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Seekers - Die Letzte Große Wildnis: Band 4 (German Edition)

Seekers - Die Letzte Große Wildnis: Band 4 (German Edition)

Titel: Seekers - Die Letzte Große Wildnis: Band 4 (German Edition)
Autoren: Erin Hunter
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Kallik.
    »Das werden wir auch nicht«, erwiderte Lusa. »Wir müssen weitersuchen. Es kann jetzt nicht mehr weit sein.«
    »Kannst du vielleicht mal mit deiner blöden Zuversicht aufhören?«, murmelte Toklo. »Das nervt.«
    »Du kannst selber ganz schön nerven!«, gab Lusa zurück.
    »Streitet euch nicht.« Ujurak legte Toklo beschwichtigend eine Hand auf den Rücken. »Ich finde den Weg schon, aber erst müssen wir ein Versteck suchen.«
    Dicht gefolgt von den drei Bären, begann Ujurak um den Turm herumzulaufen. Der Wind heulte durch die Flachgesichterbauten, und in der Ferne ertönte das kehlige Brüllen eines Feuerbiestes, das jedoch bald wieder verebbte. Ujurak hatte noch nie einen einsameren Ort erlebt, nicht einmal auf dem entlegensten Berg.
    Als sie den Turm ganz umrundet hatten und wieder an ihren Ausgangspunkt zurückgekehrt waren, entdeckte Ujurak eine Holzplatte, die an einer Wand lehnte.
    »Versteckt euch dahinter.« Er stupste Kallik mit der Schnauze an. »Bleibt da, bis ich wiederkomme.«
    Kallik marschierte los, gefolgt von Lusa. Toklo quetschte sich als Letzter in den engen Zwischenraum zwischen Holz und Wand. »Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so viel versteckt«, grummelte er.
    Als die drei in ihrem Unterschlupf waren, sah Ujurak zur Spitze des Turms und zu den Sternen hinauf. Eine Kraft zog ihn nach oben, und er spürte, wie ihn der Wind forttragen wollte. Seine Flachgesichterpelze fielen ab, während sich sein Körper verwandelte. Die Beine schrumpften, die Pfoten bogen sich zu Krallen. Seine Augen wurden schärfer, bis er jede Ritze und jede Unebenheit an der Oberfläche des Turms erkennen konnte. Aus seiner rosa Flachgesichterhaut sprossen Federn, und als er die Arme nach oben streckte, wurden sie zu Flügeln, die im Mondlicht weiß schimmerten. Mit einem tiefen Schrei schwang sich Ujurak in der Gestalt einer Schneeeule in den Nachthimmel.
    Die kalte Luft, die auch hier oben noch nach Öl stank, pfiff ihm durch die Federn, während er über den Schwarzpfaden und den Flachgesichterbauten aufstieg. Bald waren die Lichter unter ihm nur noch winzige Punkte in der Dunkelheit. Sogar die Flamme, die aus dem Ölturm aufstieg, war kleiner als Tiinchuus Kaminfeuer. Feuerbiester mit grellen Augen bewegten sich wie Glühwürmchen durch die Dunkelheit.
    Ich muss herausfinden, was los ist, sagte sich Ujurak und ließ seinen Eulenblick vom Meer bis zu den Bergen schweifen. Ich muss es wissen. Alles, was ich sehe, ist wichtig.
    Die Karte, die ihm die Krankenschwester aus Laken und Decken gemacht hatte, erschien vor seinem inneren Auge. In der Mitte lagen die Auswüchse des Ölfelds, die das Land zwischen Ozean und Gebirge wie ein Pilz befallen hatten.
    Wo er auch hinsah, waren Gebäude und Schwarzpfade und silberne Röhren. Während Ujurak so dahinflog, schien das Gelände unter ihm in Bewegung zu geraten, gerade wie ein Ameisennest, in das ein Bär die Tatze gesteckt hat.
    Türme, Röhren und Schwarzpfade breiteten sich über die bislang unberührte Landschaft aus. Sie verleibten sich die Küste und die Berge ein, überwucherten die Wälder und das Polardorf und fraßen sich ins Land, soweit das Auge reichte, bis die Letzte Große Wildnis gänzlich verschwunden war.
    Ujurak, der auf schneeweißen Schwingen über der Landschaft schwebte, stieß einen Schrei der Verzweiflung aus. Was war, wenn es keine Bären mehr gab, keine Karibus, Gänse oder Füchse, sondern nur noch Röhren, Lärm und stinkende Luft? Er verlor sich in Bildern voller Schrecken, in denen sich schwarze Türme aus dem Eis erhoben und selbst das Meer vom klebrigen Öl verpestet wurde.
    Als Ujurak keuchend in die Wirklichkeit zurückkehrte, kniff er kurz die Augen zusammen, um die schrecklichen Bilder zu verscheuchen. Seine Sinne waren schärfer denn je, und er hörte die Maschinen unter der Erde pumpen und das Öl aus der Tiefe saugen, das dann durch die Röhren gurgelte und in die Berge strömte.
    Eiskaltes Entsetzen überschwemmte ihn. Seine Flügel hielten ihn kaum noch in der Luft. Endlich war er sich ganz sicher, welchen Zweck seine Reise hatte: Die Letzte Große Wildnis brauchte seine Hilfe.
    Das Mondlicht blendete ihn, die Sterne wirbelten um ihn herum, und er merkte, dass er fiel. Seine Flügel und sein Schwanz schrumpften und wurden durch Flossen ersetzt, während silberne Schuppen seinen Körper überzogen. Ein Krampf erfasste ihn als er merkte, dass er nicht mehr atmen konnte. Würgend wirbelte er durch die Luft.
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