Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition)
Autoren: Ralf Mickholz
Vom Netzwerk:
Sie Ihren Onkel!«
    Der Blutfluß im Hals des Bischofs kam wieder in Fahrt. »Ich weiß nicht warum, aber dieser Mensch ... dieser fürchterliche Mensch, hatte seit seinem Eintritt in den Dienst der Kirche kein anderes Ziel, als seine Vorgesetzten zu reizen und in Verlegenheitzu bringen.« Er hob entsetzt die Hand. »Schon mein Vorgänger in diesem schweren Amte mußte sich mit diesem schrecklichen Bérenger Saunière herumärgern ... bis ihm – durch eine wahrhaft göttliche Eingebung – die Lösung seines Problems offenbar wurde.« Dem Dicken enthuschte ein hämisches Grinsen. »Um den überhitzten Verstand dieses Querulanten Saunière abzukühlen, hat er ihn seinerzeit nach Rennes-le-Château verbannt.« Seine Zähne blitzten kurz auf. »Dieser Saunière fühlte sich ständig zu Höherem berufen. Ein bißchen mehr Frömmigkeit und Gehorsam hätten ihm als Kirchenmann gut zu Gesicht gestanden. Statt dessen befaßte er sich permanent mit irgendwelchen intellektuellen Dingen, die letztlich zu dieser fürchterlichen, geistigen Verstiegenheit geführt haben. Diesem Kerl war nichts mehr heilig.« Der dicke Bischof holte tief Luft. »Mein Amtsvorgänger hielt es also für das beste, ihn an einen Ort zu schicken, an dem er der Kirche keine Unannehmlichkeiten mehr bereiten konnte.«
    »Eben in dieses ... Rennes-le-Château«, beendete Pierre den Gedanken. Die Sache bekam für ihn nun allmählich eine interessante Note. An seinem eigenen Schicksal war ohnehin nichts mehr zu ändern. Und da freute es ihn doch diebisch, von einem Mann zu hören, diesem Bérenger Saunière, der es geschafft hatte, sich gleich mit zwei Bischöfen anzulegen. Er bewunderte schon jetzt den Mut oder die Verwegenheit des Mannes, den er eigentlich erst seit einer Minute kannte.
    »In diesem Rennes ... da irgendwo in den Pyrenäen«, die schlaffe Hand Seiner Exzellenz wies in eine Himmelsrichtung, »... mit seinen zweihundert Seelen, dort konnte er keinen Schaden anrichten und sich ganz auf den Kirchendienst konzentrieren, für den er ja schließlich bestellt war.« Sein dicker Gastgeber seufzte. »Das dachten wir zumindest!«
    Dieser unbequeme Mensch, über den sich der Bischof so aufregte, hatte für Pierre schon jetzt etwas außerordentlich Sympathisches.
    »Nach – gottlob – einigen ruhigen Jahren fing es wieder mit ihm an.«
    Erstaunlich, zu welchem Redestrom er seinen Vorgesetzten animiert hatte. Es quoll förmlich aus der dicken Schlange heraus.
    »Zuerst war alles völlig harmlos. Die Kirche in Rennes mußte seinerzeit dringend renoviert werden.«
    Der Bischof verstand es, die Sache wirklich spannend zu machen, das mußte man ihm schon lassen!
    »Also, bei den Arbeiten damals wurde die Altarplatte angehoben, die irgendwie auf zwei Pfeilern ruhte.« Er machte einige gleichgültige Handbewegungen und verzog gelangweilt sein Gesicht. »Diese Stützen sollen sogar über eintausend Jahre alt gewesen sein ... aber egal ... jedenfalls war eine von diesen beiden hohl und enthielt vier versiegelte Zylinder aus Holz ... mit merkwürdigen Pergamenten.«
    Der Bischof machte eine kurze Pause. »Sie wundern sich sicher, mein lieber Junge, woher ich das alles so genau weiß?«
    In der Tat fragte sich Pierre, warum ihm dieser hinterlistige Kerl die Geschichte überhaupt so ausführlich erzählte. Es schien jenem ein regelrechtes Bedürfnis zu sein, die Ereignisse von damals noch einmal wiederaufleben zu lassen. Auch hatte er zu seiner Verwunderung nicht den Eindruck, daß der Bischof ihm irgendwelche Dinge bewußt verheimlichte.
    »Ich habe diese alten Dokumente selbst in Händen gehalten. Als Vorgesetzter mußte ich entscheiden, was mit den Pergamenten weiter geschehen sollte. Vier Schriftstücke ... ich sehe sie noch genau vor mir. Zwei davon sahen aus wie Stammbäume ... sehr, sehr alte Stammbäume.« Sein Gastgeber starrte gedankenversunken an die Decke. »Bei den beiden anderen handelte es sich um lateinische Texte ... mit mehr oder weniger sinnvollem Inhalt.«
    Der Bischof rieb sich bedächtig an seinem schlaffen Ohr. »Ich habe diesen Saunière damals beauftragt, mit den Dokumenten sofort nach Paris zu reisen, um sie dort entziffern zu lassen.« Angestrengt kniff er die Augen zusammen. Es fiel ihm offensichtlich schon schwer, die Lust dafür aufzubringen, sein verzuckertes Gehirn in leichte Tätigkeit zu versetzen. »Also ... drei Wochen hat er sich damals an der Seine aufgehalten, aber soviel ich weiß, sind diese zwei lateinischen Handschriften
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher