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Sehnsüchtig (German Edition)

Sehnsüchtig (German Edition)

Titel: Sehnsüchtig (German Edition)
Autoren: Jeanne Woodtli
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dir das Konzert ermöglicht, also bist du mir etwas schuldig“. Ihr Ton macht klar, dass sie keinen Widerspruch gelten lassen wird. Sie greift nach Alys’ Handgelenk und zieht sie mit sich. Erstaunlich, wie viel Kraft in dieser kleinen Person steckt, vielleicht liegt es am regelmässigen Pilates-Training. Für Mascha ist Sport kein Fremdwort.
    Die Schlange ist lang, als sie den Verkaufsstand erreichen. Mascha ist nicht die Einzige, die sich die eben gekaufte CD unterschreiben lassen will. „Das dauert doch ewig“, beschwert sich Alys. Sie hat keine grosse Lust, sich in die Reihe zu stellen. Zu all diesen Frauen, die aufeinander einwispern und sich die Hälse nach der Tür verrenken, aus der er kommen muss. Alle diese schönen aufgetakelten Frauen. Oder schön aufgetakelte Frauen. Alys hat nie verstanden, welches Aufheben weibliche Wesen um Musiker machen können. Mit diesem Groupie-Gehabe kann sie nichts anfangen. Eliot Wagner ist noch immer eher unbekannt und trotzdem stehen die Frauen Schlange. Und sie mittendrin. Wer hätte das gedacht.
    „Jetzt haben wir noch eine Chance. Wenn es so weitergeht, sind seine Konzerte in Zukunft monatelang im Voraus ausverkauft und dann ist er unerreichbar“, hält Mascha fest. Unerreichbar. So hatte es sich schon vorher angefühlt, obwohl er nur anderthalb Meter von ihr entfernt auf der Bühne gestanden hatte. So nah, dass sie die Hand nach ihm ausstrecken und ihn hätte berühren können.
    Das Geschnatter um sie herum hört auf, verwandelt sich in Jubel und vereinzeltes Klatschen. Eliot Wagner betritt den Raum. Alys kann ihn schlecht sehen, zu viele Mädchen stehen ihr vor der Sicht. Aber Mascha gibt nicht so leicht auf, kämpft sich geschickt durch die Schlange. Und plötzlich, einige Minuten später, stehen sie direkt vor ihm.
    „Hallo“, sagt Eliot Wagner. Kein gekünsteltes Lächeln, sondern freundlich und offen. Er hat die Lederjacke ausgezogen und trägt ein anderes Hemd, es ist hellblau. Die Ärmel hat er über die Ellbogen nach oben geschoben. „Hey“, sagt Mascha und strahlt ihn an. Ihre offene, unkomplizierte Art, mit der sie Männer so einfach um den Finger wickeln kann. Schon oft hat sich Alys gewünscht, ihr würde das auch so leichtfallen.
    „Könnte ich ein Foto mit dir machen?“, fragt Mascha direkt. „Klar“, sagt er freundlich. Alys ist sich sicher, dass es nicht das letzte Bild sein wird, für das er heute posieren muss. Mascha strahlt, drückt Alys ihre Kamera in die Hand und stellt sich neben ihn. Er legt den Arm um Maschas Schulter und lächelt wieder. Dieses charmante Lächeln, das irgendwo tief in Alys etwas auslöst. Fast vergisst sie, den Auslöser zu drücken.
    „Moment mal“, sagt er dann. „Ihr wart doch direkt vor der Bühne, ich hab euch gesehen.“ Mascha nickt, ein geschmeicheltes Lächeln erscheint in ihren Mundwinkeln. „Deine Freundin ist das Mädchen mit den ängstlichen Augen.“ Er grinst Alys an und sie fühlt ihre Wangen warm werden. Wenn er lächelt, vertiefen sich die Fältchen um seine Augen, er scheint oft zu lächeln. Wie alt mag er sein? 32? 35?
    „Ängstliche Augen?“ Alys schafft es, ihre Stimme ruhig klingen zu lassen. Selbstbewusst. Er lächelt wieder. „’Don’t look at me with those eyes, don’t look so afraid’ , du hast irgendwie so erschreckt zu mir hochgesehen.“
    „Ach was.“
    Er grinst ob ihrer verbalen Gegenwehr. „Komm her“, sagt er dann.
    „Wie bitte?“
    „Deine Freundin hat ihr Foto schon, jetzt bist du an der Reihe. Ausser natürlich, du willst keins.“ Er legt sich eine Hand auf die Brust und tut gekränkt. Sie muss jetzt doch lachen, schüttelt den Kopf und nähert sich ihm. Fast etwas zögernd. Mascha zwinkert ihr zu und nimmt ihr die Kamera aus den Händen. Sie fühlen sich plötzlich feucht an. Alys stellt sich neben ihn. „So funktioniert das nicht. Du musst schon etwas näher kommen“. Im gleichen Moment legt er einen Arm um ihre Schulter und zieht sie an sich. Alys schluckt. Sie kann die Wärme seines Körpers spüren. Er lächelt sie an und ihr wird ganz seltsam unter diesem Blick. Seine Augen sind wirklich ziemlich dunkel. Sind das grüne Sprenkel darin? Vielleicht trügt sie auch das Licht.
    Im gleichen Moment blitzt die Kamera. Alys kneift geblendet die Augen zusammen. Mascha studiert das Display. „Es ist gut geworden.“
    „Super“, sagt Eliot Wagner und lässt Alys los. Der Moment ist vorüber. Sie kann immer noch seinen Arm um ihre Schulter fühlen,
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