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Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben

Titel: Selbstbeherrschung umständehalber abzugeben
Autoren: Torsten Sträter
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ZACK-ZACK!
    Gut.
    Ich blicke an mir herunter. Da kommt nix. Kein Tropfen.
    Ich blicke auf. Ups … ich habe mitten im Satz mit dem Schreiben aufgehört. Unter SUCHE SEXY TAEKWONDO-KARATE-FUSSFICKBOY – TASCHENGELD MÖGLICH steht lediglich:
    WIEVIEL?
    Ich werde sauer. Scheinbar bin ich völlig ausgebrannt. Bewerber-Schwuchteln, Kachelgekritzel, diese Madame-rühr-mich-nicht-an von diesem Druckertintenbums … Unter der Anzeige, wenn man das Geschmiere so nennen will, steht eine Handynummer. Ich schreibe sie mir auf die Hand, während ich zu schiffen versuche. Der Vogel wird hier gleich mal einen Anruf von GANZ OBEN kriegen, aber von GANZ OBEN!
    Da rollen dann mal Köpfe, möchte ich sagen! Aber HOLLA DIE WALDFEE! BURSCHE!
    Während ich schreibe, stelle ich fest, dass mir die Nummer irgendwie bekannt vorkommt.
    Fast identisch mit … so. Sekunde. Noch die Sechs. Sieben. Noch die Sechs.
    Jap. Ist meine.
    Ich stecke den Stift weg.
    Noch immer kommt da unten kein Tröpfchen.
    Konzentrier dich.
    Â»Ach so«, sage ich zu den Kacheln.
    Ich streife den Cockring ab.
    Na bitte.
    Läuft.

Mein erstes Bier
    M ein erstes Bier trank ich vor einem Wohnmobil, wobei es sich weniger um Bier als vielmehr um eine Büchse spanisches San Miguel handelte.
    Beginnen wir aber vorn beziehungsweise hinten: 1988.
    Mein Freund Uwe, damals noch Auszubildender in der Videorecorderabteilung eines Elektronikmarktes, offerierte mir seinen Masterplan für jenen Sommer ’88.
    Der Plan war genauso hirnrissig wie die Angewohnheit der Mediamarkt-Leute, Videorecorder die »Braune Ware« zu nennen, was für mich wie ein Fachhandel für Fäkalien klang, wo schwer gestörte Leute auf unbeschreibliche Plastikeimer weisen und »Ich nehme noch ’n Pfund davon« flüstern, woraufhin der Verkäufer die Wäscheklammer auf die Nase setzt und »Darf’s ein wenig mehr sein?« raunt.
    Ich schweife ab.
    Uwe ist ja mittlerweile Chef eines Elektronikmarktes, und wie ich hörte, hat sich vor einiger Zeit ein Ladendieb auf den Kundentoiletten verschanzt und aus vorbeugender Rache hinsichtlich seiner Erfassung alles vollgekackt, bevor die Detektive eindringen konnten, aber ich schweife schon wieder ab, wenn sich nun auch der Kreis schließt, was braune Ware angeht.
    Jedenfalls: Uwes Plan besagte, dass wir ein Wohnmobil mieteten, und ich reagierte entsprechend.
    Â»Uwe, für sowas habe ich kein Geld. Und weder du noch ich können so einen Apparat fahren.«
    Ich hatte noch keinen Führerschein, befand ich mich doch gerade im letzten Ausbildungsjahr meiner Lehre als Herrenschneider, und ein Monatslohn reichte gerade dazu, zweimal das Rad am Kaugummiautomaten zu drehen. Ich konnte mir nicht recht vorstellen, dass der Vermieter eines Reisemobils freudig in die Hände klatschen würde, wenn ich ihm etwas Hartgeld auf den Tresen legte und erklärte, wir würden dieses Monster von einem Fahrzeug nun gen Süden prügeln und man sähe sich dann in ein paar Wochen.
    Â»Soviel Schotter habe ich auch nicht«, erklärte Uwe, der immerhin den Führerschein hatte. »Aber ich meine … was würdest du nicht auf dich nehmen, um in die Sonne zu kommen? Ich bekomme genau jetzt Urlaub. Nur jetzt. Trotzdem … ich habe nicht Unmengen von Knete.«
    Â»Aber mehr als ich.«
    Â»Ich habe bereits drüber nachgedacht«, sagte er.
    Â»Super. Wozu dann das Gespräch?«
    Â»Ich habe eine Lösung. Sonne, Strand, Sangria, eisgekühltes Bier, schwimmen, das ganze Pipapo. Allerdings wird sie dir vielleicht nicht gefallen.«
    Â»Dann ist es keine Lösung, Mann. Dann ist es sowas wie: Ihr Bein fault ab, aber wir machen was Duftes. Amputieren.«
    Er wischte meine Bedenken lässig weg; zumindest versuchte er es, indem er mit der Hand wedelte, aber da gab’s nichts wegzuwedeln. Wir hatten kein Geld.
    Dann drang Uwe zum Kern seines brillanten Planes vor.
    Â»Wir nehmen Sievers mit. Seine Eltern können vor Geld kaum laufen, und die freuen sich, wenn wir ihn mitnehmen.«
    Nun gab es etwas wegzuwedeln.
    Sievers war nicht direkt unser Freund, eher ein Bekannter, und zwar von jener Sorte, die man gern in Abrede stellte, wenn man darauf angesprochen wurde. Dass Sievers (sein Vorname war nie zur Sprache gekommen) etwa drei Zentner wog, tat nichts zur Sache.
    Das passiert den Besten von uns.
    Aber dass er dazu neigte, auf Grillpartys durch seine
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