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Seit jenem Tag

Seit jenem Tag

Titel: Seit jenem Tag
Autoren: Eleanor Moran
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nervös, weil ich weiß, was es in mir auslöst, allein ihn zu erwähnen, »und währenddessen hast auch du jede Menge durchgemacht.«
    Jules hat vor Kurzem wieder zu arbeiten begonnen, und, oberflächlich betrachtet, läuft es ganz hervorragend. Aber sie hat mich ein paar Mal in Tränen aufgelöst angerufen – ich hatte immer ein offenes Ohr für sie, weiß allerdings auch, dass ich ihr mehr hätte geben können, wenn meine eigenen Sorgen mich nicht so sehr in Beschlag genommen hätten.
    »Du warst da, das ist dir nur nicht aufgefallen. Allein dich zu sehen, reicht schon. Dadurch fühlt sich alles gleich wieder normal an.«
    »Fühlst du dich wieder als du selbst?«, hake ich nach.
    »Ich denke, ich bin jetzt ein wenig verändert, aber immer noch ich selbst, wenn du weißt, was ich meine. Jedenfalls habe ich nicht das Gefühl, eine völlig neue Person kennenlernen zu müssen.«
    »Ich weiß genau, was du meinst.«
    Das tue ich, das tue ich wirklich. Ich frage mich, wie lange mein Vertrauen in mein Neues Ich anhalten wird, wenn ich wieder heimatlichen Boden betrete.
    Ich war davon ausgegangen, dass Jules an ihrem letzten Abend in New York gern groß ausgehen würde, doch sie besteht darauf, dass es ihr am liebsten wäre, zu Hause zu bleiben. Ehrlich gesagt, bin ich ein wenig enttäuscht, aber ihr Wunsch ist mir Befehl, und wir decken uns mit Köstlichkeiten aus dem Feinkostladen an der Upper West Side ein und nehmen dann unsere Plätze am jeweiligen Couchende ein. Ich möchte nicht, dass es schon vorbei ist, noch nicht.
    »Du wirst doch wieder nach Hause kommen, oder?«, fragt sie.
    »Ja natürlich, abgesehen davon, dass ich mir auch gar nichts anderes leisten kann.«
    »Aber du willst es auch?«
    »Ja«, erwidere ich zögerlich. »Ich fühle mich im Moment wie in einer Glasglocke, durch die die Bruchstücke meines Lebens schwirren.«
    Sie setzt den besorgten Blick der großen Schwester auf.
    »Es gibt tausend Dinge, die du mit Schreiben tun kannst. Du könntest dich auch als Journalistin versuchen.«
    »Ich denke darüber nach. Mary hat mir erstaunlicherweise den letzten Monat bezahlt, aber nach Weihnachten werde ich ein paar ernsthafte Entscheidungen treffen müssen.«
    Wir fallen gerade über die Mozzarellakugeln und die Bagel Chips her, als es an der Tür klingelt. Ich sehe Jules verdutzt an.
    »Was soll ich machen – es einfach ignorieren?«
    »Nein, du musst aufmachen.«
    »Aber ich kenne doch niemanden außer dir, und es sind drei Treppen bis zur Haustür.«
    »Könnte aber wichtig sein.«
    Ich stehe auf und seufze missmutig. Dann quäle ich mich über die drei Stockwerke nach unten und fröstele im kalten, muffigen Treppenhaus.
    »Hallo«, sage ich durch die Sicherheitstür.
    »Hallo«, erwidert eine vertraute Stimme.
    Mir schlägt das Herz bis zum Hals, und meine Beine zittern.
    »Machst du bitte die Tür auf? Es ist eiskalt hier draußen.«
    »Ja«, sage ich, ohne tatsächlich entsprechende Anstalten zu machen. Ich ertrage kein weiteres perfekt aufgebautes Gespräch mehr darüber, warum wir nicht zusammen sein können. Wenn William hergekommen ist, um noch ein paar offene Fragen zu klären, dann würde ich diese lieber unbeantwortet lassen.
    »Ich kann sehr gut verstehen, warum du mich draußen auf einem Gehsteig in Chinatown stehenlassen möchtest. Mir ginge es vermutlich nicht anders. Aber ich würde dich sehr gern sprechen. Ich hatte keine Ahnung, wie sehr ich dich vermissen würde.«
    »Ich kann nicht deine Freundin sein.«
    »Ich möchte dich auch nicht als Freundin, Livvy. Ich möchte, dass du die bezaubernde Livvy bist. Die hinreißende Livvy. Die Livvy, die die Liebe meines Lebens ist und zufälligerweise im denkbar ungünstigsten Moment aufgetaucht ist.«
    Und da öffne ich die Tür und lasse meinen Tränen freien Lauf. Ich packe ihn am Revers seines edlen Kaschmirmantels und schubse ihn.
    »Sag nicht solche Dinge, wenn du sie nicht ernst meinst.«
    »Ich meine sie ernst«, erwidert er, umschlingt mich mit seinen Armen und drückt mich an seine Brust. Einen Moment lang entspanne ich mich in seiner Umarmung, doch dann befreie ich mich daraus.
    »Was ich gesagt habe, meinte ich auch so. Und du auch. Ich will keine offene Beziehung. Das tut nur noch mehr weh …« , jetzt heule ich ernsthaft, »noch mehr als das.«
    »Ich werde dir nichts vormachen, Livvy, und ich sage auch nicht, dass es einfach werden wird. Aber ich werde dich nicht wieder verlassen. Und wenn du mich lässt, werde ich alles tun,
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