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Sein letzter Trumpf

Titel: Sein letzter Trumpf
Autoren: Paul Zsolnay Verlag
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trat in den Raum und zog die Tür hinter sich zu. Die Hand des Typs schloss sich um etwas in seiner Tasche, aber im selben Moment schoss Parker ihn knapp über der Gürtelschließe in den Bauch.
    Die Kugel durchschlug den Körper und ließ das Waschbecken splittern, und der Typ sank zurück. Ungläubiges Entsetzen spiegelte sich auf seinem Gesicht, offenbar spürte er erst jetzt den Schock. Parker trat vor, nahm den 38er in die linke Hand, von der jetzt die Handschelle, blutverschmiert, wieder herabbaumelte, griff um den Typ herum und zog ihm den Python aus der linken Gesäßtasche. Er steckte ihn weg, weil er viel lauter gewesen wäre als der 38er, nahm diesen in die rechte Hand und zog dann aus einer anderen Tasche Cathmans vierseitigen Traum. Er stopfte sich die Blätter ins Hemd und nahm schließlich dem Typ die Brieftasche ab. Er trat zurück, den 38er in der rechten, die Brieftasche in der linken Hand, und der Typ drückte mit beiden Händen auf die Schusswunde in seinem Bauch. Er stierte Parker mit trüben, ungläubigen Augen an.
    »Jetzt können wir reden«, sagte Parker.

 
    DREIZEHN
     
    Der Typ sagte: »Ich hab einen Bauchschuss«, als müsste sich auch Parker darüber wundern.
    Parker öffnete mit einer Hand die Brieftasche, sah sich den Ausweis an und schaute auf. »Raymond Becker«, sagte er. »Sie sind Polizist, Ray? Hatte ich schon vermutet.«
    »Ich brauche einen Notarzt, Mann.«
    »Ein Ortspolizist, fern der Heimat. Setzen Sie sich lieber auf die Toilette«, riet ihm Parker. »Halten Sie alles schön drin, dann wird das schon wieder.«
    »Ich sterbe ! Ich brauche einen Notarzt.«
    »Soll ich Ihnen auch noch das andere Ohr abschießen, damit Sie mir zuhören? Oder konzentrieren Sie sich jetzt? Setzen Sie sich da hin.«
    Ray Becker konzentrierte sich. Sein Atem ging laut und rasselnd und hallte von den gefliesten Wänden wider. Er schaute Parker an und sah, dass er keine Hilfe zu erwarten hatte. Langsam, beide Hände auf seinem blutenden Unterleib, rutschte er an dem gesprungenen Waschbecken nach unten und ließ sich dann mit einem kurzen bellenden Schmerzenslaut auf den geschlossenen Klodeckel fallen.
    Unterdessen sah sich Parker Beckers Ausweis noch etwas genauer an. »Sie verhalten sich anders als die meisten Polizisten«, sagte er. »Vor allem, wenn sie fern von zu Hause sind. Sie benehmen sich eher wie ein Typ auf der Flucht, der unbedingt Kohle machen muss.«
    »Ich hab mein Blatt gespielt«, sagte Becker. Es klang schwächer. »Und verloren. Aber deswegen muss ich doch nicht sterben .« Er biss jetzt die Zähne zusammen und presste die Worte hindurch. Die Schweißtropfen, die nach und nach auf seine Stirn traten, silbrige Schuhnägel im grellen Licht der Deckenlampe, erinnerten Parker an Marshall Howell.
    Er sprach den Namen aus: »Marshall Howell.«
    Der Name sank anscheinend nur langsam in Beckers Bewusstsein, wie ein in einen Teich geworfener Knochen. Parker beobachtete ihn und sah, wie er Parker nun endlich mit einer neuen Art Angst anschaute.
    Parker nickte. Er schwenkte die Brieftasche. »Ich hab gesehen, wo Sie her sind, Ray.«
    » Sie …« sagte Becker. »Sie waren der andere – in dem Wagen?«
    »Und bin mit dem Geld davonspaziert, Ray. Wären Sie ein bisschen schneller gewesen, hätten wir uns womöglich getroffen.«
    Becker blinzelte, hatte aber nichts zu sagen.
    »Sie hatten es ziemlich eilig«, sagte Parker. »Ich nehme an, Sie haben damals schon in Schwierigkeiten gesteckt. Howell hat Ihnen nicht mich gegeben, aber er hat Ihnen Cathman gegeben, und schon kommen Sie daher, mit einem Affenzahn, bereit, die ganze Menschheit umzulegen, wenn’s sein muss, bloß um das Scheißgeld in die Finger zu kriegen.«
    »Der wäre sowieso gestorben«, sagte Becker.
    »Nein«, widersprach Parker. »Aber es wäre besser gewesen. Ich wusste, es war ein Fehler, ihn am Leben zu lassen.«
    Er nahm den Python aus der Tasche und setzte ihn zwei Fingerbreit neben Ray Beckers linkem Auge an. Becker redete wie ein Wasserfall, keuchte und spuckte. »Man lernt nie aus, Ray«, sagte Parker und erschoss ihn.

 
    VIERZEHN
     
    In dem engen, vollgestopften Laden befand sich nur eine Person, ein junger Kerl. Er saß auf dem Hocker in dem schmalen Spalt hinter der Kasse und las in einem Taschenbuch. Ein kleines schwarzes Kofferradio aus Plastik, das mit seinem Griff an einem Haken in der Wand über und hinter dem jungen Mann hing, spielte blecherne Rockmusik, ziemlich laut; noch ein Grund, warum er die zwei
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