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Scream

Scream

Titel: Scream
Autoren: Chris Mooney
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nicht wahr sein Das Skalpell reißt ihren Hals auf. Sein entsetztes Herz pumpt ihm Schweiß ins Gesicht. Er ertrinkt, kann sich nicht rühren, ihr nicht beistehen. Hilflos liegt er da und muss mit ansehen, wie Hamilton seine Frau zu Boden stößt. Amanda liegt auf der Seite. Sie starrt ihren Mann an. Ihre Lider flattern. Jack, scheint sie zu rufen, sag mir, dass nicht sein kann, was hier passiert. Doch, Amanda. O Gott, er sieht, wie das Blut aus ihr herausströmt und eine Lache um ihren Kopf bildet.
    Amanda öffnet den Mund, kann aber nicht sprechen. Sie würgt. Hamilton geht in die Hocke und balanciert auf den Fußspitzen. Er packt Jack bei den Haaren, reißt seinen Kopf hoch und zwingt ihn zu sehen, wie er, sein Peiniger, den Finger der behandschuhten Linken in Amandas Blut tunkt, mit lustvollem Stöhnen daran leckt und ihm, Jack, den mit Blut und Speichel verschmierten Finger auf die Lippen drückt. Hamilton zwinkert ihm zu, steht auf und schlendert lachend durch die Tür nach draußen.
    Jack schiebt sich mitsamt seinem Stuhl auf Amanda zu, streckt die Finger aus und findet ihre kleinen Hände. Er ergreift und drückt sie, fühlt, wie sie seinen Händedruck erwidert. Er schreit, doch die letzten Worte, die er an seine Frau richtet, bleiben für immer gefangen hinter einem billigen Klebestreifen: Halt durch, Amanda, bitte, halt durch. Verlass mich nicht, bitte …
    Ihre Hände erschlaffen. Er drückt fest zu, doch sie reagieren nicht. Unter seinem Daumen spürt er, wie sich ihr Puls verflüchtigt. Amanda stirbt. Er verliert sie und mit ihr seine Welt.
    »JACK!«
    Ronayne stand vor ihm. Er hielt Jacks Schulter mit fleischigen Händen gepackt und schüttelte ihn aus seiner Trance.
    Jack stieß ihn von sich weg. Ihn schwindelte so sehr, dass er sich kaum auf den Beinen halten konnte.
    Er suchte am Rand des Schreibtisches Halt, holte tief Luft und schaute sich um. Der Raum war voller Menschen, die ihn anstarrten. Martin Gose, der zweite Detective von Marblehead, stand neben dem Türpfosten und schien wie vom Donner gerührt. Ähnlich erstarrt wirkten die Streifenbeamten im hell erleuchteten Flur.
    Larry Roth blickte zur Zimmerdecke empor und schluchzte laut, als sich die Beamten daranmachten, ihn zu befreien. Einer von ihnen war Ronnie Boyle, ein junger Mann mit kurzen blonden Stoppeln. Er musterte die Handschellen und sagte: »Die Schlüssellöcher sind verlötet.«
    »Bolzenschneider«, krächzte Jack.
    Ronayne zog das Streichholz aus dem Mundwinkel.
    »Bolzenschneider«, wiederholte Jack. »Ich habe einen im Kofferraum.«
    »Ja, okay. He, Jack, Sie sollten nach draußen gehen und ein wenig Luft schnappen. Gose und ich holen den Bolzenschneider.«
    Jack aber hatte sich schon umgedreht und eilte an Ronayne vorbei, drängte durch die Traube von Polizisten im Flur und hastete die Treppe hinunter. Ihm drehte sich alles vor Augen. Er stürzte, raffte sich wieder auf und rannte durch die Tür nach draußen, als wäre der Leibhaftige hinter ihm her.

IV
    Jack riss die Heckklappe seines Land Cruiser auf, so kraftvoll, dass sie zurück schwang und ihm fast auf den Kopf geschlagen wäre. Er hob den dünnen schwarzen Teppich an, der den Stauraum abdeckte, in dem er das Ersatzrad und sein Werkzeug aufbewahrte. Seine Hände wollten nicht aufhören zu zittern. Der Bolzenschneider lag gleich neben dem grünen Werkzeugkasten. Schweiß rann ihm übers Gesicht und tropfte auf das Ersatzrad. Ihm war, als vibriere der ganze Wagen.
    Was Psychologen als posttraumatische Belastungsstörung bezeichnen, hatte er schon einmal erfahren, vor sechs Jahren, am Tag der Beisetzung seiner Frau. Er war am frühen Abend betrunken nach Hause zurückgekehrt und hatte im Briefkasten zwischen seinem abonnierten Rolling Stone und Better Homes and Gardens eine wattierte Versandtasche ohne Absenderadresse vorgefunden. Als er ein schwarzweißes Autopsiefoto von Amanda, wie sie auf einem Edelstahltisch der Pathologie lag, daraus hervorgezogen hatte, war er von demselben Ansturm grauenvoller Erinnerungen heimgesucht worden wie soeben im Schlafzimmer.
    Das Zittern und die Schweißausbrüche würden abklingen, doch das konnte Stunden dauern, und so viel Zeit hatte er nicht. Er musste sich zusammenreißen und seine Arbeit tun.
    Atmen. Konzentrieren und ruhig durchatmen.
    Als er Sekunden später die Augen öffnete, fiel sein Blick durch die Windschutzscheibe. Leute starrten ihm entgegen. In seinem Kopf wirbelte immer noch alles durcheinander, doch es schien, als
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