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Seerache

Seerache

Titel: Seerache
Autoren: Manfred Megerle
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kommt aber noch ein Zweites hinzu: Anders als in allen anderen Bundesländern verjährt Kapitalanlagebetrug in Bayern bereits nach sechs Monaten.«
    »Das darf doch nicht wahr sein«, empörte sich Henning.
    »Stimmt aber. Ich habe mich erkundigt. Eine Besonderheit des deutschen Strafrechts.«
    »Aber die Geschäfte wurden doch in Konstanz und Überlingen abgeschlossen«, wandte Wolf ein. »Und diese Orte liegen nicht in Bayern.«
    »Na und?«, Andrea Sennefeldt lachte auf. »Entscheidend ist der Sitz des mit den Anteilen handelnden Unternehmens. Und die Finanzagentur der drei toten Banker saß nun mal im bayerischen Lindau.« Bitter fügte sie hinzu: »Ein Schelm, der Böses dabei denkt.«
    Graberts Frau hatte aus ihrem Herzen keine Mördergrube gemacht. Trotz aller Bitterkeit hatte sie bis zuletzt der Versuchung widerstanden, den Stab über ihrem toten Exmann zu brechen. Es blieb offen, wie die Abwicklung der Transaktionen im Detail gelaufen war.
    Doch das musste nun das D3 herausfinden, um solche Spitzfindigkeiten brauchten sich Wolf und seine Leute nicht mehr zu kümmern.
    Nachdem sie die Trauerfeier verlassen und sich von Andrea Sennefeldt und Keller verabschiedet hatten, hatten sie vor einem Café am Fischmarkt einen freien Tisch gefunden. Henning hatte noch etwas Zeit, bevor er zu einer Schulung aufbrechen musste.
    »Was ist, soll ich dich nicht doch nach Freiburg fahren?«, fragte ihn Wolf.
    »Nee, lass mal, das ist bereits arrangiert. In einer halben Stunde werde ich hier abgeholt. Was trinkst du?«
    »Einen Espresso, aber einen doppelten.«
    Während Henning der Bedienung winkte, lehnte sich Wolf zurück, das Gesicht mit geschlossenen Augen dem Himmel zugewandt. Nach den kalten, stürmischen Wochen war es endlich so weit: Der Frühling ließ sein blaues Band durch die Lüfte flattern und verwöhnte die Menschen rund um den See mit Sonnenschein und angenehmen Temperaturen.
    »Was Neues aus Mallorca?«, fragte Wolf mit träger Stimme.
    »Kann man wohl sagen. Die spanischen Behörden haben die Ermittlungen gegen Varez und Müller so gut wie abgeschlossen, angeblich steht ihre Auslieferung kurz bevor. Allerdings scheint es sich bei den beiden nur um Handlanger zu handeln. Die eigentlichen Bosse haben sich mal wieder rechtzeitig absetzen können.«
    Wolf setzte sich wieder aufrecht hin. Er holte seine Gitanes hervor und steckte sich eine an. Ohne Hast genoss er den ersten Zug, bevor er antwortete: »Damit dürfte das Kapitel › G.E.T.‹  endgültig der Vergangenheit angehören, was?«
    Henning lachte. »Das glaub ich eher weniger. Nach meiner Schätzung wird es Monate, wenn nicht gar Jahre dauern, das Geflecht rund um diese Finanzmafia aufzudröseln. Bei dem Loading-System, von dem Frau Sennefeldt sprach, handelt es sich übrigens um eine  G.E.T. -Erfindung. Wäre Grabert nicht durchgeknallt – wer weiß, vielleicht wäre die Sache nie publik geworden.«
    »Demnach waren die  G.E.T. -Bosse höchstselbst der eigentliche Kopf des ganzen Finanzbetrugs?«
    »Ja und nein. Gewiss, sie haben das System erfunden und einen flächendeckenden Vertrieb aufgebaut.«
    Die Bedienung kam und brachte den Kaffee. Wolf drückte seine Zigarette aus, gab Zucker in seine Tasse und nippte daran. Dann meinte er versonnen: »Hört sich an wie eine Lizenz zum Gelddrucken.«
    Henning nickte. »Ja, so was Ähnliches war es wohl auch. Allerdings sind auch die Vertriebsleute vor Ort alles andere als Unschuldslämmer. Dabei nehmen Hauschild, Hörmann und Sahin insofern eine Sonderrolle ein, als sie es geschickt verstanden, die von den Anlegern einbezahlten Summen großteils an der  G.E.T.  vorbei auf eigene Konten zu schleusen. Als die Bosse ihnen schließlich auf die Schliche kamen, war nichts mehr zu machen, Grabert mit seinem Rachefeldzug war ihnen zuvorgekommen.«
    »Ist dir eigentlich aufgefallen«, wechselte Wolf das Thema, »auf welch subtile Weise Grabert den Tod der drei Banker inszenieren ließ?«
    »Wie meinst du das?«
    »Sommer hat mich darauf gebracht. Er fragte sich, warum Bullock den Sahin ausgerechnet auf seinem Boot getötet hat – wo sich das an Land doch viel leichter hätte bewerkstelligen lassen.«
    »Wo er recht hat, hat er recht.«
    »Ja. Und nun kommt’s: Auch bei Sahins Kollegen gab uns die Wahl des Tatortes Rätsel auf. Weshalb wurde Hauschild von seiner Terrasse gestürzt? Warum musste Hörmann in seinem Wagen sterben? Was meinst du?«
    Henning, der gespannt zugehört hatte, lachte leise. »Ich nehme
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