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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag
Autoren: Eleanor Moran
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definieren. Ganz ehrlich, das hätten wir ohnehin gemusst.«
    »Mum ist schon ganz aufgeregt, weißt du.«
    Es ist wirklich kaum zu glauben, dass ich mit meinen sechsunddreißig Jahren wieder bei meiner Mutter einziehe.
    »Ich war in Sorge, Dad mit meiner Entscheidung für sie und ihr Haus zu verletzen, aber offenbar ist er, seit er eine Freundin hat, der Sonnenschein in Person. Ich konnte es kaum glauben, wie fröhlich er war, als ich mit ihm geskypt habe.«
    »Stell dir vor, er hat Phil angerufen und ihn gebeten, vorbeizukommen und ihm beizubringen, wie man skypt. Er wollte dir nicht sagen, dass er keine Ahnung hatte, wovon du sprachst.« Sie packt mich am Arm. »Oh, und Mum meinte, sie sollten Weihnachten zu ihr kommen!«
    »Er und Margery? Und er hat Ja gesagt? Wir verbringen Weihnachten alle zusammen?«
    »Ich denke, sie ist insgeheim ganz froh, sich nicht mehr schuldig fühlen zu müssen, weil sie sein Leben zerstört hat.«
    Diese Unvollkommenheit hat etwas recht Vollkommenes. Während ich zum Teil mit William übereinstimme – und weiß, dass es keinen Weg an den Ort zurückgibt, wo ich mich verzweifelt an ein winziges Stück von ihm klammere –, weiß ich auch, dass es unzählige verschiedene Möglichkeiten gibt, das Glück zu finden. Ich hoffe, er endet nicht so einsam wie ich und wartet vergebens darauf, bis all die Risse und Fugen in seinem Inneren sich wieder zusammenfügen und ihm einen Neuanfang erlauben. Aber kommt das bei Männern überhaupt vor? Zweifellos wird Trixie ihn ganz geschickt einer halbwegs anständigen Blondine genau in dem Moment vorstellen, wenn er zu erschöpft ist, um Widerstand zu leisten. Bei diesem Gedanken wird mir schummerig zumute, und ich schiebe ihn, so entschlossen ich kann, beiseite. Ich finde die Vorstellung schrecklich, dass wir an irgendeinem Punkt der Perfektion zu nahe waren, um es schaffen zu können.
    »Aber überleg mal«, werfe ich ein, »sie wird doch vor Margery nicht wie eine alte Jungfer dastehen wollen. Weiß Gott, wen sie aus dem Ärmel schüttelt, um auch zu ihrer weihnachtlichen Bescherung zu kommen.«
    Jules schenkt mir lachend nach.
    »Das wird schon wieder mit dir. Das wird richtig gut werden für dich, du wirst staunen.«
    Mir tut alles weh, alles an mir ist wund, und doch sind die folgenden drei Tage einfach himmlisch. Wenn ich eins über Trauer gelernt habe, dann, dass sie alle Wahrnehmungen schärft: Im Moment sind die Farben besonders leuchtend.
    Und die unzähligen Worte für Liebe, die ich mir ausgedacht habe? Eins davon wäre der Liebe vorbehalten, die man für einen Bruder oder eine Schwester empfindet – grenzenlos und kompliziert zugleich, ein wenig belastet von den ewigen Eifersüchteleien und Streitereien, aber auch getragen von dem Wissen, dass man alles für sie tun würde. Ich hatte absolut kein Geld übrig, um shoppen zu gehen, und Jules ist ebenfalls alles andere als gut bei Kasse, und dennoch schlendern wir an den Geschäften der Park Avenue entlang und bestaunen die Kleider im fünfstelligen Bereich und probieren sogar ein paar an, nur um die hochnäsigen Verkäuferinnen zu ärgern. Wir kaufen Make-up bei Bergdorf, probieren High Heels bei Saks an und trinken auf dem Dach von Barneys Kaffee. Natürlich muss ich dabei immer wieder an Sally denken, und ich male mir aus, wie sie durch diese Schwingtüren rauschte und ihre Plastikkarte zückte, bis diese den Schmelzpunkt erreichte, oder auf demselben Dach Champagner schlürfte. Ich hoffe, dass sie manchmal auch glücklich war, richtig glücklich, anstatt einfach nur high und in Erwartung, dass es wieder Nacht wird.
    Es ist erstaunlich, mit wie wenig Geld man auskommt, wenn man mit jemandem zusammen ist, mit dem man jeden wachen Moment verbringen möchte. Und das tue ich, das tue ich wirklich, obwohl unser alter Streit, wie lange das Licht im Schlafzimmer an sein darf, wieder aufkommt (»Hör auf zu lesen, Livvy!«).
    Und das sage ich ihr auch an unserem letzten Tag, als wir die Innenspirale des Guggenheim Museum abschreiten.
    »Das sehe ich genauso«, sagt sie und hakt sich bei mir unter. »Wir sollten versuchen, so etwas einmal im Jahr zu machen. Selbst wenn es nur das Travelodge in Reading ist.« Sie kichert. »Du weißt, was ich meine. Ein wenig Zeit nur für uns.«
    »Es tut mir leid, dass ich in den letzten Monaten so schlecht zu ertragen war.«
    »Das warst du nicht!«
    »Ein bisschen schon. Ich war verstrickt in … in alles« , Williams Namen laut auszusprechen, macht mich
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