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Seerache

Seerache

Titel: Seerache
Autoren: Manfred Megerle
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Vespermanns Ausbleiben zu verbergen suchte – die vereinbarte Zeit war schließlich längst überschritten. Er nahm sich vor, dem Kollegen später gründlich die Leviten zu lesen.
    Er wandte sich wieder Bullock zu. »Eins würde mich noch interessieren, Sam. Wenn euch Graberts Deal so viele Vorteile brachte – wieso habt ihr ihn dann überwältigt und seid geflüchtet?«
    »Haben wir das wirklich?« Bullock grinste herausfordernd.
    Wolfs vage gehegter Verdacht nahm mit einem Mal konkrete Formen an. »Das soll also heißen, ihr habt ihn gar nicht gekidnappt? Die ganze Chose war ein abgekartetes Spiel?«
    Bullock nickte und wies auf Grabert. »Es war  seine  Idee. Offensichtlich hatte der feine Herr plötzlich die Hosen voll. Er fürchtete, man könnte uns und in der Folge ihm auf die Schliche kommen. Also mussten wir verschwinden. Hier, in seinem Haus, würde er sich mit uns treffen, hat er gesagt. Hier könne er uns für die Flucht mit Geld und Kleidung versorgen. Ist anständig von ihm, hab ich noch gedacht. Ja, Pfeifendeckel! In Wirklichkeit sollten wir kaltgemacht werden, denn schließlich hatten wir unsere Schuldigkeit getan. Nein, schlimmer noch, wir waren zu lästigen Zeugen geworden. Und lästige Zeugen macht man kalt, nicht wahr, mein lieber Herr Gefängnisdirektor?« Seinen letzten Satz begleitete ein Fußtritt, dem ein spitzer Aufschrei von Grabert folgte. »Wie ich ihn kenne, hätte er am Ende auch unseren Tod als Suizid verkauft, genau wie bei Hauschild und Konsorten.«
    Bullocks Miene hatte sich verfinstert. »So, Leute, jetzt aber genug des Geplauders. Wir müssen hier weg.  Sie  legen sich auf den Boden«, er zeigte auf Wolf und Jo. »Du, Luca, schneidest im Haus die Telefonkabel durch, danach machst du einen der Wagen klar. Ich werde währenddessen Grabert verschnüren. Los, ab die Post.« Sicherheitshalber brüllte er Maroni noch hinterher: »Und vergiss nicht, das blöde Schiebetor zu öffnen.«
    Wolf und Jo blieb nichts anderes übrig, als zu gehorchen und sich auf den Boden zu legen. Weit würden die beiden Flüchtenden eh nicht kommen.
    Und trotzdem, so langsam schwammen ihnen die Felle davon. Wo blieb Vespermann? Wann geruhte der Kerl, zu ihrer Rettung einzuschreiten? Gut zwanzig Minuten war er nun schon überfällig. Vermutlich hatte er sich im Wagen ein neues Rezept ausgedacht und darüber seinen Einsatz vergessen. Oh, wenn er ihn jetzt in die Finger bekäme – er würde ihm umgehend die Freundschaft kündigen – falls man von so etwas überhaupt sprechen konnte – und ihn anschließend kalt lächelnd zum Dorfpolizisten degradieren.
    Zum Glück ersparte ihm Maronis Rückkehr weitere Gefühlsaufwallungen. »Wir können los«, verkündete er und schwenkte den Autoschlüssel. In der Zwischenzeit hatte Bullock auch Grabert Handschellen angelegt.
    Während die beiden Ausbrecher schnurstracks in die Garage enteilten, fiel Wolf ein sich rasch näherndes Signalhorn auf. Mit jeder Sekunde wurde der an- und abschwellende Heulton lauter, und just in dem Moment, als Bullock im Rückwärtsgang aus der Garage fahren wollte, preschte ein Rettungswagen heran und kam direkt vor Graberts Ausfahrt zum Stehen; das Martinshorn erstarb. Wütend schlug Bullock mit den Händen auf das Lenkrad ein, bevor er die Seitenscheibe herunterließ, um mit lauten Kommandos die Sanitäter zum Wegfahren zu veranlassen. Ob sie sein Winken nun falsch verstanden oder sich einfach schnell aus der Gefahrenzone bringen wollten, war später nicht mehr zweifelsfrei festzustellen – jedenfalls stiegen die Sanitäter eilends aus und brachten sich hinter dem Rettungswagen in Deckung. Wutentbrannt stieg nun auch Bullock aus. Er schnappte sich einen der Sanitäter und zog ihn zur Fahrzeugvorderseite.
    »Du fährst jetzt sofort da weg«, brüllte er, gleichzeitig riss er mit der Rechten die Fahrertür auf.
    Angstvoll versuchte der Mann, sich loszureißen, da setzte ihm Bullock kurzerhand die Waffe an die Stirn.
    »Wegfahren, sag ich, oder …«
    In geringer Entfernung krachte plötzlich ein Schuss, und wie von Zauberhand wurde Bullock die Pistole aus der Hand gerissen. Scheppernd prallte sie gegen die Außenwand des Rettungswagens und fiel zu Boden. Fassungslos und mit offenem Mund starrte Bullock auf seine leere Hand.
    »Wage ja nicht, das Ding noch einmal anzurühren.« Wie aus dem Boden gewachsen stand Vespermann in der Toröffnung, die Waffe unmissverständlich auf Bullock gerichtet. »Und nun zu dir«, rief er dem
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