Frau Fischer
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