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Sepp und das Millionending

Sepp und das Millionending

Titel: Sepp und das Millionending
Autoren: Helmut Höfling
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auch Georg fragen oder Brillenschlange.“
    „Ja, Brillenschlange weiß es bestimmt genau“, pflichtete Flöhchen seinem Kameraden Sepp bei. „Er will doch unbedingt wieder den besten Aufsatz schreiben, der Streber.“
    Sie radelten los nach Hause. Besonders eilig hatten sie es diesmal nicht, obwohl sie alle vier hungrig waren. An ihren nachdenklichen Mienen ließ sich erkennen, daß der rätselhafte Fall sie noch immer lebhaft beschäftigte.
    Als sie schließlich am Richard-Wagner-Platz angekommen waren und sich voneinander verabschiedeten, meinte Männe zweifelnd: „Also ihr könnt mich auslachen oder nicht; ich glaube, das Ganze war eine Fata Morgana.“
    „Das mit dem Bild, meinst du?“ fragte ihn Flöh-chen.
    „Ja, erst verschwunden — und dann wieder da.“
    „Eine Fata Morgana im Museum! Hat der Mensch jemals so was schon gehört?“
    „Wir sind hier in Köln, Männe, und nicht in der Sahara“, belehrte Sepp seinen Freund. „Eine Fata Morgana ist eine täuschende Luftspiegelung, die durch übergroße Hitze entsteht — wie zum Beispiel in der Wüste Sahara.“
    „Das weiß ich ja alles“, winkte Männe unwirsch ab. „Aber im Museum war es doch auch verflixt heiß. Oder...?“
    Fragend sah Männe seine Kameraden an, und noch ehe er es verhindern konnte, klatschte der dicke Willem ihm die flache Hand gegen die Stirn.
    „Jetzt geht mir ‘ne Laterne auf, Jungs, warum unser Männe lauter Fata Morganas sieht: Er hat im Museum ‘nen Hitzekoller bekommen!“
    Unverstanden wie alle großen Geister auf dieser Erde zog sich Männe in seinen inneren Schmollwinkel zurück, begleitet vom Gelächter der anderen.

Der Kommissar taucht auf

    Dürer hätte den ‚Ritter, Tod und Teufel’ bestimmt nie in eine Kupferplatte gestochen, wenn er vorausgeahnt hätte, wieviel Kummer und Qualen er damit den Schülern der neunten Klasse im Beethoven-Gymnasium bereiten würde.
    Denn es ist eine Sache, ein Kunstwerk in aller Beschaulichkeit zu betrachten — und eine andere, darüber einen Aufsatz zu schreiben, besonders wenn man noch nicht einmal die geringste schriftstellerische Ader hat.
    Ausnahmen bildeten Brillenschlange, Sepp und ein paar andere, denen das Schreiben leicht von der Hand ging. Aber auch ihrer Brust entrang sich dann und wann ein kaum hörbarer Seufzer, wenn sie sich über eine Einzelheit im unklaren waren oder wenn sie nach einem passenden Ausdruck für ihre Gedanken suchten.
    Die meisten dagegen schwitzten Blut und Wasser und fluchten wie die Müllkutscher — innerlich, versteht sich.
    An ihrer Spitze stand der dicke Willem — oder vielmehr: er saß da, über seine Heftseiten gebeugt, die mehr leere Zeilen aufwiesen als beschriebene. Mal verlagerte er das Gewicht seines schweren Oberkörpers auf die Arme, die auf dem Pult ruhten wie die Pranken eines Löwen — mal stützte er sein Löwenhaupt mit beiden Pfoten, damit es vom vielen und anstrengenden Denken nicht auf die Tischkante schlug und barst. Und jedesmal, wenn er seine Haltung änderte, warf er sich mit der vollen Wucht seiner Boxerfigur gegen die Bank seines Hintermannes, so daß dieser, völlig unschuldig, wie ein Meßapparat für Erdbeben eine Zickzacklinie aufs Papier hinzauberte.
    Träge kroch der große Zeiger auf der Kirchturmuhr gegenüber dahin. In der ersten Schulstunde hatten die Jungen mit dem Aufsatz begonnen, und die darauffolgende Englischstunde hatte Studienrat Dr. Pöttgen hinzugenommen. Noch eine Viertelstunde — dann mußte es zur Hauptpause schellen...
    Bald heißt es: Hefte abgeben und einsammeln, dachte der dicke Willem nach einem Blick auf seine Armbanduhr. Und danach die Sintflut!
    Wieviel lieber hätte er — statt das Bild zu beschreiben — all das geschildert, was gestern mittag darum herum geschehen war. Darüber hätte er in Nullkommanichts einen ganzen Roman zusammengebracht.
    Aber für Willems Krimistoff hatte dieser Dr. Pöttgen ja nichts übrig!
    Dafür gab es jedoch andere, die über dieses Thema mehr erfahren wollten — nicht nur mehr, sondern alles! Wer?
    Nun, noch ahnte der dicke Willem nicht, daß gerade in dieser Minute ein dunkelgrüner Volkswagen der Polizei vor dem Beethoven-Gymnasium vorfuhr, dem drei Männer entstiegen. Kurz darauf saßen sie dem Direktor des Gymnasiums in dessen Büro gegenüber.
    Den einen dieser drei Männer hätte der dicke Willem sofort auf den ersten Blick erkannt, ohne überhaupt hinzusehen: Es war niemand anders als der alte, weißhaarige Museumswärter, dessen Enkel
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