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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag
Autoren: Eleanor Moran
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essen?«, fragt er. »Ich habe gehört, die Ente hier soll umwerfend sein.«
    Als wir mit Essen fertig sind, gehen wir hinaus auf die Straße. Wieder zieht William mich in seine Arme.
    »Ich denke, ich sollte dich zurück zu Jules gehen lassen, auch wenn ich mir selber damit keinen Gefallen tue.«
    »Nein«, sage ich und hebe meine Hände, um sein Gesicht zu berühren. »Ich habe eine Bitte.«
    Die habe ich wirklich. Ich möchte tanzen gehen, irgendwo in einem albernen, uncoolen Lokal. Es soll so laut sein, dass wir einander nicht mehr verständigen und nicht mehr über die Wechselfälle von Leben und Tod reden können. William findet über Google was entsprechend Schreckliches in der Stadtmitte. Es ist eisig kalt, doch ich frage ihn, ob wir nicht zu Fuß gehen können: Ich finde es schön, ihn an meiner Seite zu haben, von ihm die Sehenswürdigkeiten gezeigt zu bekommen und Geschichten aus seinem Leben in New York zu erfahren. Der Unterschied zu der Zeit, in der ich versucht habe, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden, allein und ohne jemanden zu haben, mit dem ich die Eindrücke teilen konnte, könnte nicht größer sein.
    Als ich ihm erzähle, dass ich aus meiner Wohngemeinschaft ausziehe, bleibt er abrupt stehen und dreht mich herum, sodass er mir in die Augen schauen kann.
    »Mann, bin ich froh, dich das sagen zu hören. Ich habe gespürt …«
    »Was gespürt?«
    »Du und James. Dass ich eine Art Eindringling war.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Und dabei ging es nicht nur um das Gefühl, dass der Zutritt zu meinem Herzen verboten war.«
    Ich drücke seine Hand und bin richtig froh, dass ihm das nicht entgangen ist. Auch ich hatte eine Vergangenheit. James und ich haben uns darauf geeinigt, eine Weile unseren Kontakt ruhen zu lassen, aber sobald ich zurückkomme, werde ich mich bei ihm melden. Und ich glaube fest daran, dass wir im Lauf der Zeit auch wieder ein gesünderes Verhältnis zueinander aufbauen können.
    Wir wandern durch SoHo und NoHo, vorbei an den Boutiquen und coolen Bars, und bei diesem nächtlichen Spaziergang verliere ich mein Herz noch etwas mehr an New York.
    »Wirst du es nicht vermissen?«
    »Nein«, sagt er schlicht. »Wenn ein Kapitel deines Lebens zu Ende ist, bringt es nichts, wehmütig zu werden.«
    Und dann sind wir endlich da. Es ist tatsächlich eine fürchterlich kitschige Bar voll chic gemachter Blondinen und bewusst lässig gekleideter Männer, die William sofort als Provinzler identifiziert. Genau das Richtige.
    »Nun komm schon«, sage ich und ziehe ihn ins Zentrum der von einer Discokugel erleuchteten Tanzfläche, wo zu kranker Hip-Hop-Musik getanzt wird. Und er kommt tatsächlich mit und stellt sehr rasch unter Beweis, dass er, wie schon vor Monaten behauptet, tatsächlich zwei linke Füße hat. Doch das könnte mir nicht gleichgültiger sein, denn er versucht es wenigstens. Wir stolpern herum, wir lachen, wir küssen uns und kümmern uns diesen Abend lang um nichts anderes.

Kapitel 27

    Zwei Jahre später
    »Livvy …«, sagt Madeline und steckt ihren Kopf zur Küche herein. Da ich genau in dem Moment einen Kuchen aus dem dampfenden Herd zu ziehen versuche, kann ich mich kaum umdrehen, zumal ich etwas zugelegt habe.
    »Ja, Liebes?«
    »Weißt du, ich fände es doch viel, viel schöner, wenn ich eine Schwester bekommen würde.«
    »Allerdings. Aber darauf haben wir keinen Einfluss. Du wirst bestimmt auch einen kleinen Bruder liebhaben.«
    Sie sieht mich gereizt an, ein Ausdruck, der mir wohlbekannt ist aus einer Zeit, als sie erst ein Funkeln am Himmel war, aber er verschwindet wieder, wie das jetzt immer häufiger der Fall ist. Sie ist ein viel fröhlicheres Mädchen als das, das ich kennengelernt habe, und ich glaube nicht, dass dies nur mein Wunschdenken ist.
    » Okay. Ich gehe mit Sophie und ihrer Mama zum Strand . «
    »Sei bitte um sechs wieder zu Hause.«
    Sie nickt, und ich lächele sie an, weil ich mir sicher sein möchte, dass es ihr gut geht. Es ist kein leichter Tag.
    »Tschüss, Livvy.«
    Sie hält Wort, und sobald sie da ist, rufe ich William zum Essen. Unser Haus in Brighton ist nicht groß, aber es hat einen sehr schönen großen Garten. William lässt stolz einen Berg erdverkrusteter Kartoffeln auf den Tisch fallen, die er gerade erst aus dem Beet geholt hat. Nur ich habe meinen Job aufgegeben – ich denke, er liebt die anspruchsvolle, aufregende und geheimniskrämerische Welt, in der er arbeitet, weitaus mehr, als er sich nach Sallys Tod eingestehen wollte
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