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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition)
Autoren: Ralf Mickholz
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anderes übrig? Ich mußte doch davon ausgehen, daß er die wertvollen Meßkrüge oder die goldenen Kerzenleuchter aus Kirchenbesitz verkauft hatte ... oder irgendeinen anderen schwunghaften Handel mit dem Eigentum des Herrnbetrieb! Dieser ... dieser ... verstockte Teufel wollte mir einfach nicht sagen, woher das viele Geld kam!«
    Der Bischof fummelte nervös die Bügel seiner Brille über seine drohend roten Ohren
    »Aber jetzt! Der Gipfel!« brauste er wieder auf.
    Pierre hatte eigentlich nicht erwartet, daß sein Gastgeber noch eine weitere Steigerung überleben würde, aber ... Bitte!
    »Dieser fürchterliche ... fürchterliche Mensch hat es doch tatsächlich gewagt, mich ... seinen eigenen, geliebten Bischof ... in Rom wegen seiner Suspendierung anzuschwärzen!« Er fiel vor Aufregung fast von seinem Thron. »Er hat es mit der Hilfe dieses ... dieses ... Dämons doch wahrlich geschafft, daß ein Gremium im Vatikan meine Entscheidung aufgehoben hat!« Seine Hände krallten sich in die gepolsterten Armlehnen. »Meine Anweisung ... einfach aufgehoben! Dieser ... dieser ... Satan!«
    Jetzt war es um seine Beherrschung geschehen. Er sprang auf und stellte sich vor Pierre, rüttelte ihn an den Schultern hin und her und tobte. »Die haben diesem ... verkommenen Landpfarrer ... diesem ... Teufel im Priestergewand mehr geglaubt, als mir ... dem ehrenwerten Bischof von Carcassonne ... dem bescheidensten Knecht unseres Herrn Jesus Christus!«
    Wie von der Tarantel gestochen sprang Seine dicke Exzellenz um das güldene Tischlein herum und riß dabei seine Hände in die Höhe. »An welche verfluchten Mächte der Hölle hat er seine Seele verkauft?« Keuchend und leichenblaß klammerte er sich wankend an die hohe Rückenlehne seines Throns.
    »Ich habe ihm die Sterbesakramente verweigert!« Schwer atmend sackte er schließlich zurück in seinen Sessel. »Es war das einzige, was wir den Mächten der Finsternis entgegensetzen konnten!« Mit letzter Kraft hob er seinen Zeigefinger drohend gen Himmel. »Am Tage seines Todes ist dieser Teufel mit Leib und Seele in die Hölle gefahren!« Sein Blick war starr und seine Augen gerötet.
    »Und ... gebe Gott ... daß er dort unten bleibt!«

2
    Schon von weitem konnte er den Burgturm erkennen, von dem der Bischof gesprochen hatte.
    Das Dorf lag auf einem Felsplateau mehrere hundert Meter oberhalb der Hauptstraße. Die Häuser dicht aneinandergeklammert, so als hätten sie Angst davor, den Halt zu verlieren und über den Rand des Plateaus in die Tiefe zu rutschen. Eigentlich eines dieser typischen Dörfer, wie es sie hier in den östlichen Ausläufern der Pyrenäen zu Hunderten gab. Und doch hatte es durch den massigen Turm, der am Rande des Dorfes stand – direkt oberhalb eines furchterregenden Abgrundes –, die Silhouette einer kleinen Festung. Die schmale Straße wand sich in großen Schwüngen allmählich in die Höhe.
    Mehr als einmal mußte Pierre seinen großen braunen Lederkoffer abstellen, um sich den Schweiß von der Stirn zu wischen. Es war ein schöner, warmer Sommertag, und die Sonne stand fast an ihrem höchsten Punkt. Die Vögel zwitscherten und flogen emsig in den Büschen am Straßenrand hin und her. Überall raschelte es im trockenen Gras, und das laute Zirpen der Grillen begleitete ihn auf jedem Schritt seines Aufstiegs. Die kleinen Wäldchen, auf die er mittlerweile hinunterblicken konnte, lagen in sattem Grün wie Mooskissen verstreut in der Landschaft.
    Er stellte seinen Koffer ab und atmete tief durch. Ja, ich hätte mir wahrlich keinen schöneren Tag für meinen Dienstantritt aussuchen können. Diese Zugabe wußte er wirklich zu schätzen.
    Endlich machte die Straße ihren finalen Schwung, und die ersten Häuser seiner neuen Gemeinde lagen vor ihm. Grobes Mauerwerk, aus aufgeschichteten Steinen der Umgebung, mit einem Klecks Zement zusammengeklebt. Eben so ein typisches, einfaches Bergdorf im Languedoc. Mehr hatte er auch gar nicht erwartet.
    Als er sich auf den letzten Metern seines Weges den Staub abklopfen wollte, um auf seine neuen Pfarrkinder wenigstens einen ordentlichen ersten Eindruck zu machen, fiel sein Blick auf das Straßenschild: R UE S AUNIÈRE . Sie haben ihrem toten Pfarrer ein Denkmal gesetzt? Einem Gespenst?
    Doch ehe er sich tiefer mit seiner überraschenden Entdeckung beschäftigen konnte, bemerkte er aus seinem Augenwinkel, wie sich etwas riesig Schwarzes von der Seite auf ihn zubewegte. Er riß seinen Kopf herum, und vor ihm stand ein
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