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Seelenbrand (German Edition)

Seelenbrand (German Edition)

Titel: Seelenbrand (German Edition)
Autoren: Ralf Mickholz
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nie enträtselt worden. Obwohl sie von unseren fähigsten Leuten untersucht worden sind.«
    Er sprach immer leiser und versunkener und schwieg schließlich ganz. Irgendwann erwachte er aus dieser Trance wieder zu neuem Leben und fuhr dann nur noch mühsam fort.
    »Sehen Sie, mein lieber Junge, von da an nahmen die Dingeihren Lauf. Mit diesen Papieren hat alles angefangen.« Unwirsch wischte er über seinen Ärmel. »Von diesem Tage an mehrten sich die Klagen über diesen Saunière. Er werfe mit Geld um sich und führe einen – für einen Pfarrer – ausgesprochen ... unziemlichen ... Lebenswandel!«
    Unziemlich? Bei diesem Wort schossen Pierre die wildesten Vorstellungen durch den Kopf. Der Bischof tat ihm aber schließlich den Gefallen und stillte seine Neugier mit den schäbigen Details.
    »Dieser Saunière«, sagte er und holte so tief Luft, als habe man ihm befohlen noch vor dem Mittagessen auf den höchsten Turm der Stadt zu klettern, »dieser ... unmögliche Mensch, hat sich doch direkt neben meiner Kirche ein luxuriöses Landhaus gebaut. Eine Villa, die größer ist, als unser bescheidenes Gotteshaus daneben!« Entrüstet fuhr er hoch und seine Ähnlichkeit mit einem wütenden Puter war offensichtlich. »Aber nicht genug damit! Er hat sich sogar noch eine Orangerie und einen Tiergarten anlegen lassen.«
    Pierre wußte gar nicht, daß ein Kopf so rot werden konnte, ohne zu platzen! Aber Seine bischöfliche Exzellenz bewies ihm gerade, daß es tatsächlich möglich war!
    Er japste nach Luft. »... Und um die Liste seiner Frechheiten zu krönen, da hat sich dieser Provokateur noch einen regelrechten Burgturm errichten lassen. So ... wie ein mittelalterlicher Herrscher!« Der Dicke zwang sich einen Augenblick zur Mäßigung und wandte sich nun direkt an Pierre. »Wie Sie wissen, sorgt die Heilige Mutter Kirche wohlwollend für das Auskommen ihrer Diener. Aber ... bei Gott ... ich weiß nicht, welchem Dämon dieser Saunière seine Seele verkauft hat, daß der ihn dafür derartig in Geld schwimmen ließ?«
    Macht er sich nun mehr Gedanken über diesen Dämon, oder über die großen Summen Geldes, die der Geistliche besessen hat?
    »Dieser kleine Landpfarrer ... er ... er hat Millionen verschleudert. Mehr Geld, als sein eigener Bischof jemals in Händen gehalten hat!«
    Aha! Pierres Frage war damit wohl beantwortet. Blanker Neid! Um mehr geht es hier also nicht! Aber er mußte zugeben, selbst wenn sein Vorgesetzter in seiner Wut mutwillig einige Dinge verfälscht haben mochte – wovon er eigentlich ausging –, so bliebes doch die unglaublichste Geschichte, die er je über einen Priesterkollegen gehört hatte.
    Aber der Bischof war offensichtlich noch nicht fertig. In seinem hochroten Kopf pochten scheinbar noch mehr neidvolle Details, die er unbedingt loswerden mußte. »Bankette hat er abgehalten, dieser ... dieser ... so prächtig, daß es mir als schlichtem Kirchenmann die Schamesröte ins Gesicht treibt.«
    Der Dicke saß da mit dem mürrischen Gesichtsausdruck eines Kindes, das gerade erfahren hatte, daß es als einziges nicht zu einer Geburtstagsfeier eingeladen worden war, auf der es Schokolade im Überfluß geben sollte. Daher war es auch nur schwer zu entscheiden, ob bei seinem Vorgesetzten ausschließlich der Neid regierte, oder die ernsthafte Sorge um das Ansehen der Kirche.
    »Woher hatte dieser Teufel Bérenger Saunière das unermeßliche Vermögen?« wiederholte er langsam.
    Das ist wirklich eine berechtigte Frage! Mit dem Gehalt, das ein Landpfarrer bekam, ließ sich nämlich leider gar nichts »Unziemliches« anstellen.
    »Wieder und wieder habe ich ihm als Vorgesetzter befohlen, mir zu sagen, woher das Geld stammte. Ich habe ihm verboten, dem Ansehen der Heiligen Mutter Kirche durch sein sündhaftes Treiben in der Öffentlichkeit weiterhin zu schaden ... Und?« Er hielt inne, blickte Pierre mit großen Augen an, so als müsse der jetzt die Antwort geben.
    »Nichts ist passiert!« platzte es schließlich selbst aus ihm heraus, und sein großer, roter Kopf stand wieder kurz vorm Bersten. »Er hat seinen eigenen Bischof doch glatt zum Esel gemacht!« Erregt wischte er sich über den Mund. »Aber die Sache kommt ja noch besser!« tobte er.
    Ah! Aufgepaßt! Jetzt das Finale! Viel länger würde sein Gegenüber die Aufregung ja auch ohnehin nicht mehr durchstehen.
    »Ich habe ihn suspendiert!« Seine Exzellenz begann zu zittern. »Von allen seinen Aufgaben habe ich ihn entbunden! Was blieb mir denn auch
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