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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag
Autoren: Eleanor Moran
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die sie in ihren Terminkalender gekritzelt hat, Sinn. »Aber wir als Paar – wir haben uns über offene Beziehungen unterhalten, aber ich habe mit dir in diesen letzten Monaten mehr geteilt als wir in Jahren. Ich liebte die Idee, die Erinnerung daran viel mehr als die Realität.«
    »Tatsächlich?«
    »Ja, und ich vergrub mich in die Arbeit. Dass Richie und sie zusammen waren, finde ich äußerst widerlich, aber ich war in gewisser Weise mehr mit meiner Arbeit befasst als mit ihr, und wir beide kommunizierten nur noch über Madeline miteinander. Das übt gewaltigen Druck auf so ein kleines Mädchen aus.«
    »Was für eine schreckliche Situation.«
    »Du solltest nicht so viel Mitleid für mich empfinden. Ich fühle mich zutiefst schuldig, die Anzeichen nicht erkannt zu haben. Ich hätte merken müssen, dass hinter ihren Stimmungen mehr steckte als nur ein Hang zur Depression und ein aufbrausendes Temperament, aber es war so viel einfacher, dankbar zu sein, wenn die Sonne schien.« Er lächelt verknautscht. »Wie du sicherlich schon gemerkt hast, bin ich nicht immer gut darin, über Gefühle zu sprechen.«
    Ich muss an Sallys ersten Nervenzusammenbruch denken, den ich an jenem Abend, als der Verrückte Professor sie verlassen hatte, miterlebte. Und ich weiß noch genau, wie hilflos und erschrocken ich angesichts ihrer Trostlosigkeit war. Deshalb überrascht es mich nicht, dass er vor dieser Wucht zurückgeschreckt ist.
    »Du machst das aber inzwischen schon recht gut«, sage ich und streiche mit meinen Fingerkuppen über die Knöchel seiner Finger.
    »Gewöhn dich nicht allzu sehr daran. Es könnte auch ein einmaliges Ereignis sein.« Ich verdrehe die Augen, und er lächelt wieder. »Ich kann mich nicht erinnern, dass sie so war, als wir uns kennenlernten«, fährt er fort. »Es wurde nach unserer Hochzeit viel schlimmer.«
    »Als wir zusammenzogen, war es das Gleiche. Sobald sie einmal musste, dass sie sich deiner sicher sein konnte, musste sie austesten, wie viel du verkraften konntest.«
    »Es gibt so vieles, was noch herausgearbeitet werden muss. Du hattest anfangs natürlich recht, wir brauchen beide therapeutische Hilfe. Madeline hat damit bereits begonnen. Spieltherapie heißt das.«
    »Ich bin froh.«
    »Aber zu wissen, dass ich es nicht war, der sie in den Tod getrieben hat – das erleichtert mich sehr. Was immer ich auch gesagt haben mag, das war meine ständige Angst. Und ich glaube wirklich, dass es ein Unfall war. In ihren Tagebucheinträgen gibt es ein ständiges Auf und Ab. Mag sein, dass sie Richies wegen am Boden zerstört war, aber genauso gut hätte sie ein paar Tage später zu dem Schluss kommen können, dass er ihre Beachtung gar nicht verdient hatte. Sie hätte einfach nicht bei diesem schrecklichen Wetter unter so großer Anspannung Auto fahren dürfen.«
    »Ich finde es sehr mutig von dir, dass du die Anhörung abgesagt hast. Jetzt stehst du wohl vor einem gewaltigen Schuldenberg?«
    »Na ja, es gibt Schlimmeres. Mir sind materielle Dinge nicht so wichtig. Die Wohnung wirkt wie aus dem Möbelprospekt, und es gibt keinen vernünftigen Grund, weshalb Madeline eine Privatschule besuchen muss. Meine Eltern sind natürlich entsetzt, aber ich bin zu alt, um auf Finanzspritzen angewiesen zu sein.« Er sieht mich verlegen an. »Es tut mir leid, dass ich dich bei der Tauffeier so unverschämt behandelt habe. Und vor allem tut es mir leid, dass ich mich nicht hinter dich gestellt habe.«
    »Es wird eine Menge Leute geben, die das ganz schrecklich finden werden«, sage ich und fixiere ihn dabei mit meinem Blick. »Aber ich bin nicht zu Heimlichtuereien bereit, als hätten wir eine Affäre.«
    »Ich weiß. Und ich habe viel zu viele Jahre meines Lebens damit vergeudet, mir Gedanken über gesellschaftliche Akzeptanz zu machen. Und ich schäme mich zu sagen, dass genau das maßgeblich dazu geführt hat, nicht zugeben zu können, dass meine Ehe nur noch zum Schein existierte. Aber das ist mir jetzt alles egal. Und ich bin erstaunt, wie lang in den vergangenen Wochen die Liste der Dinge geworden ist, die mir gleichgültig geworden sind. Und dann die andere Liste der Dinge, die mir wichtig sind …«
    Er sieht mich an und lächelt.
    »Wir können es langsam angehen lassen. Wir haben alle Zeit der Welt.«
    »Du darfst mich nicht mit Samthandschuhen anfassen. Sonst werde ich zu sehr verwöhnt.«
    »Das werde ich schon nicht«, sage ich, und er beugt sich über den Tisch und küsst mich.
    »Sollen wir was
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