Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

SdG 06 - Der Krieg der Schwestern

Titel: SdG 06 - Der Krieg der Schwestern
Autoren: Steven Erikson
Vom Netzwerk:
Felsblock.
    Der Kopf des Wickaners ruckte hoch. Tränenverschmierte Kriegsbemalung hatte sein schmales Gesicht in ein verzerrtes Netz verwandelt. Ein gehässiger Ausdruck trat in seine dunklen Augen, er zischte und zog mit einer Hand sein Langmesser, während er schwankend aufstand.
    »Ganz ruhig«, murmelte Saiten. »Ich bin heute Nacht selbst von den Armen des Kummers umfangen, wenn auch wahrscheinlich aus ganz anderen Gründen. Keiner von uns beiden hat Gesellschaft erwartet, aber hier sind wir nun einmal.«
    Der Wickaner zögerte, steckte dann die Waffe zurück in die Scheide und wollte davongehen.
    »Warte einen Augenblick, Reiterkrieger. Es gibt keinen Grund davonzulaufen.«
    Der Junge wirbelte herum, fletschte die Zähne.
    »Sieh mich an. Ich werde heute Nacht dein Zeuge sein, und nur wir beide werden es wissen. Erzähl mir deinen Kummer, Wickaner, und ich werde zuhören. Beim Vermummten, das ist genau das, was mir jetzt gut täte.«
    »Ich laufe vor niemandem weg«, krächzte der Krieger.
    »Ich weiß. Ich wollte nur deine Aufmerksamkeit wecken.«
    »Wer bist du?«
    »Niemand. Und das werde ich auch bleiben, wenn du willst. Und ich werde dich auch nicht nach deinem Namen fragen – «
    »Ich bin Temul.«
    »Ah, ja. So verweist deine Tapferkeit mich in die Schranken. Ich heiße Fiedler.«
    »Sag mir«, begann Temul, und seine Stimme war plötzlich rau, während er sich wütend über das Gesicht wischte, »hast du gedacht, mein Kummer wäre etwas Edles? Dass ich um Coltaine geweint habe? Um meine gefallenen Verwandten? Das habe ich nicht getan. Ich habe nur mit mir selbst Mitleid gehabt! Und jetzt kannst du gehen. Erzähl’s ruhig weiter – ich bin fertig mit dem Befehlen, denn ich kann noch nicht einmal mir selbst Befehle erteilen – «
    »Langsam, langsam, ich habe nicht vor, irgendetwas weiterzuerzählen, Temul. Aber ich kann deine Gründe erraten. Die runzligen Wickaner vom Krähen-Clan, nehme ich an. Sie und die Verwundeten, die mit Geslers Schiff gekommen sind. Sie wollen dich nicht als ihren Anführer anerkennen, stimmt’s? Und deshalb spielen sie dir die ganze Zeit über übel mit, wie Kinder. Sie widersetzen sich dir, zeigen dir ein spöttisches Grinsen und flüstern hinter deinem Rücken. Und was kannst du dagegen tun? Du kannst sie schließlich nicht alle herausfordern – «
    »Vielleicht kann ich es doch! Und ich werde es auch tun!«
    »Nun, das wird ihnen ganz besonders gefallen. Allein durch ihre Zahl werden sie dich trotz deiner kämpferischen Fähigkeiten besiegen. Und daher wirst du sterben, früher oder später, und sie werden gewinnen.«
    »Du erzählst mir nichts, was ich nicht schon wüsste, Fiedler.«
    »Ich weiß. Ich wollte dich nur daran erinnern, dass du gute Gründe hast, über die Ungerechtigkeit und die Dummheit derjenigen zu schimpfen, die du anführst. Ich hatte einmal einen Kommandanten, der genau den gleichen Dingen gegenüberstand wie du jetzt, Temul. Er hatte den Befehl über einen Haufen Kinder. Schlimme Kinder, obendrein.«
    »Und was hat er getan?«
    »Nicht viel, und am Ende hatte er ein Messer im Rücken.«
    Es blieb einen Augenblick still, dann stieß Temul ein bellendes Gelächter aus.
    Fiedler nickte. »Tja, ich bin keiner, der Unterricht darin erteilen kann, wie man zu leben hat, Temul. Mein Verstand ist mehr den praktischen Dingen zugeneigt.«
    »Was für welchen?«
    »Nun, ich könnte mir vorstellen, dass die Mandata deine Wut teilt. Sie will, dass du der Anführer der Wickaner bist, und sie würde dir auch helfen, es zu sein – aber nicht so, dass du dein Gesicht dabei verlierst. Dazu ist sie zu klug. Nein, der Schlüssel heißt in diesem Fall Ablenkung. Sag mir, wo sind ihre Pferde jetzt?«
    Temul runzelte die Stirn. »Ihre Pferde?«
    »Ja. Ich würde annehmen, die Seti-Vorreiter kommen auch mal einen Tag ohne den Krähen-Clan klar, glaubst du nicht auch? Ich bin mir sicher, die Mandata würde mir zustimmen – diese Seti sind im Großen und Ganzen jung und unerfahren. Sie brauchen Platz, um sich selbst zu finden. Und militärisch gibt es einen guten Grund, die Wickaner morgen von ihren Pferden fern zu halten. Lass sie mit dem Rest von uns marschieren. Abgesehen von deinem loyalen Gefolge, natürlich. Und wer weiß, ein Tag wird vielleicht nicht ausreichen. Am Ende könnten es drei werden oder gar vier.«
    Temul sprach leise und nachdenklich. »Um zu ihren Pferden zu kommen, müssten wir sehr leise …«
    »Noch eine Herausforderung für die Seti, würde die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher