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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition)
Autoren: Jeanne Woodtli
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irgendwie.
    „Oh, kann ich noch ein Autogramm haben?“, fragt Mascha und streckt ihm ihre gerade gekaufte CD hin. Die Wartenden hinter ihnen scheinen langsam ungeduldig zu werden. „Sicher“, sagt er als hätte er alle Zeit der Welt. „Wie heisst du?“
    „Mascha“.
    „Für Mascha von Eliot, also“. Seine Art zu unterschreiben wirkt als wäre es noch ungewohnt für ihn. Noch nicht automatisiert. Alys dreht die CD in den Fingern, die sie gekauft hat, obwohl sie vorher noch blöde Sprüche über die Unnötigkeit von Tonträgern in Zeiten von iTunes gemacht hat. „Für dich auch?“ Er streckt die Hand nach der CD aus.
    „Gerne. Ich bin Alys, mit Y und S“.
    Er blickt auf, direkt in ihre Augen. Das Gefühl rumort wieder im Bauch. „Ungewöhnlich“, sagt er. „Aber schön.“ Unterschreibt und gibt ihr die CD zurück. Das Mädchen hinter ihr drängelt bereits. „Danke“, sagt sie. „Ich danke euch. Auf Wiedersehen.“ Er lächelt beide ein letztes Mal an, dann wendet er sich dem nächsten Fan zu.
    Mascha und Janosch diskutieren auf dem Weg nach draussen über das Konzert. Alys hört sie reden, bekommt vom Inhalt aber nur wenig mit. Mascha sagt etwas und Janosch lacht. Alys fühlt, wie sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht ausbreitet. Es braucht also Eliot Wagner, damit die beiden sich verstehen und etwas zu bereden haben.
    Es ist kalt geworden, der Regen ist in Schnee übergegangen. Alys schlägt die Kapuze ihrer Jacke hoch. Mascha drückt sich an die Hausmauer, um dem Schnee auszuweichen, es gelingt ihr nicht wirklich. Sie dreht ihr Handgelenk und kneift die Augen zusammen, um das Zifferblatt ihrer Uhr zu studieren. Alys lächelt wieder. Mascha klagt schon länger darüber, dass sie nicht mehr gut sieht, ist aber zu eitel, sich eine Brille oder Linsen zu kaufen. „Verdammt, der nächste Bus kommt erst in einer Viertelstunde!“
    „Ich nehme ein Taxi“, sagt Alys.
    „Nobel muss die Welt zu Grunde gehen“, feixt Mascha.
    „Schon gut, Miss Marketingfachfrau, wer von uns beiden schenkt sich zu Weihnachten selbst ein Paar Louboutins?“ Mascha vergöttert die Schuhkreationen des französischen Designers. Eine kostspielige Leidenschaft.
    Mascha lacht. „Wir könnten uns ein Taxi teilen, aber du wohnst ja völlig in die andere Richtung.“
    „Nein, schon gut“, sagt Mascha, „ich nehm den Bus.“
    „Was ist eigentlich aus deinem Verehrer geworden?“
    Mascha klopft auf die Manteltasche, wo sich ihr Handy befindet. „Warum erstaunt mich das nicht? Du sammelst Nummern wie andere Leute Briefmarken. Wirst du ihn anrufen?“
    „Nee, wie war das mit den Männern und dem Jagen? Ausserdem war er gar nicht mein Typ.“
    „Warum hast du ihm dann deine Nummer gegeben?“, will Alys wissen. Janosch blickt von einer zur anderen und scheint sich zu amüsieren. „Weil er gefragt hat.“
    „Weil er gefragt hat“, echot Alys und kramt in ihrer Handtasche nach dem Handy. Tippt die Nummer der Taxihotline ein. „Zwei Minuten“, sagt die Frau am anderen Ende der Leitung. Sie gähnt ausgiebig zwischen jedem Wort. „Danke, auf Wiedersehen.“
    „Zwei Minuten“, sagt Alys, macht ein paar Tanzschritte auf dem Gehsteig, um sich aufzuwärmen. Eliot Wagners Stimme klingt immer noch in ihren Ohren . I wish it was only you and me ... Sie verdrängt den Gedanken und versucht, das Gefühl zu ignorieren, das immer noch im Bauch pulsiert. Etwas schwächer jetzt. Schnee klebt an ihren Stiefeln, hartnäckig, pappig. Dann fühlt sie eine Hand an ihrer Hüfte, sie schiebt sich ungefragt unter ihre Lederjacke, in die Kurve ihrer Taille, als suche sie etwas Wärme. Alys blickt auf. Janoschs Blick trifft ihren. „Ich nehme sonst das Taxi mit dir.“ Es klingt nach einer Feststellung, nicht nach einer Frage.
    Alys zögert. Er wohnt ein Quartier weiter als sie, aber sie weiss, dass es nicht unbedingt darum geht, weil sie die gleiche Richtung haben oder dass es praktisch wäre. Normalerweise kann sie nicht genug von ihm bekommen. Heute aber ist kein normaler Abend, heute ist alles seltsam. Oder ich bin seltsam. Völlig neben den Schuhen. Verschiedene Ausreden klingen in ihrem Kopf, ich bin müde, ich muss morgen früh aufstehen, ich hab Kopfweh - der Klassiker, aber sein Blick liegt warm auf ihrem Gesicht, viel zu warm und macht sie schwach. „OK“, gibt sie schliesslich nach. Die Begeisterung auf seinem Gesicht erinnert sie an sich selbst als Kind, wenn sie ausnahmsweise Süssigkeiten bekommen hatte. Seine Hand hat ihren Rücken
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