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Scream

Scream

Titel: Scream
Autoren: Chris Mooney
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was er vorhat.« Roth zerrte an den Fesseln. »Verdammt nochmal, befreien Sie mich endlich!«
    Jack beleuchtete die Handschellen und sah, dass Roths Hände geschwollen und violett unterlaufen waren.
    »Die Schlüssellöcher sind verklebt«, stellte Jack fest. »Wir brauchen einen Bolzenschneider –«
    Plötzlich gingen alle Lampen im Schlafzimmer an.
    Geblendet vom grellen Licht, hob Jack unwillkürlich den Arm vor die Augen und wandte sich vom Bett ab. Blinzelnd versuchte er, sich an die Helligkeit zu gewöhnen, und sah auf dem Nachttisch ein abgegriffenes Taschenbuch von Stephen King liegen. Neben dem Nachttisch stand ein geflochtener Weidenkorb voller Gartenmagazine.
    Auf einmal fing der Mann an, grauenvoll zu schreien.
    Jack warf einen Blick über die Schulter zurück. Roth hielt den Kopf hoch. Sein Gesicht war dunkelrot; die Halsschlagadern traten wie dicke blaue Stricke hervor. Der ganze Körper schien verkrampft und unter Strom zu stehen. Die Augen waren weit aufgerissen und starrten in eine Ecke, die Jack nicht einsehen konnte.
    Jack ging zwei Schritte zur Seite. Sein Blick fiel auf eine blutverschmierte Wand. Er wollte sich abwenden – zu spät. Das Entsetzen hatte ihn bereits gepackt.
    Die Zwillinge, zwei Jungen in kurzen Hosen und leichten T-Shirts, saßen links und rechts von ihrer Mutter. Alle drei waren mit Stricken verschnürt, an Füßen und Armen, die um die hohen Lehnen ihrer Stühle geschlungen waren. Das Blut aus aufgeschlitzten Kehlen hatte ihre Oberkörper rot gefärbt; es tropfte in glänzenden Rinnsalen von den Beinen und sammelte sich zu einer hellroten Pfütze am Boden.
    Von der klaffenden Wunde im Hals der Frau sah sich Jack wie von einem grauenhaften Grinsen aus seiner Vergangenheit verhöhnt, denn die Erinnerung, von der er sich nie hatte befreien können, überrollte ihn mit aller Macht.
    Seine Frau Amanda sitzt, auf einen Stuhl gefesselt, vor ihm. Ihr Gesicht ist schweißnass, das Make-up verschmiert. Sie hat zu schreien aufgehört und weint auch nicht mehr. Über ihre Lippen kommt nur noch ein zitterndes Winseln um Gnade. Amanda bettelt um ihr Leben.
    Aber in ihren Augen schimmert noch ein Rest von Hoffnung, der ihm durch und durch geht. Sie hält immer noch an dem Glauben fest, dass es ihr Mann, ein FBI-Profiler, der schon viele ausweglose Situationen gemeistert hat und jetzt direkt vor ihr sitzt, irgendwie schaffen wird, sich selbst zu befreien und sie zu retten. Das kann doch nicht das Ende sein, flehen ihre Augen; nicht wahr, Jack? Sag mir, dass ich recht habe.
    »Bitte, Jack«,flüstert sie. »Bitte … Bitte sorg dafür … dass er … aufhört. Bitte.«
    Er will etwas erwidern, kann es aber nicht. Auf seinem Mund klebt ein breiter Streifen. Seine Hände sind hinter der Lehne zusammengebunden, die Füße an die Stuhlbeine gefesselt. Das Medikament, das ihm gegeben wurde, wirkt immer noch und lähmt seine Kraft. Seine Frau ist verloren. Er kann sich weder rühren noch reden. Er kann nur dasitzen und zusehen.
    Miles Hamilton, der Mann, der diesen Albtraum inszeniert hat, steht hinter ihr. Er reißt ihr den Kopf zurück vor seinen Bauch. Seine Augen haben einen dunklen Glanz, und er betrachtet sie in ihrer Angst wie ein Kind, das sich auf einem Karussell vergnügt.
    Hamilton drückt ihr das Skalpell an den Hals.
    Jack windet sich und kippt samt Stuhl auf den Boden. Er kann sich nicht bewegen. Das war’s, sagt ihm eine Stimme. Du bist machtlos. Es ist vorbei.
    Tränen trüben seinen Blick. Er wendet sich ein letztes Mal flehend an jene rätselhafte höhere Kraft, mit der er als Kind in der katholischen Schule vertraut gemacht worden war.
    Aber in diesem Raum hier existiert sie nicht. Sie existiert auch nicht auf der Erde – das ist ihm in seiner Arbeit für die Polizei immer wieder aufs Neue schmerzlich bewiesen worden. Gott wird ihn nicht retten. Das wird niemand.
    Hamiltons Finger umklammern das Skalpell. Seine Muskeln zittern, als er mit der Klinge über ihren Hals streicht. Der Moment, den Jack am meisten gefürchtet hat, ist gekommen und stürzt auf ihn ein. Er hört Amanda hecheln und wimmern, riecht ihren Schweiß, ihr Parfüm und ihre Angst. Herr im Himmel, hilf mir, hilf mir bitte – BITTE!
    Hamilton fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Amanda hat die Augen zusammengepresst. Amanda holt tief Luft durch die Nase und spricht mit quälender Wut und Angst die Worte, die für immer auf ihm lasten werden.
    »Hilf mir, Jack … Tu etwas … Bitte.«
    Das kann doch alles
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