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SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Autoren: Steven Erikson
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hörten, die von der anderen Seite der Leinwand herausdrangen, die sie jedoch nicht verstanden.
    Sie zu verstehen war Buddls Aufgabe. Und so hörte er zu. Als der Neuankömmling, weder von der Mandata noch von Faust Gamet unterbrochen, sprach. Er hörte zu – und verstand.
     
    Saiten starrte auf die beiden sitzenden Magier hinunter. »Ihr könnt ihn nicht spüren?«
    Balgrid zuckte verlegen die Schultern. »Er muss irgendwo draußen sein, versteckt sich im Dunkeln.«
    »Und er hat irgendwas vor«, fügte Tavos Pond hinzu. »Aber wir können dir nicht sagen, was.«
    »Es ist merkwürdig«, murmelte Balgrid.
    Saiten schnaubte und ging zu Gesler und Borduke zurück. Die anderen Mitglieder des Trupps kochten Tee über dem kleinen Feuer, das sie neben dem Pfad entfacht hatten. Krakes Schnarchen drang laut aus dem Zelt dahinter. »Der Bastard ist verschwunden«, sagte Saiten.
    Gesler grunzte. »Vielleicht ist er desertiert, und wenn das der Fall ist, werden die Wickaner ihn erwischen und seinen Kopf auf einer Speerspitze mit zurückbringen. Es wird keinen – «
    »Da ist er!«
    Sie drehten sich um und sahen, wie Buddl sich ans Feuer setzte. Saiten stapfte zu ihm hinüber. »Wo im Namen des Vermummten bist du gewesen?«
    Buddl blickte auf und zog langsam die Brauen hoch. »Hat denn sonst niemand etwas davon gespürt?« Er warf einen Blick auf Balgrid und Tavos Pond, die ebenfalls ans Feuer traten. »Das Portal? Das sich im Zelt der Mandata geöffnet hat?« Er runzelte angesichts des verlegenen Ausdrucks in den Gesichtern der beiden anderen Magier die Stirn und fragte dann mit ausdrucksloser Stimme: »Könnt ihr zwei denn schon Kieselsteine verstecken? Oder Münzen verschwinden lassen?«
    Saiten setzte sich Buddl gegenüber. »Was war das mit dem Portal?«
    »Schlechte Nachrichten, Sergeant«, erwiderte der junge Mann. »In Genabackis ist alles schief gegangen. Dujeks Armee ist zum größten Teil ausgelöscht. Die Brückenverbrenner sind vernichtet. Elster ist tot–«
    »Tot!«
    »Der Vermummte soll uns holen.«
    »Elster? Bei den Göttern hienieden.«
    Die Flüche wurden immer ausführlicher, ebenso wie die ungläubigen Ausrufe, doch Saiten hörte sie nicht mehr. Sein Verstand war betäubt, als wäre ein verheerendes Feuer über seine innere Landkarte hinweggetobt, das die Erde unfruchtbar gemacht hätte. Er spürte, wie sich eine schwere Hand auf seine Schulter legte, und hörte undeutlich Gesler etwas murmeln, doch nach einem Augenblick schüttelte er die Hand ab, stand auf und marschierte in die Dunkelheit jenseits des Lagers hinaus.
    Er wusste nicht, wie lange oder wie weit er gegangen war. Jeder Schritt war sinnlos, die Welt außerhalb seines Körpers drang nicht zu ihm durch, blieb hinter dem verdorrten Vergessen seines Verstandes liegen. Erst als eine plötzliche Schwäche seine Beine ergriff, ließ er sich ins drahtige, farblose Gras sinken.
    Ein Geräusch … ein Weinen, irgendwo ein Stück weiter vorn. Ein Geräusch tiefster Verzweiflung, das den Nebel durchstieß und in seiner Brust dröhnte. Er lauschte auf die abgerissenen Schluchzer, ächzte, weil sie sich anhörten, als würden sie aus einer erstickten Kehle ausgestoßen, als würde ein Damm schließlich von einer Flut der Trauer überschwemmt werden.
    Er schüttelte sich und nahm allmählich seine Umgebung wieder wahr. Der Boden zwischen den dünnen Grasbüscheln fühlte sich unter seinen Knien warm und hart an. Insekten summten und schwirrten durch die Dunkelheit. Nur das Sternenlicht erleuchtete die Ödnis, die sich in alle Richtungen erstreckte. Die lagernde Armee lag gut tausend oder mehr Schritte hinter ihm.
    Saiten holte tief Luft und stand auf. Er ging langsam in die Richtung, aus der das Weinen kam.
    Ein dünner junger Bursche – nein, er war schon verdammt nah dran, als dürr zu gelten – kauerte auf dem Boden, die Arme um die Knie geschlungen, den Kopf gesenkt. Eine einzelne Krähenfeder hing an einem schlichten ledernen Stirnband. Ein paar Schritte weiter stand eine Stute mit einem wickanischen Sattel, am Sattelhorn hing eine zerschlissene Pergamentrolle. Das Pferd zupfte gemütlich ein paar Gräser, die Zügel hingen locker herab.
    Saiten erkannte den Jungen, doch konnte er sich im Moment nicht an seinen Namen erinnern. Aber Tavore hatte ihm den Befehl über die Wickaner gegeben.
    Nach einer Weile ging der Sergeant so leise wie möglich zu ihm hinüber und hockte sich ein halbes Dutzend Schritte von dem jungen Burschen entfernt auf einen
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