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Scream

Scream

Titel: Scream Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Mooney
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weiß auch, dass du vor zwei Wochen an der Prostata untersucht worden bist. Tut mir leid, dass ich es dir sagen muss, aber der Test ist positiv. Du hast Krebs, Larry.«
    Larry nahm die Worte kaum zur Kenntnis. Seine Aufmerksamkeit war nach innen gerichtet. Er versuchte, Ruhe zu bewahren und eine Strategie zu entwickeln. Als Psychiater wusste er, wie wichtig es war, gerade in Gefahrensituationen ruhig und konzentriert zu bleiben. Vielleicht bot sich ihm trotz allem eine Gelegenheit, die er hier jedoch übersehen würde, wenn er in Panik geriete.
    »Ich weiß sogar, dass du jeden Freitag nach dem Abendessen deine Frau vögelst«, fuhr der Eindringling fort. »Sie kommt nach oben, zieht sich aus und lässt sich von dir besteigen. Du gibst dir Mühe, sie zu befriedigen, doch ihrer Miene nach zu urteilen, erlebt sie dabei die schlimmste Minute der ganzen Woche. Nun, das mit der kleinen Schnalle im Krankenhaus ist eine andere Geschichte. Was sie an dir findet, ist mir ein Rätsel. Vielleicht sind’s die vielen Nullen auf deinen Bankauszügen.«
    Er hatte eine Idee. Er versuchte zu schreien.
    »Du willst etwas sagen?«
    Er nickte eifrig.
    Sein Kopf wurde brutal ins Kissen zurückgestoßen. Etwas Scharfes legte sich an seinen Hals. Ruhig, herrschte er sich selbst lautlos an. Bleib verdammt nochmal ruhig.
    »Was ich hier in der Hand halte, ist ein Skalpell. Ich entferne jetzt den Klebestreifen von deinem Mund, aber wenn du schreist, Fragen stellst, die mir nicht gefallen, oder irgendetwas sagst, das mich beleidigt, schlitz ich dir den Hals auf. Verstanden?«
    Er nickte.
    »Wusste ich doch, dass du parierst.«
    Der Klebestreifen wurde ihm vom Mund gerissen. Er presste vor Schmerzen die Lippen aufeinander und schnappte dann schnell nach Luft. Er musste Ruhe bewahren und den Kopf anstrengen.
    »Spuck’s aus, aber denk an meine Worte.«
    »Wenn Sie mich so gut kennen, werden Sie wissen, dass ich Psychiater bin.« Sein Rachen und der Mundraum fühlten sich an, als wären sie mit Watte vollgestopft.
    »Du bist ein mittelmäßiger Quacksalber und hängst an der Flasche.«
    »Ich könnte Ihnen helfen.«
    Der Eindringling lachte. »Und wie willst du das anstellen, Larry? Mich in dein Krankenhaus bringen und mir Elektroden an die Eier kleben, um es mit einer Schocktherapie bei mir zu versuchen?«
    »Nein, natürlich nicht.«
    »Halt mich nicht zum Narren, du aufgeblasener Scheißkerl.«
    Larry Roth schluckte. »Ich habe Geld.«
    »Daran bin ich nicht interessiert.«
    »Jeder braucht Geld. Ich könnte dafür sorgen, dass Sie ein neues Leben beginnen. Ich kann Ihnen Medikamente verschaffen, ich kann … ich kann Ihnen geben, was Sie wollen.« Seine Angst nahm überhand. »Bitte, ich bin mit allem einverstanden, aber verschonen Sie mich. Verschonen Sie mich und meine Familie, ich flehe Sie an.«
    Es blieb lange still.
    Ja, lass es dir durch den Kopf gehen, dachte er. Lass dir Zeit, so viel, wie du brauchst. Herr im Himmel, bitte, hilf mir hier raus.
    »Willst du mir wirklich helfen?« Ein neuer Ton, einer, der Hoffnung weckte.
    Erleichterung machte sich breit. »So gut ich kann.«
    Wieder eine Pause. Dann: »Im Ernst?«
    »Himmel, ja.«
    Plötzlich verschloss ihm wieder der Klebestreifen den Mund. Angst packte ihn, eiskalt und mit betäubender Wucht. Bitte, schrie er im Stillen, nimm das Ding wieder ab. Ich tu doch alles, was du willst!
    Dann hörte er piep-piep-piep.
    Der Eindringling wählte eine Nummer auf seinem Handy.
    »Hallo, Neun-eins-eins, hier sind Schüsse gefallen, Preston Way Nummer zweiundzwanzig. Im Haus der Familie Roth. Der Schütze ist schwer verletzt und noch im Haus. Kommen Sie schnell. Larry Roth blutet stark. Schwer zu sagen, ob er durchkommt.«
    Piep. Die Verbindung wurde unterbrochen.
    Larry Roth lag reglos da und hörte sein Herz schlagen.
    »Entspann dich, Larry«, sagte der Mann dicht an seinem Ohr. »Du wirst Geschichte machen.«

II
    Marblehead liegt im Norden Bostons an der sogenannten North Shore. Es ist ein ruhiger und ziemlich exklusiver Ort mit historischen Wohnhäusern, kleinen Geschäften in der Hand von Einheimischen, Lebensmittelläden und Restaurants, umgeben von Wasser. Wer hier lebte, hatte das, was Jack Casey die Lebenseinstellung von Insulanern nannte: Man glaubte, immun zu sein gegen die Auflösungstendenzen und das heillose Durcheinander in den größeren Städten Massachusetts. Im Großen und Ganzen schien sich dieser Glaube auch zu bestätigen. Die Polizei musste nur sehr selten eingreifen.

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